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Interview12.06.2023

Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie werden verschlechtert

Was die Branche in Europa bräuchte

Dr. Ines Vancata - Generalsekretärin, FOPI - Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich Quelle: FOPI/ Roche/ T. Meyer Dr. Ines Vancata Generalsekretärin FOPI - Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich
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Dipl.- Journ. Nikola Marquardt
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"Es braucht politische Anreize und vor allem ein innovationsfreundliches wirtschaftspolitisches Umfeld", betont Dr. Ines Vancata vom Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich (FOPI) mit Blick auf die Rahmenbedingungen der Branche. Sie hat eine Reihe von Forderungen und Anregungen an die Politik.





In der Pandemie hat die europäische Pharmabranche ihre Innovationskraft bewiesen. Wie steht die Branche heute aus Ihrer Sicht ganz grundsätzlich da?
Die Arzneimittel-Innovationsbilanz des FOPI hat erst vor kurzem gezeigt, dass in den letzten zehn Jahren über 400 innovative Arzneimittel mit einem neuen Wirkstoff zugelassen werden konnten. 2022 wurde der langjährige Durchschnitt mit 54 neuen Medikamenten gegenüber dem Jahr davor sogar noch um ein Drittel überboten. Das ist ein klarer Beleg für die ungebrochen intensive Forschungsarbeit im medizinisch-pharmazeutischen Bereich.
Doch der jüngst vorgestellte Entwurf der EU-Arzneimittelgesetzgebung lässt befürchten, dass die geplanten Maßnahmen nicht nur massive Auswirkungen auf Forschung & Entwicklung von Innovationen, sondern auf die gesamte pharmazeutische Branche in Europa haben könnten. Die Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie werden in vielen Bereichen verschlechtert und schwächen den Standort Europa. Beschneidungen im Patentschutz sowie zeitliche Vorgaben für den uniformen Markteintritt ohne Berücksichtigungen lokaler Strukturen und Prozesse dienen nicht dem Vorhaben einer zukunftsgerichteten und innovationsfreundlichen und auch wettbewerbsfähigen Pharmastrategie – und dies ist auch nicht im Sinne der Bürger:innen Europas.

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Aufgrund wiederholt unterbrochener Lieferketten fordern Experten die Rückverlagerungen von Produktion. Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie dabei?
Eine Rückholung ist kein einfach umzusetzendes Vorhaben, da die pharmazeutische Industrie mit außerordentlich komplexen, international verzweigten und arbeitsteiligen Prozessen arbeitet. Singuläre Maßnahmen lösen Kettenreaktionen aus, die klug abgewogen und mitbedacht werden müssen. Eine Stärkung der europäischen Industrie befürworten wir aber selbstverständlich. Leider sehen wir diesen Willen nicht in aktuellen europäischen politischen Ideen abgebildet.

Wie lässt sich andererseits verhindern, dass Produktion künftig nach dem Auslaufen des Patentschutzes aus Europa abwandert?
Es braucht politische Anreize und vor allem ein innovationsfreundliches wirtschaftspolitisches Umfeld – das heißt, Rahmenbedingungen, die den Mehrwert heimischer Produktion für Patient:innen anerkennen und wertschätzen.

Was sind Ihre wichtigsten Forderungen an die Politik für Rahmenbedingungen für eine prosperierende hiesige Pharmabranche?
Technologisierung in der Pharmaindustrie: Künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen oder Big Data sind auch in der Pharmaindustrie Schlüsselfaktoren für Innovation. KI und maschinelles Lernen erleichtern und beschleunigen nicht nur die Suche nach neuen Wirkstoffen. Sie helfen auch, Neben- und Wechselwirkungen von bereits zugelassenen Arzneimitteln zu erfassen. So können große, für den menschlichen Verstand nicht greifbare Datenmengen innerhalb kürzester Zeit gefiltert, analysiert und verarbeitet werden. Das bringt uns der personalisierten und leistbaren Medizin in riesigen Schritten näher.
Kooperation: COVID-19 hat gezeigt, wie stark sich Kooperation auf die Innovationskraft auswirken kann: Es haben alle an einem Strang gezogen. In Zukunft werden alle Playerinnen und Player im Gesundheitsbereich genau so, also viel intensiver als früher, zusammenarbeiten müssen, um den Bedarf an innovativen Medikamenten zeitnah decken zu können. Denn die aktuellen, komplexen Herausforderungen im Gesundheitswesen sind nicht im Alleingang zu bewältigen. Dazu müssen wir Silodenken und Unternehmensgrenzen überwinden.
Patentschutz: Der Patentschutz ist eine wesentliche Voraussetzung, um Innovationen im Gesundheitsbereich voranzutreiben. Darüber hinaus ist er die Basis für Kooperation. Nur wenn Forschungseinrichtungen und Unternehmen sichergehen können, dass ihre Ideen und Technologien vor Nachahmerinnen und Nachahmern geschützt sind, werden sie sich auf Kooperationen einlassen und ihr Knowhow teilen.
Faire Preisgestaltung: Die Erforschung innovativer Therapien ist zeit- und kostenintensiv. In der öffentlichen Diskussion über die Preisgestaltung ist dieser Aspekt allerdings leider viel zu wenig präsent. Die Regelungen und deren Auslegung haben sich in den vergangenen Jahren in Österreich eindeutig verschlechtert. Dies kann zur Folge haben, dass nicht alle innovativen Medikamente den Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf, um auch im internationalen Vergleich nicht ins Hintertreffen zu geraten. Denn eine faire Preisgestaltung ist das Um und Auf, um Innovationen voranzutreiben und gleichzeitig leistbare Medikamente zur Verfügung stellen zu können.
Zugang zu Innovation: Innovation hat im Gesundheitsbereich keinen Selbstzweck, sondern relevante, teils lebenswichtige Auswirkungen auf die Menschen. Diese Auswirkungen können jedoch nur eintreten, wenn Innovationen auch tatsächlich bei den Patientinnen und Patienten ankommen. Sowohl die Pharmaindustrie als auch die Politik tragen eine Verantwortung, den Zugang zu innovativen Medikamenten zu gewährleisten.

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