Als eine Herausforderung beim Fachkräftemangel gilt die Diskrepanz zwischen vorhandenen Qualifikationen und dem Profil-Bedarf der Unternehmen – welche Bestrebungen gibt es in Ihrem Land, das zu lösen?
Wir alle erleben aktuell, wie sich unsere Arbeitswelt verändert. Angesichts der zunehmenden Digitalisierung, unserem Weg zur Klimaneutralität und des demografischen Wandels zeichnen sich auf dem Arbeitsmarkt zunehmend Fachkräftelücken ab: In der Transformation stellen geänderte Produktionsprozesse und innovative Technologien neue Anforderungen an die Qualifikation von Beschäftigten. Gleichzeitig lässt der demografische Wandel die Erwerbsbevölkerung weiter sinken.
Rheinland-Pfalz setzt in der Transformation der Arbeitswelt auf die enge Verzahnung einzelner Maßnahmen zur Sensibilisierung von Beschäftigten und Betrieben für die Chancen der Transformation, der individuellen Beratung von Erwerbstätigen zu Weiterbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten und der Förderungen der beruflichen Weiterbildung.
Die Antwort auf die Fachkräftelücke kann aber nicht allein Qualifizierung sein. Deshalb berücksichtigten wir auch das Potenzial älterer Beschäftigter genauso wie die Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Daneben fördern wir die Erwerbsbeteiligung von Frauen, stärken Jugendliche am Übergang von der Schule in den Beruf und unterstützen die Rekrutierung internationaler Fachkräfte. Als Landesregierung haben wir uns zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit, den Sozialpartnern und Kammern unter anderem diese Ziele in einer gemeinsamen Fachkräftestrategie vereinbart und setzen diese in Form von konkreten Vorhaben gemeinsam um.
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Wie können auch Menschen ohne Berufsausbildung für die Anforderungen der Arbeitswelt von morgen fit gemacht werden?
Deutschland, wie auch Rheinland-Pfalz verfügt noch über ungenutztes Fachkräftepotenzial. Dieses ist in weiten Teilen schon in den Betrieben vorhanden, bleibt aber oft ungenutzt. Teilqualifikationen bieten hier die Möglichkeit, neben dem Beruf einzelne Module eines Ausbildungsberufs zu erlernen. Mit einer Externenprüfung kann dann auch der Ausbildungsberuf vollständig anerkannt werden. Dabei ist wichtig, dass die Menschen nicht am Bedarf der Betriebe vorbei oder gar aus den Betrieben heraus qualifiziert werden.
Wir müssen aber auch auf die Menschen an der Schwelle zum Arbeitsmarkt schauen. Die Bundesagentur für Arbeit bietet mit Bildungsgutscheinen Arbeitslosen und Personen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind, die Möglichkeit zur Umschulung oder zum Nachholen eines Berufsabschlusses. Hierbei werden Menschen ab 25 Jahren von der Initiative „Zukunftsstarter“ unterstützt. Speziell Jugendliche, bei denen ein Ausbildungsabbruch droht, begleiten wir mit Landesprojekten zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen. Dabei werden auch die Betriebe, die Berufsschulen und die Eltern eingebunden.
Unser Ziel muss es sein, die Zahl derer, die ohne Berufsabschluss sind, nachhaltig zu senken. Das erfordert teilweise auch ein Umdenken in den Unternehmen: Wir brauchen mehr Vertrauen in die Menschen ohne Berufsabschluss, damit diese ihr Potenzial im Betrieb voll entfalten können. Das Land und der Bund unterstützen beide Seiten dabei.
Manche ausländischen Abschlüsse müssen in hiesige Standards überführt werden – welche Instrumente gibt es in Ihrem Bundesland dafür?
Mit der Einrichtung einer Zentralen Ausländerbehörde für Fachkräfteeinwanderung Rheinland-Pfalz (ZAB) zum 1. Januar 2021 hat die Landesregierung für Unternehmen einen zentralen Ansprechpartner für die Einreise von Fachkräften geschaffen. Sie berät Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu Fragen der Einwanderung und ist für die Durchführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens zuständig. Im Rahmen dieses Verfahrens leitet sie unter anderem auch das Verfahren zur Anerkennung beziehungsweise Gleichwertigkeitsprüfung der ausländischen Berufsqualifikation ein. Darüber hinaus gibt es in Rheinland-Pfalz bei den vier Industrie- und Handelskammern angesiedelte Welcome Center. Sie sind Ansprechpartner zu Themen wie der Einreise oder Anerkennung von Abschlüssen. Ferner unterstützt Rheinland-Pfalz das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung“ (IQ). Hier werden Beratungen zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse sowie gegebenenfalls notwenige Nachqualifizierungen zur Anerkennung angeboten.
Was können digitale Lösungen bei der beruflichen Qualifikation und Weiterbildung gegen den Fachkräftemangel leisten?
Die zunehmende Digitalisierung bietet vielfältige Möglichkeiten für die Weiterentwicklung der allgemeinen und beruflichen Weiterbildung. Insbesondere für Betriebe stellen hier ortsunabhängige und zeitlich flexible (online-) Schulungen einen kostengünstigen und effizienten Weg dar, der auch für die Beschäftigten Vorteile bietet: Weiterbildungen lassen sich leichter in den (Berufs-)Alltag integrieren und können im eigenen Tempo abgeschlossen werden. Auch können Beschäftigte vor Anschaffung von neuen Maschinen oder Anlagen mit Hilfe von VR-Brillen Arbeitsabläufe proben und ihre Erfahrungen zur Verbesserung der Prozesse frühzeitig einbringen.
In Zukunft werden wir stärker mit statt an Maschinen arbeiten. Deshalb ist es wichtig, dass diese Inhalte auch bereits in die Ausbildung integriert werden, wie zum Beispiel beim digitalen Schweißen. Gleichzeitig müssen aber auch die bestehenden Beschäftigten die Möglichkeit haben, die Veränderungen der Arbeitswelt mitzugestalten. Deshalb fördert Rheinland-Pfalz die berufliche Weiterbildung – analog wie digital – unabhängig davon, ob sie von den Beschäftigten selbst angestrebt oder von den Betrieben angeboten wird. Wir unterstützen aber auch die Menschen, die den Weg in die Digitalisierung gerade erst angetreten haben, etwa durch die Förderung der digitalen Grundbildung.



