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So will die EU die großen Plattformen regulieren

Schaffen neue Regeln ein sicheres Netz und einen fairen Markt?

Uwe Schimunek, Freier Journalist Quelle: Meinungsbarometer.info Uwe Schimunek Freier Journalist Meinungsbarometer.info 14.09.2021

Die EU-Kommission will Ernst machen: Mit einem zweiteiligen Gesetzespaket will sie große Online-Plattformen stärker regulieren. Das Gesetz über digitale Dienste soll die Rechte und Pflichten der Plattformen festschreiben und das Gesetz über digitale Märkte ihre Marktmacht einhegen. Das stößt ganz grundsätzlich auf offene Ohren bei den Experten aus Wirtschaft, Politik und Forschung.

So begrüßen die Medienanstalten den Vorstoß. Aber: „Damit dieses Vorhaben in der Praxis in eine effektive Kontrolle und Verfolgung der Verbreitung illegaler und gefährlicher Inhalte im Netz umgesetzt werden kann, appellieren die Medienanstalten an den europäischen Gesetzgeber, an zentralen Stellen Konkretisierungen durchzuführen“, mahnt Dr. Tobias Schmid, Europabeauftragter der DLM und Vorsitzender der European Regulators Group for Audiovisual Media (ERGA), in unserer Fachdebatte. In einer globalisierten und digitalen Medienwelt bedürfe es auch vernetzter Lösungen zur Rechtsdurchsetzung. Er drängt insbesondere bei der Medienaufsicht auf die Wahren des Prinzips der Staatsferne.

Bezüglich der Inhalte sieht Dr. Matthias C. Kettemann vom Hans-Bredow-Institut die Sozialpflichtigkeit der Herrschaft über Daten als großes Zukunftsthema. „Sehr lange hat die Politik dabei zugesehen, dass Plattformen große Datenberge anhäuften. Zu lange.“ Nun sei es an der Zeit, sowohl der Wissenschaft besseren Zugang zu den Daten der Plattformen zu geben als auch durch erzwungene Zugänge neuen Mitbewerbern Wachstum zu ermöglichen. Er zeigt sich optimistisch, dass große Plattformen das auch machen, weil sie wettbewerbs- und kartellrechtliche Vorwürfe entkräften wollen.

Für ISPA-Generalsekretärin Charlotte Steenbergen ist Technologieneutralität besonders auf Infrastrukturebene von herausragender Bedeutung für einen funktionierenden Wettbewerb am Markt. „Auch bei den Messengerdiensten wäre ein Nachrichtenaustausch unabhängig vom ausgewählten Dienst für die Userinnen und User von Vorteil.“ Bei der Umsetzung sieht ihr Verband jedoch Sicherheitsbedenken, wenn dadurch Angriffsflächen für Hackingangriffe geboten werden. „Die mittlerweile zum Standard gewordene Ende-zu-Ende-Verschlüsselung darf durch diese Bestrebungen nicht abgeschafft werden.“

Marco Junk vom Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) lenkt der Blick auf die vieldiskutierte Algorithmenkontrolle. Algorithmen sind für ihn das Schlüsselelement für alle datengetriebenen Geschäftsmodelle sowie das Zukunftsfeld KI, das ohne Algorithmen und Daten gar nicht auskommt. „Diese einer Kontrolle zu unterstellen, würde bedeuten, den entscheidenden Teil der digitalen Wertschöpfung preiszugeben.“ Daher stellen sich für ihn einige: „Wo ist die Grenze zu ziehen? Ab wann muss eine Kontrolle erfolgen?“ Sein Verband plädiert für ein weiteres Level an Transparenz statt bloßer Kontrolle.

Dr. Petra Oberrauner, Bereichssprecherin Digitalisierung der SPÖ im Nationalrat Österreichs, fordert in diesem Zusammenhang: „Wir müssen wissen, was zum Beispiel warum wem in den Sozialen Medien gezeigt wird und was nicht.“ Sichergestellt werden müsse, dass die Plattformen ihre Marktmacht nicht ausnützen. Darüber, wer die Algorithmen prüft, solle noch eingehend diskutiert werden. „Das könnte ein Netzwerk aus Einrichtungen der Mitgliedstaaten machen – allerdings hat dieses Vorgehen beim Datenschutz dazu geführt, dass die einzelnen staatlichen Einrichtungen EU-Recht unterschiedlich auslegen.“ Eine EU-Agentur wäre daher für sie eine weitere Option.

Für Tankred Schipanski, Sprecher für Digitalpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wäre eine vollständige Veröffentlichung von Algorithmen wettbewerbsrechtlich problematisch und würde wegen der komplexen und sich ständig weiterentwickelnden Codes nicht viel bringen. Tatsächlich gehe es um das Verständnis der Wirkung von diesen Algorithmen. „Dafür ist es gut, dass der DSA eine Forschungsklausel beinhaltet, die zu mehr Aufklärung über die Wirkung der Algorithmen geben wird.“

Dr. Maria Theresia Niss, Bereichssprecherin Digitalisierung, Forschung und Innovation des Parlamentsklubs der ÖVP im Nationalrat Österreichs, begrüßt die Vorlage des DAS nicht zuletzt wegen der Maßnahmen gegen Hass im Netz. Denn: „Natürlich kennt Hass im Netz keine Ländergrenzen und ist ein gesamteuropäisches Problem.“ Sie verweist darauf, dass die entsprechenden nationalen Regeln in Österreich eine Evaluierung vorsehen, im Rahmen derer Anfang 2023 auch die Kompatibilität mit dem DSA bzw. dem dann geltenden EU-Recht überprüft wird.

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