Als eine Herausforderung beim Fachkräftemangel gilt die Diskrepanz zwischen vorhandenen Qualifikationen und dem Profil-Bedarf der Unternehmen – welche Anreize sollte die Politik setzen, um das zu lösen?
Für den deutschen Arbeitsmarkt ist künftig entscheidend, dass nicht nur zahlenmäßig mehr Fachkräfte zur Verfügung stehen, sondern diese Personen auch die Qualifikationen aufweisen, die gebraucht werden. Der Anteil der Personen ohne Berufsausbildung an der Gruppe der 20- bis 34-Jährigen lag zuletzt bei 17,8 Prozent und war damit deutlich zu hoch. Da sich hierunter auch einige Ausbildungsabbrecher befinden, sollten Ausbildungsbetriebe durch finanzielle Förderung und weitere Beratungs- bzw. Unterstützungsmaßnahmen dazu befähigt werden, die Zahl der Ausbildungsabbrüche zu reduzieren. Bei der vorherigen Berufsorientierung sollte jungen Menschen zudem bereits in der Schule realistisch vermittelt werden, welche Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt mit der Wahl eines bestimmten Berufes verbunden sind.
Unternehmen sollte es außerdem erleichtert werden, Fachkräfte mit der erforderlichen Qualifikation aus anderen Regionen Deutschlands oder aus dem Ausland für sich zu gewinnen, wenn sie in ihrer Region keine geeigneten Mitarbeiter finden. Dazu gehören neben Visa-Erleichterungen für ausländische Fachkräfte und vereinfachten Verwaltungsprozessen auch bezahlbarer Wohnraum, Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und ein dem Bedarf entsprechend ausgebauter öffentlicher Personennahverkehr.
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Wie können auch Menschen ohne Berufsausbildung für die Anforderungen der Arbeitswelt von morgen fit gemacht werden?
Durch technologische und gesellschaftliche Entwicklungen befindet sich die Arbeitswelt in einem stetigen Wandel. Insbesondere die Digitalisierung und ihre Anwendungen wie Künstliche Intelligenz verändern ganze Tätigkeits- und Anforderungsprofile. Die Halbwertszeit des Wissens ist dadurch gesunken. Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen eine Kultur des lebenslangen Lernens etablieren und ihre Beschäftigten dazu ermuntern und dabei unterstützen, sich regelmäßig fort- und weiterzubilden. Dies gilt nicht nur für Fachkräfte und Akademiker, sondern auch für ungelernte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bei Menschen ohne Berufsausbildung geht es darum, sie zu befähigen, den formalen Berufsabschluss nachzuholen und mögliche Hürden auf dem Weg dorthin gemeinsam zu beseitigen.
Manche ausländischen Abschlüsse müssen in hiesigen Standards überführt werden – welche Instrumente sollte die Politik dafür schaffen?
Wenn internationale Fachkräfte nach Deutschland kommen, ist allerdings eine Überprüfung erforderlich, ob ihre beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse mit denen der hiesigen Fachkräfte in einem Beruf übereinstimmen.
Arbeitgeber sollten insgesamt mehr Eigenverantwortung erhalten, wenn es um die Frage geht, ob eine ausländische Fachkraft für eine Tätigkeit im eigenen Betrieb geeignet ist. Handwerksbetriebe etwa können sich durch einen Probearbeitstag oder ein Praktikum recht schnell ein Bild davon machen, ob die Person die notwendigen fachlichen und auch sozialen Kompetenzen mitbringt. Es ist daher sinnvoll, dass die Bundesregierung mit der Reform des Gesetzes zur Fachkräfteeinwanderung eine Anerkennungspartnerschaft eingeführt hat, die es vorqualifizierten Personen aus Staaten außerhalb der Europäischen Union ermöglicht, in Deutschland in ihrem Beruf zu arbeiten, bevor das Anerkennungsverfahren ihrer Qualifikation abgeschlossen ist. Die Berufsbilder und damit auch die Anforderungen, die an Fachkräfte in einem bestimmten Beruf gestellt werden, können sich in anderen Ländern auch von denen hierzulande unterscheiden. Daher sollte es grundsätzlich auch darum gehen, zu prüfen, welche Fähigkeiten eine Fachkraft für eine bestimmte Tätigkeit zwingend mitbringen muss und welche Kenntnisse weniger relevant sind.
Wie können digitale Lösungen bei der beruflichen Qualifikation und Weiterbildung gegen den Fachkräftemangel leisten?
Die Digitalisierung verändert neben Tätigkeits- und Anforderungsprofilen der Beschäftigten auch Arbeitsabläufe und Produktionsprozesse in Unternehmen. Digitale Lösungen eröffnen gleichzeitig aber auch neue Möglichkeiten, sich individuell und zeitlich flexibel weiterzubilden. Da Mitarbeiter durch digitale Tools von jedem Ort aus und zu jeder Zeit lernen können, ermöglicht ihnen dies die Fort- und Weiterbildung neben der Arbeit und erleichtert es, dies mit den beruflichen und privaten Verpflichtungen in Einklang zu bringen. Da dank digitaler Tools bei innerbetrieblichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen nicht mehr alle Lerninhalte durch einen Ausbilder vermittelt werden müssen, sind außerdem nicht mehr so viele personelle Kapazitäten notwendig.
Virtual Reality- bzw. Augmented Reality-Anwendungen können außerdem dabei helfen, die Sicherheit in der Aus- und Weiterbildung zu erhöhen und Schäden zu vermeiden, da bestimmte Abläufe und Handgriffe zunächst geübt werden können, ohne dass ein Mechaniker zum Beispiel tatsächlich auf eine Windenergieanlage steigen muss.
Insgesamt prägt die Digitalisierung die Arbeitswelt bereits heute und wird sie auch künftig weiter verändern. Daher tragen auch die Nutzung und Auseinandersetzung mit digitalen Lösungen im Rahmen der Aus- und Weiterbildung unabhängig von den Lerninhalten dazu bei, dass Beschäftigte für die Arbeitswelt notwendige Fähigkeiten erlangen.