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Interview14.08.2023

Teilqualifikation und andere Lösungen für Mismatch am Arbeitsmarkt

Warum Mecklenburg-Vorpommern an einer Fachkräftestrategie arbeitet

Reinhard Meyer, Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit Mecklenburg-Vorpommern. Quelle: MW Reinhard Meyer Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit, Mecklenburg-Vorpommern Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
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"Die Arbeitswelt von morgen wird unter anderem geprägt durch die Trends der Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie und De-Globalisierung", erklärt MV-Arbeitsminister Reinhard Meyer. Der SPD-Politiker setzt für die damit verbundenen Anforderungen auf ein ganzes Bündel von Maßnahmen.





Als eine Herausforderung beim Fachkräftemangel gilt die Diskrepanz zwischen vorhandenen Qualifikationen und dem Profil-Bedarf der Unternehmen – welche Bestrebungen gibt es in Ihrem Land, das zu lösen?
Mismatch ist ein typisches Phänomen, wenn Angebot und Nachfrage am Markt aufeinandertreffen. Um dem dargestellten Problem entgegenzuwirken, erarbeitet die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern derzeit – zusammen mit Sozialpartnern, Unternehmen, Expertinnen und Experten – eine Fachkräftestrategie. Diesbezügliche Lösungsansätze konzentrieren sich auf die Erstausbildung und Weiterbildung von Arbeits- und Fachkräften. Voraussetzung ist, dass die Unternehmen ihre Kompetenzlücke kennen. Konkret unterstützt das Land Unternehmen bei Maßnahmen der Kompetenz­feststellung und Analysen des Qualifizierungsbedarfs. Wenn sich Unternehmen daraufhin für Qualifizierungs­maßnahmen entscheiden, die am Markt verfügbar sind, können für die Beschäftigten Bildungsschecks beantragt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, speziell auf die Bedürfnisse des Unter­nehmens ausgerichtete Weiterbildungen zu entwerfen.

Dazu sucht sich das Unternehmen geeignete Weiterbildungsdienstleister, mit deren Hilfe unternehmens­spezifische Maßnahmen im In-House-Format organisiert und durchgeführt werden können. Bei diesen drei Möglichkeiten werden im Rahmen der Qualifizierungsrichtlinie grundsätzlich 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben als Förderung bereitgestellt. Die Weiterbildungsdatenbank M-V hält eine Fülle von Informationen für Weiterbildungsinteressierte bereit und berät zu speziellen Fragen.

Darüber hinaus hat die Landesregierung eine regionalspezifische Arbeitsmarktanalyse in Auftrag gegeben, um die zukünftigen Fachkräftebedarfe für Mecklenburg-Vorpommern besser einschätzen und die Bildungsangebote verstärkt in künftige Qualifikationsbedarfe lenken zu können.

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Wie können auch Menschen ohne Berufsausbildung für die Anforderungen der Arbeitswelt von morgen fit gemacht werden?
Die Arbeitswelt von morgen wird unter anderem geprägt durch die Trends der Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie und De-Globalisierung, die neue Anforderungen an die Qualifikation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Bewerberinnen und Bewerber mit sich bringen. Berufsbilder wandeln sich oder fallen weg. Lebenslanges Lernen wird immer wichtiger, insbesondere um in einer sich verändernden, digitalen Arbeitswelt die eigenen Erwerbschancen zu erhalten. Das gilt ebenso für Menschen ohne Berufsausbildung. In Zeiten des Fachkräftemangels stellen Menschen ohne Berufsausbildung ein nicht zu unterschätzendes Potenzial dar. Sie müssen über Bildungsangebote, die auf die zukünftigen Anforderungen zugeschnitten sind, befähigt werden, am Arbeitsmarkt teilzuhaben. Es gilt, jeden da, wo er steht, individuell abzuholen.

