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NFT redefiniert das Verständnis von Galeristen und Kuratoren

Was eine neue Technologie für die Kunst bringen kann - und was nicht

Anna Maria Loffredo - Changemaker in Arts & Education Quelle: privat Anna Maria Loffredo Changemaker in Arts & Education Frei 06.10.2021
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Langfristig werden vermutlich zwei große Märkte oder mehrere Teilmärkte entstehen", vermutet Anna Maria Loffredo mit Blick auf den Hype um NFT-zertifizierte Kunstwerke. Sie hat für ihre Foto- und Multimedia-Arbeiten mehrere Preise bekommen und auch als Kunstdidaktikerin gelehrt.







NFT-zertifizierte digitale Werke erzielen zum Teil Millionen-Erlöse. Inwieweit können solche NFT-Zertifikate dem Kunstmarkt eine digitale Zukunft geben?
Der Kunstmarkt interessiert mich gar nicht, wenn ich mich mit Kunst auseinandersetze. Zielt die Frage darauf ab, wie die Original- bzw. Copy-Paste-Problematik zu klären ist? Hängt es am Zertifikat allein, ob es gut gemacht ist, sich stringent begründet und Kohärenz stiftet? Dann ist noch die Frage, welcher Kunstmarkt gemeint ist? Denn es gibt ja einen  traditionellen Kunstmarkt und eben die NFT-Marketplaces. Nun gab es erste Vermischungen, dass bislang konventionell agierende Kunsthändler entweder NFTs und/oder eigene Marketplaces gründen, mal mit besserem Erfolg, mal mit dürftiger Souveränität. Es wurden bereits analoge Gemälde aus renommierten Museen als NFT vermarktet. Nochmal: Für bestimmte Personengruppen, ist es unerheblich, zu welchem Geldwert ein Werk wann wo wie gehandelt wird, weil es um das Werk geht. Und nur weil alles derzeit möglich scheint, heißt das nicht, dass es angeraten ist, auch alles davon zu nutzen, Stichwort: Wann verheizt man eigentlich ein Werk? Langfristig werden vermutlich zwei große Märkte oder mehrere Teilmärkte entstehen, so mein Eindruck, weil allein die Expertisen im Kauf und Verkauf auch recht unterschiedlichen Anforderungen genügen müssen. Grundsätzlich finde ich gut, wenn eingeschliffene Systeme mal ordentlich durchgerüttelt werden. Dann beginnt man sich neu aufzustellen und was das am Ende wird, können wir alle noch gar nicht absehen.

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Befürworter halten der Technologie zugute, dass sie die Künstler unabhängiger von den großen Netzplattformen machen können – wie sehen Sie das?
Grundsätzlich ist das richtig, dass in Anlehnung an die Participatory Culture auch im NFT-Feld ein niederschwelliger Zugang für Künstler möglich ist, ähnlich wie bei ebay alle mit einem Wifi-Zugang und einer Hardware einfach ihren Drop setzen können. Dies setzt gegenwärtig noch komplexe Kenntnisse als Einzelperson oder sehr gute Vernetzungen mit weiteren Akteuren voraus. Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass sich bestimmte Plattformen für NFT-Handel als Infrastruktur durchsetzen werden. Das sind schlicht systemische Automatismen. Wer weiß heute, welche Synergien entstehen werden, man schaue sich einfach die Shop-Option auf Instagram an … NFT redefiniert sicherlich das Verständnis von Galeristen und Kuratoren, die auch im Metaverse selektieren und eine Agenda entwerfen. Dann könnte sich der inklusive, partizipative Zug von NFT Art recht schnell verflüchtigen. Gleichwohl zeigt die Auswahl durch einen Galeristen auch ein Gütekriterium an. Mal schauen!

Kritiker wenden ein, dass sich auch die „Einzelstücke" einfach digital reproduzieren lassen. Welchen Sinn haben NFT-Zertifikate angesichts dessen?
Ob ein Zertifikat die Echtheit, das Einzigartige, das Unverwechselbare sicherstellt, ist nur für einen kleinen Teil von Menschen von Bedeutung, zumal wir doch wissen, wie einfach die Kunstwerke weiterhin vervielfacht werden können. Treten wir einmal aus dem NFT-Feld heraus und schauen uns andere Phänomene wie den Markt von sog. Sneakerheads an. Dort werden auch Turnschuhe getradet, die nicht einzigartig, höchstens limitiert sind, weil ein emotionaler Wert, eine Attitude, eine Kennerschaft, ein Fun-Faktor, ein Zeitgeist usw. daran geknüpft sind, somit eine Kaufs- und Verkaufsentscheidung komplexer als allein am Zertifikat orientiert von statten gehen wird. Es existiert ein kompletter Markt nur für Fake-Marken-Produkte. Wie kann man das erklären? Nur, weil man sich eine „echte“ Birkin nicht leisten kann – ich bin mir da nicht sicher. Die Millionen-Erlöse richten nur gerade sehr viel Aufmerksamkeit auf den NFT-Markt, von dessen Kuchen alle ein Stück abhaben wollen. Ob das Werk an sich aber einen „Wert“ repräsentiert, wird auf einer anderen Ebene verhandelt.

Inzwischen sind auch herkömmliche Auktionshäuser in das Geschäft mit NFT-zertifitzierten Unikaten eingestiegen – kann sich die Technologie auch außerhalb der digitalen Sphäre dauerhaft etablieren?
Neben dem Aspekt, Pfründe zu sichern und das eigene Geschäftsmodell mit Blick auf diese unfassbaren Wertsteigerungen anzupassen, ist der Aspekt von Credibility bei Auktionshäusern nicht zu vernachlässigen. Das erfordert eine Positionierung, was man – nicht – will und auch – nicht – leisten kann. Was NFT Art alles zu kreieren vermag, ist jetzt nur im Ansatz zu erspähen. Das wird eher noch interessant, welchen Einfluss es auf Synergien mit anderen Feldern wie in den Darstellenden Künsten, in der Mode oder in der Architektur usw. haben wird. Das ist erst der Anfang einer vielversprechenden Entwicklung, ja mit all ihren Vor- und Nachteilen!

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