Was kann personalisierte Medizin leisten, was die heutige etablierte Schulmedizin nicht leisten kann?
In der etablierten Schulmedizin wird häufig das generelle Bild der Krankheit gesehen und darauf aufbauend eine Diagnose gestellt – mit einer allgemeinen Behandlung. Persönliche Merkmale des oder der Patient*in spielen eine untergeordnete Rolle. Doch manchmal wirkt nicht jedes Medikament bei Jedem gleich gut.
Personalisierte Medizin stellt die Einzigartigkeit der Patient*innen in den Vordergrund und schaut auf individuelle Besonderheiten der Betroffenen. Diese sind beispielsweise das Alter, die körperliche Fitness oder Merkmale der persönlichen Gene und Zellen. Mit der genauen Kenntnis über diese Faktoren, zum Beispiel wenn die Beschwerden durch eine Genveränderung verursacht werden, können wir heute vorhersagen, ob ein Medikament bei einem/einer Patient*in nicht wirken oder starke Nebenwirkungen hervorrufen könnte. Das Ziel ist eine maßgeschneiderte, wirksame Therapie für jeden Einzelnen. Personalisierte Medizin verbessert also die Qualität der medizinischen Versorgung.
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Welche Neuerungen sind im Allgemeinen und von Ihrem Unternehmen im Besonderen in diesem Bereich kurz- und mittelfristig zu erwarten?
Zunächst gilt es allgemein die Diagnostik weiter zu verfeinern, um die Zahl der personalisierten Medikamente (aktuell 97 in Deutschland) weiter zu erhöhen. So werden individuelle Besonderheiten der Patient*innen erkannt, und auch für lang bewährte Medikamente kann eine personalisierte Anwendung erfolgen.
Bei Novartis forschen wir intensiv zu den krankmachenden Ursachen und zu entsprechenden neuen Behandlungsansätzen. Der Ausbau der Zusammenarbeit von Universitäten, Forschungsinstituten und der Industrie ist dabei essenziell, um ein rasches Vorantreiben dieser Forschung zu ermöglichen. Durch die voranschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen können individuelle Zusammenhänge schneller verstanden, Medikamente entwickelt und direkt zum/zur Patient*in gebracht werden.
Novartis treibt gezielt klinische Studien voran, bei denen die Individualität der Patient*innen und ihrer Erkrankung im Mittelpunkt stehen. Ein Beispiel dafür ist Lungenkrebs: bei einigen Patient*innen verringert sich die Überlebenschance durch eine bestimmte Genveränderung. Wir arbeiten an einer zielgerichteten Behandlung für diese Mutation. Es ist uns wichtig, die behandelnden Ärzt*innen fortlaufend über aktuelle Entwicklungen zu informieren, damit bei Erkrankungen die individuellen Ursachen und neuen Therapiemöglichkeiten berücksichtigt werden und diese ihren Weg in die tägliche Praxis finden können.
Inwieweit muss das Thema personalisierte Medizin adäquater Fachaufsicht und Regulierung unterworfen werden?
Bei personalisierter Medizin gelten dieselben Sicherheitsstandards wie bei der etablierten Schulmedizin. In klinischen Studien werden in jedem Fall neben dem Behandlungserfolg die Sicherheit und Nebenwirkungen der Behandlung überprüft. Eine Herausforderung bei der Personalisierung der Therapien stellt die geringere Anzahl betroffener Patient*innen dar, denn zur Bestimmung des Sicherheits- und Wirksamkeitsprofils einer jeden Therapie ist eine gewisse Zahl an Studienteilnehmer*innen erforderlich. Zudem gilt es, die geografische Verteilung der betroffenen Patient*innen im Auge zu haben, um eine ortsunabhängige Versorgung gewährleisten zu können. Und schließlich sind die Qualitätssicherung und die Kostenübernahme durch die Krankenkasse sicherzustellen.
Für uns ist es wichtig, die Sicht der Betroffenen in die Beratung, Behandlung, aber auch die Planung von klinischen Studien und die Entwicklung von Medikamenten einfließen zu lassen. Diese Patient*inneneinbindung wurde auch im aktuellen Koalitionsvertrag verankert.
Wie viel Digitalisierung erwartet uns in naher Zukunft im Gesundheitswesen, wie gläsern werden Patienten?
Die Digitalisierung ist für personalisierte Medizin wichtig, um individuelle Zusammenhänge von Faktoren, die eine Krankheit verursachen oder fördern, schneller zu erkennen. So können Patient*innen mit bestimmten Genveränderungen, für die beispielsweise eine klinische Studie durchgeführt werden soll, schneller erreicht und Behandlungserfolge gegebenenfalls auf gleich- oder ähnlich gelagerte Fälle übertragen werden. Auch die Zusammenarbeit aller an der Forschung Beteiligten , die an neuen Therapien arbeiten, wird erleichtert.
Dabei gelten die deutschen Datenschutzrichtlinien – sowohl in der Forschung und Behandlung mit personalisierter Medizin als auch in den dafür durchgeführten Studien. So werden Patient*innen immer um ihr Einverständnis zur Weitergabe oder Speicherung bestimmter Informationen gebeten, über deren Inhalt vorab genau informiert und eine Weitergabe an unbefugte Dritte unterbunden.