Über ein sogenanntes „LoRaWAN“-Netz können Sensoren-Daten über große Strecken übertragen werden. Für welche Anwendungen eignet sich die Technologie besonders?
Geringe Bandbreite ermöglicht Funk über weite Strecken mit wenig Energie. Ideal für Sensoren, die nur ein paar Zahlen senden wie Temperatur, Wasser- oder Zählerstände. „Weit“ ist gut für „outdoor“-Daten wie Parkplatzbelegung, Feinstaublast, Tracking von Nutztieren und ähnliches, da man weniger Gateways (im Mobilfunksprech: Basisstationen) braucht. Gut für intelligente Städte und Landwirtschaft. Einigermaßen gute Gebäudedurchdringung macht auch „deep indoor“ möglich, also Funken bis in den Keller. Gut für intelligente Gebäude.
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Welche Bedeutung hat die Technologie ganz grundsätzlich für das Internet der Dinge?
IoT braucht individuelle Adressierung von Sensoren und Aktoren und Datenübertragung. Beides geht mit vielen Technologien. Bei Myriaden von IoT-Geräten sind der Preis pro Sensor/Aktor und die Betriebskosten entscheidend. Funk spart Installationskosten. Wer will 400,-€ für die Verkabelung eines 20,- €-Sensors ausgeben, besonders wenn er viele davon hat? Geringer Energieverbrauch erhöht die Lebensdauer von Batterien und spart Personal für den Batteriewechsel oder ermöglicht autarke Energieversorgung, z.B. mit Solarzelle.
Zu LoRaWAN gibt es verschiedene Alternativen. Was ist der Vorteil von LoRaWAN gegenüber diesen?
Das muss man im konkreten Einzelfall prüfen. Wo Reichweiten nicht alles sind, steht LoRaWAN in Konkurrenz zu üblichen Smart-Home-Protokollen. Zigbee, BLE oder WiFi haben wegen der höheren Frequenz schlechtere Gebäudedurchdringung. Z-Wave, BidCos oder Enocean arbeiten im gleichen Frequenzbereich wie LoRa aber mit geringerer Reichweite, was im Einzelfall gut oder schlecht sein kann. Einige Smart-Home-Funknetze, auch LoRa (ohne das LoRaWAN-Netzwerkprotokoll) beherrschen multi-hop-mesh-Netzwerke, was deep-indoor sehr nützlich sein kann. LoraWAN sieht das nicht vor. Hinsichtlich des Angebotes benutzungsfertiger Sensoren und Aktoren ist der klassische Smart-Home-Bereich bisher voraus. Gut, wenn die eigene Anwendung mit genau diesen Komponenten realisierbar ist. Für LoRaWAN gibt es dagegen am Markt reichlich Basiskomponenten wie Funk-Boards, die sich in eigene Sensorik gut integrieren lassen.
Konkurrierende Techniken aus dem Bereich des Mobilfunks (GSM, NB IoT, LTE/M, ...) nutzen Mobilfunknetze. Das kann nützlich sein, weil „Netz“ dort als rundum-Sorglos-Paket angeboten wird und mehr Downlinks (zum Aktor hin) möglich sind. Ob die Mobilfunkprovider aber wegen ein paar kByte Daten im Jahr eine Basisstation dort aufstellen, wo der Nutzer besseres Netz wünscht, dürfte eher fraglich sein. LoRaWAN-Connectivity kann man sich selbst verschaffen, LoRaWAN ist aber in der Anzahl möglicher Downlinks begrenzt.
Verschiedene Länder wie die Niederlande, die Schweiz haben flächendeckend ausgebaute LoRaWAN-Netze. Wie weit ist Deutschland in dieser Frage?
Nicht die Länder haben solche Netze. Vielmehr gibt es dort Anbieter, die solche aufgebaut haben. In vielen Ländern sind das die Mobilfunkanbieter mit kostenpflichtig öffentlich zugänglichen Netzen. In Deutschland bieten die Mobilfunkunker kein LoRaWAN an. Es gibt allerdings eine Reihe von Unternehmen, die ihren Kunden private LoRaWAN-Netze dort aufbauen, wo sie bestellt werden. Öffentlich zugänglich sind diese dann aber meist nicht.
Ein Sonderfall ist das weltweite Community-Netz TheThingsNetwork (TTN). Das ist ein nichtkommerzielles LoRaWAN-Netzwerk mit aktuell weltweit fast 14.000 aktiven Gateways, davon rund die Hälfte in der EU und rund 2.400 in Deutschland. TTN kann jedermann im Rahmen einer (mir absolut ausreichenden) fair use policy kostenlos nutzen und durch Aufstellen weiterer offener LoRaWAN-Gateways erweitern. Indoor-Gateways sind ab rund 100,- im Handel. Um Erlaubnis fragen oder gar in einen Verein eintreten muss man nicht. Im Gegensatz zum Netz sind die Daten nicht offen, sondern zwischen Sensor/Aktor und nutzereigener Anwendung End-zu-End AES-verschlüsselt. Mit TTN kann man sich da LoRaWAN selbst verschaffen, wo man es braucht. Die zentralen Netzwerkserver stehen in den Niederlanden, wo die Initiative auch ihren Ursprung hat. Die Gründer betreiben außerdem ein kommerzielles Unternehmen, das für Kunden private LoRaWAN-Netze baut und in deren Unternehmens-IT integriert. TTN-Communities existieren in praktisch jeder größeren deutschen Stadt, einige sogar mit Unterstützung der jeweiligen Städte und Gemeinden, der lokalen Energieversorger oder der lokalen Wirtschaft. Die Berliner Community mit rund 150 Mitgliedern und rund 150 aktiven Gateways besteht ungefähr zu je einem Drittel aus Aktivisten, die sich für freie Netzwerke einsetzen, aus Akteuren aus dem Bildungsbereich, von Schüler-Bildung bis Hochschule, sowie aus Unternehmen und freien Entwicklern, die das Community-Netz zum Entwickeln und Testen erster Anwendungen nutzen.