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Reporter ohne Grenzen begrüßt Einigung zu European Media Freedom Act

Worauf es jetzt noch ankommt

Ilja Braun - Referent Advocacy, Reporter ohne Grenzen Quelle: Manuel Kinzer Ilja Braun Referent Advocacy Reporter ohne Grenzen 24.01.2024
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Dipl.- Journ. Thomas Barthel
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Aus Sicht von Ilja Braun von Reporter ohne Grenzen enthält das Europäische Medienfreiheitsgesetz "zahlreiche Fortschritte für die Pressefreiheit in Europa". Die Gründe dafür zählt er im Interview detailliert auf. Außerdem begrüßt er den gefundenen Kompromiss zwischen Parlament, Rat und Kommission, dass "journalistische Quellen und vertrauliche Kommunikation mit Journalisten" effektiv geschützt sein müssen. Man werde jetzt genau hinschauen müssen, ob diese Regelungen tatsächlich auch in nationale Gesetzgebungen einfließen werden.







Die EU hat ein Medienfreiheitsgesetz auf den Weg gebracht - was halten Sie ganz grundsätzlich von so einem Regelwerk?
Reporter ohne Grenzen (RSF) begrüßt die Einigung, die zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union über den Europäischen Rechtsakt zur Medienfreiheit (European Media Freedom Act, EMFA) erzielt wurde. Der Text enthält zahlreiche Fortschritte für die Pressefreiheit in Europa.

RSF begrüßt insbesondere:

- das Recht der Bevölkerung, Zugang zu einer Vielzahl von redaktionell unabhängigen Medieninhalten zu erhalten und dafür einen rechtlichen Rahmen zu schaffen (Art. 3)

- die Festschreibung, dass öffentlich-rechtliche Medien „redaktionell und funktionell“ unabhängig sein und entsprechend finanziert sein müssen (Art. 5)

- die Vorgaben zur Transparenz von Medieneigentum, zu redaktioneller Unabhängigkeit und zur Offenlegung von Interessenkonflikten (Art. 6)

- die verbesserte Abstimmung der nationalen Medienaufsichtsbehörden über Maßnahmen gegenüber Mediendienste-Anbietern aus Drittstaaten, die Propaganda verbreiten (Art. 16)

- den verbesserten Schutz von Nachrichtenmedien vor willkürlichen Moderationsentscheidungen digitaler Plattformen (Art. 17)

- die Vorgabe, dass die Mitgliedstaaten die Auswirkungen von Regulierungs- oder Verwaltungsmaßnahmen auf redaktionelle Vielfalt und Unabhängigkeit berücksichtigen und sicherstellen müssen, dass solche Maßnahmen begründet, transparent, objektiv und nichtdiskriminierend sind (Art. 20)

- die neuen Vorgaben für das Medienkonzentrationsrecht, nach denen Zusammenschlüsse zukünftig nicht mehr nur im Hinblick auf ihre wettbewerbsrechtlichen Auswirkungen hin beurteilt werden müssen, sondern auch im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Medienvielfalt und die redaktionelle Unabhängigkeit (Art. 21)

- die Vorgabe, dass die Zuweisung staatlicher Werbemittel an Mediendienste-Anbieter nach transparenten, objektiven, verhältnismäßigen und nichtdiskriminierenden Verfahren erfolgen muss. (Art. 24)

RSF fordert Parlament und Rat auf, den Entwurf nun anzunehmen.

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Eine unabhängige Medienaufsichtsbehörde soll geschaffen werden. Was halten Sie davon?
Das neue European Board for Media Services ist ein Gremium, in dem die bereits bestehenden nationalen Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten sollen - so wie sie es bisher im Rahmen der ERGA (European Regulators Group for Audiovisual Media) auch schon taten, nur mit verbesserter Koordination und einigen neuen Kompetenzen. So soll das Board beispielsweise die Kommission beraten, wenn es um neue gesetzliche Regeln geht, die für Mediendiensteanbieter in Europa von Bedeutung sein könnten, wenn der Einfluss von Fusionen auf die Medienvielfalt eingeschätzt werden soll oder wenn Maßnahmen diskutiert werden, die sicherstellen sollen, dass Inhalte, die in besonderer Weise zur freien Meinungsbildung beitragen, auf digitalen Plattformen leicht auffindbar sind.

Es war bei den Verhandlungen zu der Richtlinie wichtig, die Unabhängigkeit des Board von der Kommission sicherzustellen. Das ist aus unserer Sicht gelungen. Wie erfolgreich das Gremium sein wird, wird nicht zuletzt davon abhängen, inwiefern die nationalen Medienaufsichtsbehörden sich bemühen, externe Expertise einzubinden, etwa auch die von Journalist*innen-Organisationen - gerade wenn es um Fragen geht, die nicht nur die audiovisuellen Medien, sondern auch den Bereich der gedruckten Presse betreffen.

Regelungen zum Quellenschutz sind aus dem ursprünglichen Entwurf gestrichen worden. Wie bewerten Sie das?
Der jetzt gefundene Kompromiss zwischen Parlament, Rat und Kommission sagt explizit und zu allererst, dass journalistische Quellen und vertrauliche Kommunikation mit Journalisten effektiv geschützt sein muss. Natürlich wird man bei nationaler Gesetzgebung genau hinschauen müssen, ob dem eigentlichen Ziel dieser Regelung auch tatsächlich Rechnung getragen wird.

Welche Änderungen und Konkretisierungen halten Sie nach der Einigung beim Trilog noch für nötig und möglich?
An dem Ergebnis der Trilogverhandlungen selbst sind wohl kaum noch größere Änderungen möglich. Doch auch wenn es sich beim European Media Freedom Act um eine Verordnung handelt, die unmittelbar gilt und nicht erst in nationales Recht umgesetzt werden muss, wird viel davon abhängen, wie die nationalen Medienaufsichtsbehörden sich in Zukunft untereinander abstimmen und auf welche gemeinsamen Positionen sie sich einigen.

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