Immer mehr Handwerksbetriebe setzen digitale Technik ein. Wie schätzen Sie den Stand der Digitalisierung bei den Handwerksbetrieben ein?
Es gibt wohl nur noch sehr wenige Betriebe, welche sich komplett der Digitalisierung verschliessen. Mittlerweile wurde das Faxgerät grossmehrheitlich durch E-Mail oder andere Kanäle abgelöst. Ebenso verfügt die grosse Mehrheit der Unternehmen über eine eigene Webseite, welche Auskunft zu den wichtigsten Informationen gibt. Es lässt sich sagen: Eine «Basis-Digitalisierung» ist bereits weit durchgedrungen (gegen 95% der Betriebe).
Zur Abwicklung der Geschäftsprozesse steht in den meisten Betrieben eine Branchenlösung zur Verfügung. Genutzt werden darin insbesondere die Verwaltung der Kontakte und Adressen, die Erfassung der Aufträge sowie die Erstellung von Werkstofflisten. Daneben werden die Leistungserfassung sowie auch die Erstellung von Auftragsbestätigungen und die Auftragsabrechnung aus der Branchenlösung heraus gelöst (ca. 75% der Betriebe).
Die dritte Gruppe ist jene, welche sich zunehmend die digitalen Möglichkeiten zu Nutze macht und auch die internen Prozesse digital vernetzt und aus dem Angebot die Auftragsbestätigung ableitet, aus der Kundenzeichnung die Werkstattunterlagen bis hin zur Generierung von Werkstofflisten und schlussendlich die Bearbeitungsanweisungen direkt an die CNC-Maschinen schickt. Ebenso findet auch ein digitale Verbindung hin zum Kunden statt. Angebots- oder Terminanfragen werden über digitale Kanäle entgegengenommen und auch weiterverarbeitet. Die Anzahl dieser Betriebe ist zunehmend. Heute ist es aber erst ein kleiner Anteil, welcher sämtliche Möglichkeiten der Digitalisierung nutzt.
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Die meisten Betriebe setzen digitale Tools für Organisations- und Verwaltungsarbeiten und im Marketing und Vertrieb ein - welche Potenziale sehen sie in digitaler Technik für das Handwerk darüber hinaus?
Eine mögliche Chance könnte die verstärkte Kollaboration einzelner an der Wertschöpfungskette beteiligter Unternehmen sein. Durch gegenseitiges zur Verfügung stellen von digitalen Informationen können Prozesse vereinheitlicht und automatisiert werden (z.B. Nutzung einheitlicher Zeichnungsprogramme mit definierten Standards, Bibliotheken und Bearbeitungsinformationen). Dadurch schafft man sich die Möglichkeit zur Wahl, ob die Produktion im eigenen Unterunternehmen, bei einem Sublieferanten oder bei einem Partnerunternehmen stattfindet. Denkbar wären auch gemeinsam genutzte Plattformen, auf welchen der Zugang zum Kunden erschlossen wird.
Digitaltechnik braucht Investitionen. Wie sollte das Handwerk bei der digitalen Transformation unterstützt werden?
Der erste Schritt ist, über das nötige Wissen zu den vorhandenen Möglichkeiten zu verfügen. Gefordert sind Bildungsinstitute, die selbst über das nötige Fachwissen verfügen und dieses dann vermitteln können. Hinsichtlich der Umsetzung von digitalen Weiterentwicklungsschritten braucht es zudem gesunde Unternehmen mit klaren Zukunftsstrategien, welche in der Lage sind, angemessene Erträge zu erwirtschaften, woraus die notwenigen Investitionen getätigt werden können. Somit bedarf es einer Sensibilisierung der Unternehmerinnen und Unternehmer hinsichtlich einer strategischen Planung, die permanente Entwicklung der bestehenden Geschäfte sowie die Offenheit für neue Geschäftsmodelle.
Je größer ein Betrieb ist, desto höher ist auch der Digitalisierungsgrad. Welche besondere Hilfe brauchen gerade kleine Handwerksbetriebe?
Dank der Vielzahl von immer weiter entwickelter Branchenlösungen steht auch dem Kleinstbetrieb eine vielseitige Palette von «Standardlösungen» zur Verfügung. Hier wäre zu prüfen, wie weit diese Lösungen zukünftig in der Lage sind, die Unternehmensleitung von seinen vielen administrativen Aufgaben zu entlasten. Dazu gehören die verschiedenen wiederkehrenden Meldungen an Unfallversicherung, Altersvorsorge, Berufsverband, Arbeitssicherheitslösung, Krankenversicherung usw.