Nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) sollen ab 2022 Verwaltungsleistungen über digitale Verwaltungsportale angeboten werden - wie weit sind die Verwaltungen auf dem Weg dahin?
Die Umsetzung des OZG bis 2022 ist sicherlich ein sehr ambitioniertes Ziel. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass wir noch nicht ganz da sind, wo wir heute vielleicht schon stehen sollten. Um sich dem Ziel noch weiter annähern zu können, müssen größere Schritte gewagt werden – dies gilt für Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen. Hier bedarf es insbesondere einer engen Absprache bzw. einer guten Zusammenarbeit untereinander, der Föderalismus macht dies an manchen Stellen nicht immer einfacher. Konkret sollten unseres Erachtens beispielsweise die Einsatzmöglichkeiten des Personalausweises überall gleichermaßen gewährleistet werden. Zu einer erfolgreichen Umsetzung des OZG gehört auch die Ermöglichung des „Once-Only“-Prinzips sowie gegebene europäische Standards mit einzubeziehen, etwa die eIDAS-Verordnung oder die „Single Digital Gateway“-Verordnung. Aber ich sehe das optimistisch: Die Verwaltungen sind auf einem guten Weg, jetzt gilt es weiter dran zu bleiben und das Ziel auch bei eventuellen Rückschlägen nicht aus den Augen zu verlieren.
JETZT HERUNTERLADEN
DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE
DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
Welchen Schub hat die Corona-Krise der Digitalisierung in Verwaltungen gegeben und wie nachhaltig ist dieser ggf.?
Die Corona-Krise hat drei Dinge offenbart: Zum ersten hat sie deutlich gezeigt, auf welchem Stand wir uns in Deutschland beim Thema Digitalisierung der Verwaltung befinden. Der plötzlich gestiegene Bedarf an digitaler Authentifizierung und digitalen Dienstleistungen sowie Home-Office-Lösungen für Behörden-Mitarbeiter hat uns vor Augen geführt, dass noch einiges getan werden muss. Insbesondere im Bereich der sicheren digitalen Identitäten. So kam beispielsweise im Nachgang heraus, dass bei der Beantragung staatlicher Hilfen mithilfe von betrügerischen Phishing-Webseiten, auf denen sich Unternehmer eingetragen haben, Fördergelder an Unbefugte umgeleitet wurden. So etwas darf nicht passieren. Das verdeutlicht: Ohne sicherere digitale Identitäten gibt es keine sichere und nachhaltige Digitalisierung! Zum Zweiten hat sie aber auch gezeigt, was wir bereits in der Lage sind zu leisten, wenn es darauf ankommt. Die schnelle Entwicklung der Corona-App ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass das Potenzial und die Fähigkeiten hierzulande vorhanden sind.
Wir müssen nur mutig genug sein, sie auch zu nutzen! Wenn alle an einem Strang ziehen und transparent kommuniziert wird, können wir viel schaffen und sogar zum Vorbild für andere Länder werden – und das auch in kürzester Zeit. Zum Dritten hat die Corona-Krise nochmals bestätigt, wie abhängig wir von internationalen IT-und Telekommunikationsanbietern sind. Wir können der Digitalisierung in den Verwaltungen nur dann nachhaltig einen Schub geben, wenn wir die digitale Souveränität Deutschlands und Europas stärken.
Als größtes Hindernis für eine weitere Digitalisierung der Verwaltung gelten nach einer neuen Studie Medienbrüche und Schnittstellenprobleme. Wie können diese aus Ihrer Sicht über die verschiedenen Verwaltungsstufen in einem föderal organisierten Land überwunden werden?
Auch hier ist wichtig, die vorhandenen Angebote und Möglichkeiten etwa von elektronischen Signaturen, Siegeln und Zertifikaten – die ja bereits von ETSI und CEN standardisiert wurden – tatsächlich wahrzunehmen. Es gibt bereits viele Lösungen mit denen Medienbrüche und Schnittstellenprobleme vermieden werden können. Häufig stehender breiten Anwendung jedoch bürokratische Vorgaben im Weg. Hier braucht es einheitliche Standards und Vorgaben. Klar ist: Verwaltungsdigitalisierung gelingt nicht, wenn Dokumente lediglich in ein PDF umgewandelt werden, die man trotzdem noch ausdrucken, unterschreiben und wieder einscannen muss. Wir brauchen ganzheitliche Prozesse. Ich denke da beispielsweise an eine sichere und einfach einsetzbare elektronische Signatur für jede Person, mit der man sich einwandfrei identifizieren kann.
Die Verwaltungsmitarbeiter gelten als Schlüssel bei der digitalen Transformation - wie sollten die Mitarbeiter auf diesem Weg begleitet werden?
Wir befinden uns mitten in einem Kulturwandel der Gesellschaft und der Verwaltung. Es ist toll, dass es bereits viele Vorreiter unter und in den Behörden gibt, aber jetzt geht es darum, auch alle anderen mitzunehmen und das Thema in die Breite zu bringen. Das kann etwa mit speziellen Begleit- und Förderangeboten sowie Schulungen gelingen. Mitarbeiter müssen dabei unterstützt werden, die Vorteile der Digitalisierung zu erkennen und für sich zu nutzen. Dabei gilt: Berechtigte Ängste müssen unbedingt ernst genommen und berücksichtigt werden. Nur dann können alle Mitarbeiter den notwendigen Wandel mittragen.
Antonia Maas - Vorstandsvorsitzende, Verband Sichere Digitale Identität e.V.