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Schlüsseltechnologien für das IoT

Aktuelle Trends und Entwicklungen rund um LoraWAN und dessen Bedeutung für das Internet der Dinge

Prof. Dr. Axel Sikora - Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für verlässliche Embedded Systems und Kommunikationselektronik (ivESK) an der Hochschule Offenburg Quelle: NürnbergMesse Prof. Dr. Axel Sikora Wissenschaftlicher Direktor Institut für verlässliche Embedded Systems und Kommunikationselektronik (ivESK) an der Hochschule Offenburg 01.10.2020
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
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LPWA-Technologien erlauben "zahlreiche neue Anwendungen, die vorher undenkbar waren", sagt Prof. Dr. Axel Sikora. Der Offenburger Forscher wirkt auch an zahlreichen anderen Forschungseinrichtungen und Ausgründungen und ist Chairman der embedded world Conference, sowie wissenschaftlicher Beirat der IoT-Konferenz, sowie des Wireless Congress Systems & Applications, auf dem auch in diesem Jahr vom 10. bis zum 12. November die neuesten Trends der Wireless-Welt diskutiert werden.







Über ein sogenanntes „LoRaWAN“-Netz können Sensoren-Daten über große Strecken übertragen werden. Für welche Anwendungen eignet sich die Technologie besonders?
In der Tat lassen sich mit den Low-Power Wide-Area (LPWA)-Funktechnologien – wie z.B. LoRaWAN – Reichweiten von typischerweise bis zu 10 km überbrücken. Das Besondere an der Situation ist aber nicht, dass dies neu ist. Solche Entfernungen hat Marconi mit seinen Aufbauten schon Ende des 19. Jahrhunderts erreicht. Und auch in den vergangenen Jahrzehnten gab es zahlreiche Systeme, die diese Reichweiten auch schon erreichten. Das Besondere an der Situation ist, dass diese neue LPWA-Technologien diese Reichweiten mit einer elektrischen Leistung im Milliwattbereich erreichen. Außerdem sind die Systeme nun viel kostengünstiger. Während die Elektronik der vergangenen Generationen Kosten von drei- oder sogar vierstelligen Eurobeträgen verursacht haben, sind LPWAN-Knoten mit miniaturisierten monolithisch integrierten ICs für Elektronikkosten von einigen wenigen Euros zu haben. 

Da auch das Netzwerkmanagement meist sehr einfach gehalten ist, sind auch die Installations- und Betriebskosten gering. Mit geringen Aufwand können so Stadtviertel oder ganze Gemeinden in der Praxis mit einer Funkzelle ausgestattet, um – ganz allgemein formuliert – kostengünstige, räumlich verteilte Anwendungen mit geringem Datenaufkommen und niedrigen Anforderungen an die Dienstgüte (Quality of Service) vor allem in Bezug auf die Latenzzeit anzubinden. Beispiele sind Smart-City-Anwendungen, wie bei der Parkraumbewirtschaftung, der zielgerichteten Ansteuerung von Straßenlaternen oder bei der Füllstandsüberwachung von Müllsammelbehältern, wie z.B. Glas- oder Papiercontainer, Smart-Grid und Smart-Metering-Anwendungen mit einer Verbrauchs- oder Zustandsüberwachung, oder Anwendungen aus der Umwelttechnik, wie z.B. beim Hochwasserschutz oder der Überwachung von großflächigen Industrieanlagen, wie z.B. bei der Prozessautomation, oder, oder …

Welche Bedeutung hat die Technologie ganz grundsätzlich für das Internet der Dinge?
Und damit sind diese LPWA-Technologien Schlüsseltechnologien im besten Sinne des Wortes für das Internet der Dinge, weil sie komplett zahlreiche neue Anwendungen, die vorher undenkbar waren, überhaupt erst technisch und kommerziell ermöglichen. Denn für die gesamte Vernetzung im Internet der Dinge gilt, dass umso mehr Dinge vernetzt werden, je einfacher und je kostengünstiger diese Vernetzung wird. 

Allen oben genannten Anwendungen ist gemeinsam, dass nur selten nur geringe Datenmengen zu übertragen sind. Hinzu kommt, dass die Informationen nicht zeitkritisch sind. Es ist beispielsweise unerheblich, ob der Füllstand eines Papiercontainers fünf Sekunden früher oder später ausgelesen wird. Und die meisten der zu verbindenden Geräte sind auch nicht mobil, oder zumindest nicht schnell und großräumig unterwegs. 

