Mit dem Plan S wollen verschiedene europäische Forschungsförderer den Open-Access-Ansatz für die Veröffentlichung öffentlich geförderte Forschungsergebnisse forcieren – wie bewerten Sie den Vorstoß?
Der Vorstoß bringt Bewegung in die „Open Access“-Debatte, das ist gut. Die Erkenntnisse mit Steuergeldern finanzierter Forschung sollen der Allgemeinheit frei zugänglich sein. Bestehende Open Access-Pflichten – wie beispielsweise im Rahmen des Förderprogramms ERC Horizon 2020 – sollten ausgebaut und praxisnah gestaltet werden.
Der Plan S fordert unter anderem, die Publikationsgebühren zu deckeln. In welcher Form und Höhe sollte das aus Ihrer Sicht erfolgen?
Eine Deckelung ist sinnvoll, um Wucherpreisen vorzubeugen. Der von der DFG vorgegebene Höchstbetrag von 2000,- Euro je Artikel scheint mir realistisch. Die Höhe sollte regelmäßig auf Praxistauglichkeit überprüft werden, um europäische Wissenschaftler/innen nicht von internationalen Top-Journals auszuschließen.
Da es von der Einreichung eines Manuskripts und bis zur finalen Veröffentlichung immer wieder zu Verzögerungen kommt, sollten beantragte Publikationsmittel auch ein bis zwei Jahre nach Ende der Projektlaufzeit noch genutzt werden können. Das ist bei ERC 2020 Horizon bisher nicht der Fall.
Der Plan lehnt auch sogenannte Hybrid-Modelle ab, bei denen kostenpflichtige Publikationen einzelne Arbeiten freigeben – was bedeutet das für den Markt der Wissenschafts-Publikationen?
Der Ausschluss von Hybrid-Modellen kann dazu führen, dass mehr Verlage vollständig auf Open Access umstellen. Vor allem Top-Journals werden damit aber zurückhaltend sein. Europäische Forscher/innen brauchen einen Zugang zu diesen Fachzeitschriften. Eine freie Veröffentlichung in Hybrid-Journals sollte also weiterhin möglich sein. Deutsche oder europäische Open Access-Vorgaben dürfen nicht zum Standortnachteil im Wettbewerb um die besten Wissenschaftler/innen werden.
Kritiker wenden ein, dass Verlage im Falle einer Open-Access-Pflicht die Qualitätsprüfungen nicht mehr in gleichem Umfang ausführen könnten – wie sehen Sie das?
Die Verlage übernehmen mit der Koordination des Publikationsprozesses, Designarbeiten und der Verbreitung wissenschaftlicher Publikationen einen wichtigen Beitrag. Die inhaltliche Qualitätsprüfung leisten aber Wissenschaftler, nicht die Verlage. Als Gutachter arbeiten sie in aller Regel ehrenamtlich und erhalten von den Verlagen keine Vergütung. Auch Facheditoren der Verlage sind zumeist an öffentlichen Universitäten angestellte Forscher/innen. Das Argument trägt also nicht.
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