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Smart City muss Chefsache sein

Warum keine Smart City der anderen gleicht

Johannes Koch - Smart-City-Experte, VDE Verband der Elektrotechnik  Elektronik Informationstechnik e. V. Quelle: VDE Johannes Koch Manager VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik 15.08.2019
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Die Digitale Transformation von Kommunen und Städten in nachhaltige Ecosysteme steht im Fokus der Stadt der Zukunft", sagt VDE-Experte Johannes Koch. Dabei ist klar,  dass die Transformation hin zu einer Smart City für viele Städte ein gewaltiger Kraftakt ist. Daher brauche es u.a. einen deutschlandweiten kommunalen Erfahrungsaustausch.







Smart City ist eines der Trend-Themen bei der diesjährigen IFA – wo stehen die hiesigen Kommunen auf dem Weg zu Smart Cities?
Immer mehr Menschen leben im urbanen Raum. Dies impliziert eine steigende Umwelt- und Lärmbelastung sowie Ressourcenkonflikte, was wiederum eine Verringerung der Lebensqualität der Stadtbewohner bedeuten kann. Der Themenkomplex Digitalisierung –  oder besser die intelligente Vernetzung von Infrastruktur und Mensch – ist deshalb für Städte und Gemeinden ein sehr aktuelles Thema und wird zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen. Insbesondere die Digitale Transformation von Kommunen und Städten in nachhaltige Ecosysteme steht im Fokus der Stadt der Zukunft. Die Vision von lebenswerteren und nachhaltigeren Städten beinhaltet durchgreifende Änderungen in den Bereichen Mobilität, Energie, Versorgung und Verwaltung. In Deutschland sind bereits eine ganze Reihe von Städten und Kommunen auf dem Weg zu Smart Cities/Regions. Alle deutschen Großstädte haben in den vergangenen Jahren (Leuchtturm-)Projekte initiiert und auch in der Stadtverwaltung entsprechende Strukturen etabliert. Aber auch Mittelstädte verzeichnen eine Vielzahl an Aktivitäten – von öffentlichem WLAN über eine smarte und effiziente Straßenbeleuchtung bis hin zu intelligenten Mülleimern die ihren Füllstand mitteilen können.

Für viele Städte ist die Transformation hin zu einer Smart City allerdings ein gewaltiger Kraftakt. Hierbei fehlt häufig eine Gesamtstrategie, die verschiedene Aspekte der Smart City zusammenfasst und gemeinsam koordiniert. Smart City muss daher Chefsache sein – (Ober-)Bürgermeister und/oder Landräte müssen hierbei die Bedeutung und Komplexität der digitalen Transformation erkennen und entsprechend koordinieren. Der VDE sieht die Notwendigkeit eines deutschlandweiten kommunalen Erfahrungsaustausches und die Implementierung von kommunalen Experten, und arbeitet u.a. mit dem Deutschen Städte und Gemeindebund (DStGB) an der Konzeption und Ausbildung sog. Digitalnavigatoren.

Informations- und Kommunikationstechnologien verbrauchen schon heute immer mehr Ressourcen. Wie lässt sich sicherstellen, dass Smart Cities nicht mehr Probleme schaffen, als sie lösen?
Der Einsatz innovativer Technologien muss der gesamten Stadtgesellschaft dienen, inklusiv gestaltet sein und Erleichterungen für die Menschen mit sich bringen. Somit gleicht keine Smart City der anderen, da städtebauliche und geografische Unterschiede zu unterschiedlichen Bedarfen führen können. Hierbei ist der frühe Dialog mit der Stadtgesellschaft dringend notwendig, um die individuellen Bedürfnisse zu definieren und letztendlich auch eine Akzeptanz für neue Technologien im urbanen Raum zu schaffen. Die Bundesregierung hat im Juli 2019 die erste Staffel der „Modellprojekte Smart Cities“ bekanntgegeben. Ziel ist es, sektorübergreifende digitale Strategien für das Stadtleben der Zukunft zu entwickeln und zu erproben. Insgesamt sollen in den nächsten Jahren noch drei Staffeln und damit rund 50 Modellprojekte mit insgesamt ca. 750 Millionen Euro gefördert werden.

In den Kommunen liegen viele Daten bereits vor – wer sollte zu welchen Bedingungen Zugriff auf amtliche Daten bekommen?
Die Erhebung und Verarbeitung von Daten sollte stets dem Wohle der Menschen dienen, die in einer Stadt leben. Auf Grundlage der europäischen Datenschutzgrundverordnung ist eine regelkonforme Datenverarbeitung zu verfolgen. Dies beinhaltet u.a. die Gewährleistung der Transparenz und eine ausführliche Aufklärung über die Zwecke der Datenverwendung. Der Nutzer sollte stets über die Erhebung seiner Daten informiert sein und dieser auch wiedersprechen können (vgl. Anforderungen der DSGVO).  Dies gilt auch für eine mögliche kommerzielle Nutzung von Daten im Rahmen einer Smart City.

Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) verweist in ihrem aktuellen Bericht „Kommunales E-Government“ auf die Notwendigkeit der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) in den Kommunen. Kommunen brauchen praktische Hilfestellungen auf dem Weg zum erfolgreichen Einsatz von E-Government. Aus Sicht der KGSt sind wichtige Aspekte dabei die Auswahl einer nachhaltig portalverbundfähigen technischen Infrastruktur sowie die Einbindung attraktiver und stark nachgefragter Online-Dienste.

Wie sollte bei Smart-City-Lösungen der Datenschutz für die Bürger gewährleistet werden?
In der Smart City werden große Mengen von Daten generiert, die vielfach mit dem persönlichen Leben der Bürger in Zusammenhang stehen und damit Probleme in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre erzeugen können. Viele der Daten werden von Sensoren oder RFID-Tags erhoben. Sie können Informationen über den Ort und die Zeit der Datenaufnahme, eventuell sogar in einer Verbindung zu Personendaten aufzeichnen. Mit ausgeklügelten Rückschlussverfahren können damit viele Informationen über Personen, ihren Aufenthaltsort, ihre Lebensgewohnheiten, ihre Kaufgewohnheiten, ihren Gesundheitszustand usw. gewonnen werden. Damit werden neue Verfahren zur Sicherstellung von Datenschutz benötigt. Die neue europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bietet hierbei gute Ansätze, wenngleich einige definierte Prinzipien wie Datenminimierung oder –sparsamkeit dem ‚big data‘-Konzept einer Smart City wiedersprechen können. Hierbei muss der gesellschaftliche Dialog weiter geführt werden, um Risiken des Datenmissbrauchs zu minimieren.

Die Daten- und Kommunikationsnetze der Smart City benötigen auch weitergehende Vorsichtsmaßnahmen gegen Hacker-Angriffe. Dies gilt insbesondere beim Einsatz der Funkkommunikation. Es betrifft Störungen der Kommunikationswege, physikalische Verfälschungen der Signale sowie das Mithören der Datenübertragung und andere Effekte. Die aus Energieeffizienzgründen notwendige geringe Rechnerkapazität der Sensornetzwerkknoten macht eine Sicherheitstechnik in diesem Bereich außerordentlich schwierig, da die meisten Sicherheitslösungen große Ansprüche an Speicherplatz und Rechenkapazitäten stellen. Um die Sicherheit der Smart City Daten-Netze zu gewährleisten, werden somit neue Modelle zur Überwachung der Funktionalität der Systeme benötigt.

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