Das kann beispielsweise über die modulare Teilqualifikation (TQ) gelingen, die schrittweise zu einem formalen Abschluss in einen anerkannten Beruf führt. TQ wird durch die Bundesagentur für Arbeit oder die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) angeboten. Auch der Beginn einer dualen Ausbildung kann eine Lösung sein, da es dafür keine Altersgrenze gibt. Die Landesregierung plant eine Informationskampagne zur Aufwertung der (dualen) Berufsausbildung sowie die Stärkung der Berufsschulstruktur. Die Unternehmen sind aufgerufen, diese vielfältigen Möglichkeiten zu nutzen und verstärkt in die Qualifizierung und Weiterentwicklung dieser Gruppe von Arbeit­nehmern zu investieren. Hierbei kann die Qualifizierungsförderung des Landes unterstützend in Anspruch genommen werden. Auch die Arbeitsagenturen und Jobcenter bieten sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber intensive Beratungen und verschiedene Fördermöglichkeiten zu diesem Zweck an.

Manche ausländische Abschlüsse müssen in hiesigen Standards überführt werden – welche Instrumente gibt es in Ihrem Bundesland dafür?
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es drei Servicestellen „Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung“. Personen mit ausländischen Berufsabschlüssen können sich zu Fragen der Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse sowie zu Möglichkeiten der Nachqualifizierung beraten lassen. Darüber hinaus werden im Rahmen des Förderprogramms IQ Qualifizierungsbegleitung und Individualförderung sowie Anpassungsqualifizierung für ausländische Pflegefachkräfte (IQ Cura) und in den Berufsfeldern, Energie, Umwelt, Nachhaltigkeit (IQ Grün) angeboten. Sofern es für eine bestimmte Berufsgruppe keine Fördermöglichkeiten im Land, können Förderangebote des IQ-Förderprogramms in anderen Bundesländern genutzt werden. Ein Kompetenztraining zur Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung für ausländische Ärztinnen und Ärzte wird durch die Ärztekammer M-V angeboten. Die Industrie- und Handelskammern in Rostock und Neubrandenburg vermitteln an ihre Mitgliedsunternehmen ausländische Personen mit einer Teilanerkennung, sofern diese zur Vollanerkennung ausschließlich die Vermittlung von praktischen Kenntnissen benötigen. Dieses Projekt nennt sich „UBAconnect“ (Unternehmen Berufsanerkennung) und wird über das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Wie können digitale Lösungen bei der beruflichen Qualifikation und Weiterbildung gegen den Fachkräftemangel leisten?
Die voranschreitende Transformation bewirkt die ständig zunehmende Digitalisierung von Arbeits- und Produktionsprozessen. Um in diesem Prozess bestehen zu können, müssen Unternehmen ihre Arbeitnehmer kontinuierlich qualifizieren. Dabei kommt der digitalen Weiterbildung eine doppelte Bedeutung zu. Einerseits lassen sich digitale Kompetenzen nur anwendungsorientiert auf digitaler Basis vermitteln. Dabei sind hochwertige digitale Ausstattungen und Konzepte Voraussetzung. Anderseits ermöglichen Weiterbildungen, die in modernen digitalen Formaten vermittelt werden, eine erhöhte zeitliche und räumliche Flexibilität insbesondere für Arbeitnehmer, denen eine Teilnahme in Präsenz sonst eher schwerfallen oder unmöglich wäre (Teilzeitbeschäftigte, Frauen, Alleinerziehende, Pflegende). Daher können mit digitalen Lösungen breiter gefächerte Zielgruppen und zusätzliche Potenziale erreicht werden, was für die Sicherung des Fachkräftebedarfs von Vorteil ist. Bei Vorhaben, die in diesem Kontext die Modernisierung von Bildungsinfrastruktur, auch in Form von digitalen Technologien bei entsprechenden Bildungsanbietern beinhalten, ist eine Förderung durch die Landesregierung mit Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) möglich.

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