Sie beschreiben eine „digitale Transformation“ in der Medizin. Was verstehen Sie darunter und wie könnten hier die neuen Entwicklungen und Tools bei einer zunehmend personalisierten Medizin helfen?
"Digitale Transformation" in der Medizin ist ein sehr weit gefasster Begriff, der eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze, Technologien und Philosophien zur Behandlung und Prävention von Krankheiten umfassen kann. Bei Medidata verstehen wir darunter den Einsatz von Technologie, um eine Reihe von Schlüsselzielen und eine bessere und schnellere Bereitstellung sicherer und wirksamer Therapien zur Bewältigung bestehender Krankheiten und Herausforderungen im Gesundheitswesen weltweit zu erreichen. Und das auf eine Art und Weise, die die Erfahrungen aller Beteiligten verbessert, z.B. Studienteams und Aufsichtsbehörden, die auf klinische Daten angewiesen sind, um fundierte Entscheidungen zu treffen und neue Behandlungen auf den Markt zu bringen, oder die Patienten selbst, die ihre Gesundheitsdaten in einer klinischen Studie zur Verfügung stellen. Digitale Technologien ermöglichen es uns, neue Medikamente und Behandlungen nach diesen Maßstäben zu bewerten und sie besser, schneller und effektiver an den Markt zu bringen.
Mit personalisierter Medizin können wir Therapien so anpassen oder ausrichten, dass sie sehr spezifisch für einzelne Patienten ausgelegt sind, sei es genetisch oder aufgrund der individuellen Besonderheiten einer Erkrankung bei einem Patienten. Krankheiten können sich auf sehr eigene Weise auf Patienten auswirken, abhängig von einer ganzen Reihe verschiedener physiologischer Aspekte. Ebenso können Behandlungen sehr individuelle Folgen für Patienten haben. Wir wollen die Auswirkungen einer Krankheit und die einer Behandlung auf den individuellen Patienten verstehen. Bisher haben wir die Effekte von Erkrankungen und Therapien auf Bevölkerungsebene untersucht. Die digitalen Technologien ermöglichen es uns nun, diese Untersuchungen auf sehr effiziente Weise durchzuführen. Zusätzlich eröffnen sie uns die Möglichkeit, individuelle Labormessungen zu erhalten. Wir können jetzt mit den Patienten auf eine viel dezidiertere Art und Weise interagieren. So sammeln wir beispielsweise mit Hilfe eines Sensors oder eines tragbaren Geräts Patientendaten über den gesamten Tag hinweg und lassen die Patienten jeden Morgen ein elektronisches Tagebuch ausfüllen. Mit Hilfe digitaler Technologien können wir dies mit recht wenig Aufwand tun. Gleichzeitig erhalten wir sehr genaue und verlässliche Daten und bekommen einen deutlich individuelleren Einblick in die Erfahrungen der Patienten. Sensoren und tragbare Geräte erlauben es uns, Daten passiver zu messen und die Patienten bei ihren normalen Aktivitäten zu beobachten, wodurch wir die Auswirkungen der Krankheit auf den einzelnen Patienten und mögliche Folgen einer Therapie nach ihrer Verabreichung verstehen können. So können wir Behandlungen verfeinern und gezielter einsetzen und das tägliche Leben der Patienten mit ihrer Erkrankung vereinfachen. Mit Hilfe digitaler Werkzeuge können wir die personalisierte Medizin noch sinnvoller umsetzen.
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Welche Neuerungen sind von Ihrem Unternehmen in diesem Bereich kurz- und mittelfristig zu erwarten und welche Trends sehen Sie?
Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem elektronische Daten und die elektronische Erfassung der klinischen Ergebnisse zum Mainstream gehören und unumstritten sind. Ich denke, das nächste große Thema werden Wearables und Sensoren sein. Wir haben in den vergangenen fünf bis zehn Jahren genau über diese Hilfsmittel gesprochen. Kurz- bis mittelfristig wird sich in diesem Bereich einiges bewegen. Schließlich werden wir dann wirklich verstehen, was uns Wearables und Sensordaten tatsächlich über die Patientenerfahrung verraten. Ich gehe davon aus, dass die Einbindung und Nutzung von Wearables in klinischen Studien in den kommenden fünf bis zehn Jahren deutlich zunehmen wird.
Es gibt einen Trend zu mehr Daten aus der realen Welt. Mit dem Aufkommen der elektronischen Datenerfassung und von Wearables und Sensoren werden wir immer vertrauter damit, Patientendaten auf diese eher passive Weise im Laufe eines Tages zu messen, anstatt zu klar definierten Zeitpunkten. Das Ziel ist, ein realistischeres Verständnis über die Folgen einer Erkrankung und die Auswirkungen einer Therapie auf einen Patienten zu erhalten. Ich denke, wir werden eine Flexibilisierung bei den von Patienten erhobenen Daten und bei der Methodik der Datenerhebung erleben, was uns einen realistischeren Einblick in die Erfahrungen der Patienten liefern dürfte.
Wie viel Digitalisierung erwartet uns in naher Zukunft im Gesundheitswesen und wie gläsern könnte hier der Patient werden (Stichwort Datenschutz)?
Die klinische Forschung war schon immer sehr auf die Sicherheit und die Privatsphäre der Patienten bedacht. Das ist im Grunde die Aufgabe der Ethikkommissionen - die Sicherheit und den Schutz der Privatsphäre der Patienten zu gewährleisten. Bei Gesundheitsdaten handelt es sich in jedem Fall um hochsensible Daten. Die Branche ist sich jedoch der Sensibilität dieser Daten sehr bewusst und achtet seit Jahrzehnten sehr genau darauf, wie sie diese Daten verwaltet. Angesichts des eher konservativen Charakters der Branche und der Tatsache, dass sie von den Aufsichtsbehörden genauestens überwacht wird, sowie der tief verwurzelten Erkenntnis, wie wichtig Sicherheit und Datenschutz sind, bin ich sehr optimistisch, dass wir dieser Fragestellung auch zukünftig gerecht werden.