Aber klar ist auch, dass die Kosten für das Kommunikationssystem eben möglichst gering sein müssen. Und auch die Energieeffizienz spielt bei vielen dieser Anwendungen eine Rolle, weil z.B. die „Mülltonne im Internet“ über keinen Stromanschluss und das Kommunikationsmodul über eine möglichst kleine (und wiederum kostengünstige) Batterie mit einer möglichst langen Lebensdauer betrieben werden soll.

Zu LoRaWAN gibt es verschiedene Alternativen. Was ist der Vorteil von LoraWAN gegenüber diesen? 
Es gibt weltweit eine Reihe von Alternativen. Auf dem deutschen und dem europäischen Markt sind vor allen vier Technologien relevant, die ich im Folgenden kurz mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen beschreiben möchte:

– LoRaWAN ist eine Technologie des Halbleiterhersteller Semtech, der die zu Grunde liegenden Transceiver-ICs, die die LoRa-Modulation unterstützen, exklusiv fertigt und vermarktet. Die Technologie ist einfach und flexibel einzusetzen. LoRaWAN bietet sich immer dann an, wenn eigene private Netze aufgebaut und betrieben werden können und sollen. Unsere Tests zeigen aber auch, dass LoRaWAN recht schlecht skaliert, d.h. in dichten Funkumgebungen recht schnell Ausfälle zeigt.

– Die Alternative SIGFOX ist in Bezug auf den technischen und kommerziellen Ansatz komplementär. Es können praktisch alle modernen schmalbandigen Transceiver-ICs von den gängigen Halbleiterherstellern eingesetzt werden, da auf Grund der niedrigen Datenraten die Modulation in der Software der zu Grunde liegenden Mikrocontroller durchgeführt wird. Die Bindung an SIGFOX erfolgt dann über das Netz, weil das Unternehmen eigentlich als Netzwerkbetreiber und „Internet-Provider“ auftritt. Die Technologie ist ebenfalls sehr einfach einzusetzen, ist aber in Bezug auf Datenmengen sehr beschränkt: Datenpakete mit einer maximalen Länge von 12 Bytes werden mit einer Datenrate von 600 Bit / s übertragen.

– Die jüngste der LPWAN-Technologien nennt sich MIOTY (oder „my IOT“). Hier können - wie bei LoRaWAN – private Netze aufgebaut werden, in denen – wie bei SIGFOX – Transceiver praktisch aller Hersteller verbunden werden können. Ein wesentlicher Vorteil der MIOTY-Technologie liegt in der höheren Übertragungsstabilität auch unter schwierigen und gestörten Kanalbedingungen. Dieser Vorteil wird jedoch gegenwärtig noch mit höheren Kosten für die Gateways erkauft. Allerdings arbeiten die MIOTY-Aktivisten hier intensiv an innovativen Lösungen. 

– Und erfreulicherweise sind ja auch die Innovatoren der Mobilkommunikationsbranche mit ihren zellularen Netzen wieder aufgewacht. 5 G steht in den Startlöchern – in Deutschland ja zum Glück auch mit der Zuweisung für private Campusnetze bei Frequenzen zwischen 3,7 und 3,8 GHz. Da der Ausbau in vielen Ländern noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird und sich zunächst auf die hochbitratigen Anwendungen rund um „Enhanced Mobile Broadband“ konzentrieren wird, scheint für die 4G-basierten Brückentechnologien LTE M und Narrowband IoT (NB-IoT) ein signifikantes Zeitfenster für die massive Machine Type Communication (mMTC) zu verbleiben. Ansätze für zuverlässige und sehr schnelle Anwendungen (Ultra-Reliable Low-Latency Communication URLLC) unter Nutzung auch dieser Brückentechnologien sind in der Vorbereitung.

Verschiedene Länder wie die Niederlande, die Schweiz haben flächendeckend ausgebaute LoRaWAN-Netze. Wie weit ist Deutschland in dieser Frage?
Deutschland ist insbesondere in Bezug auf LoRaWAN ein Flickenteppich. Erfreulich ist aber, dass viele – nicht nur städtische - Gebiete über LoRaWAN-Infrastrukturen verfügen. Die SIGFOX- und die NB-IoT-Abdeckungen sind landesweit schon recht gut entwickelt, wenn auch hier leider immer noch das „Funkloch Deutschland“ zum Vorschein kommt.

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