NFT-zertifizierte digitale Werke erzielen zum Teil Millionen-Erlöse. Inwieweit können solche NFT-Zertifikate dem Kunstmarkt eine digitale Zukunft geben?
NFTs kann man als eine Art digitale Zweitnutzung von analogen Kunstwerken ansehen. Vergleichbar sind sie mit limitierten Kopien oder Sonderdrucken von Originalen. Insofern öffnet sich damit dem Kunstmarkt eine digitale Zukunft. Zukünftig muss aber über zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten der NFTS nachgedacht werden. Die alleinige Aufbewahrung eines NFT im Wallet des Besitzers ist sicher nicht ausreichend. Ob Tauschportale oder Sammelhefte, wie sie aktuell im Sportsektor getestet werden ausreichen ist fraglich. Ich bin aber sicher, dass die neue NFT-basierte Geschäftsmodelle entwickeln werden.
JETZT HERUNTERLADEN
DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE
DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
Befürworter halten der Technologie zugute, dass sie die Künstler unabhängiger von den großen Netzplattformen machen können – wie sehen Sie das?
Einerseits werden NFT in dezentral organisierten Blockchain- oder DLT-Netzwerken registrierte und verwaltet. Die Nutzung dieser Netzwerke erfordert jedoch einen entsprechenden Benutzerzugang. Daher erleben wir, wie große Plattformen wie opensea.io oder andere Dienste zur Erstellung, Verwaltung, Verkauf und Tausch von NFTs anbieten. D.h. auf den dezentralen Netzwerken etablieren sich Plattform die Künstlern und Käufern überhaupt erst den Zugang zu NFTs ermöglichen. Gleiches gilt auch für Auktionshäuser. Ohne Christies hätte Beeple sein Werk nicht so werbewirksam verkaufen können. Gleichzeitig liefert Christies aber auch eine Art Authentizitätsnachweis, indem auf der Webseite die Walletadresse, die Token-Id und die Adresse des Smartcontracts veröffentlicht werden, mit der NFT erzeugt wurde. Ich sehe hier eher eine Symbiose zwischen der dezentralen Infrastruktur und den Plattformanbietern, die auf diesen Netzwerken neue Geschäftsmodelle entwickeln.
Kritiker wenden ein, dass sich auch die "Einzelstücke" einfach digital reproduzieren lassen. Welchen Sinn haben NFT-Zertifikate angesichts dessen?
Die Reproduktionsdiskussion ist nicht neu und wurde bereits 1936 von Walter Benjamin thematisiert: "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit". NFTs bieten keinen Kopierschutz und fast alle Versuche digitale Kunst per Kopierschutz (DRM) zu schützen, scheitern an der Kreativität Anderer diesen zu umgehen. Mit der Idee digitale Kunst per NFT wieder eineindeutig identifizierbar und als Token besitzbar zu machen, wird ein neuer Weg zur Monetarisierung von Kunst geschaffen, ohne deren Nutzung zu beschränken.
Es ist daher wichtig zu verstehen, dass man mit einem NFT weder das Kunstwerk selbst, noch ein Eigentum an diesem Kunstwerk erwirbt. Alles was man erwirbt, ist das Eigentum an dem NFT, der wiederum eindeutig über ein kryptografischer Verlinkung mit dem Werk und über die in der Blockchain verankerte digitale Identität (Wallet-Adresse des Künstlers) mit dem Urheber verbunden ist.
Jeder, der sich mit der grundlegenden Technik auskennt, kann zu einem digitalen Kunstwerk einfach einen neuen NFT erzeugen. So ist es kein Problem einen weiteren NFT für Beeples Bild "Everydays: The First 5000 Days" sogar mit dem gleichen Smart Contract zu erzeugen. Dieser hätte dann beispielsweise die ID 47111. Allerdings wäre dieser mehr oder weniger wertlos. Das "originale" Token mit den ID 47013 erhält seinen Wert aus der Tatsache, dass es als das originale Token auf der Webseite von Christies bekannt gemacht wurde und die erste Eigentümeradresse in dem Smart Contract die Walletadresse von Beeple ist. Wir oben schon angesprochen, liefern Auktionshäuser damit eine notwendige Art der Beglaubigung für die NFTs.
Inzwischen sind auch herkömmliche Auktionshäuser in das Geschäft mit NFT-zertifitzierten Unikaten eingestiegen – kann sich die Technologie auch außerhalb der digitalen Sphäre dauerhaft etablieren?
NFTs spielen hauptsächlichen im digitalen Raum eine Rolle, da sie dazu dienen digitale Assets wie digitale Kunstwerke oder auch Filmsequenzen von Sportereignissen o.ä. zu tokenisieren, d.h. digital eindeutig identifizierbar abzubilden. Sie können jedoch auch dazu dienen, den analogen Raum mit dem digitalen zu verbinden, in dem auch analoge Kunstwerke als NFT registriert und dann für digitale Geschäftsmodelle nutzbar werden. Der Verkauf von Michelangelos "Doni Tondo" als NFT durch die Uffizien ist ein Beispiel dafür.