Ihr Bundesland hat eine eigene Wasserstoff-Strategie für Nutzfahrzeuge auf den Weg gebracht. Was sind die wichtigsten Schwerpunkte für die nächsten Jahre?
Rheinland-Pfalz ist ein bedeutender Standort der Nutzfahrzeugindustrie in Deutschland. Viele Innovationen auch für die Fahrzeugindustrie kommen aus der Branche. Mit unserer „Wasserstoffstrategie für Nutzfahrzeuge“ stärken wir den Standort und ebnen neuen Technologien den Weg. Unsere „Wasserstoffstrategie für Nutzfahrzeuge“ besteht aus einem Drei-Säulen-Konzept:
1. Etablierung eines Netzwerks „Wasserstoff für Nutzfahrtzeuge“.
2. Investitionen in Forschung und Entwicklung für Wasserstoff in Rheinland-Pfalz.
3. Technologieoffene Ausgestaltung der CO2-Regulatorik für Nutzfahrzeuge in der EU erwirken
Die erste Säule, das Netzwerk, wird unter dem Dach des Commercial Vehicle Cluster (CVC) betrieben. Wir haben in Rheinland-Pfalz eine Vielzahl von Unternehmen, die sich mit der Wasserstoffnutzung beschäftigen. Das Thema ist technisch und ökonomisch komplex, der Bedarf an Austausch sowie Vernetzung von Unternehmen mit der Wissenschaft ist groß. Mit dem Netzwerk fördern wir den Wissenstransfer und initiieren Projekte. Hier bringen wir die OEM, die Vielzahl der KMU aus der breiten Zulieferkette sowie die relevanten Akteure aus Forschungs- und Entwicklung zusammen.
In der zweiten Säule finanzieren wir die Errichtung eines Motorenprüfstands zur Direktverbrennung von Wasserstoff an der TU-Kaiserslautern. Diese Technologie bietet die Möglichkeit, spezielle Einsatzszenarien von Nutzfahrzeugen und Arbeitsmaschinen faktisch CO2-frei und zu wesentlich niedrigeren Kosten zu ermöglichen, als es beim Einsatz von Brennstoffzellen möglich ist. Das gilt insbesondere im Hinblick auf Allrad getriebene Baustellenfahrzeuge, den UNIMOG oder auch schwere Baumaschinen, die in sehr kurzer Zeit sehr hohe Leistungen abrufen. Hier stößt die Brennstoffzelle an ihre technischen Grenzen.
Was die dritte Säule anbetrifft, so wollen wir uns aktiv in den Review-Prozess im Bereich der Regulierung der CO2-Emissionen im Bereich der Nutzfahrzeuge auf europäischer Ebene einbringen. Wasserstoff in der Direktverbrennung sowie synthetische Kraftstoffe erhalten in der aktuellen Regulierung keine Gutschriften im Zuge der Flottenanrechnung. Wir wollen erreichen, dass diese Treibstoffe ebenfalls Gutschriften erhalten, damit am Markt für diese CO2-armen beziehungsweise CO2-freien Technologien ebenfalls entsprechende Anreize gesetzt werden.
Die EU-Vorgaben zur CO2-Reduktion setzten derzeit bei schweren Nutzfahrzeugen allein auf batterieelektrische Antriebe, worunter auch die Brennstoffzelle fällt. Ich möchte gemeinsam mit den Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Brüssel eine größere Technologieoffenheit erreichen. Die CO2-arme bzw. CO2-freie Nutzung von Wasserstoff sollte unbedingt als Beitrag zum Klimaschutz anerkannt werden.
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Summary für Ihr Top-Management
Auf Bundesebene sollen Förder-Milliarden Deutschland zur führenden Wasserstoffnation machen. Wie bewerten Sie die nationale Wasserstoff-Strategie?
Die Bundesregierung hat sich sehr viel Zeit gelassen. Es ist gut, dass die Strategie endlich vorliegt. Was aber zügig kommen muss, ist die Umsetzung. Viele Unternehmen stehen in den Startlöchern und möchten lieber heute als morgen neue Technologien entwickeln und nutzen. Dafür benötigen Sie aber einen klaren Rechts- und Förderrahmen.
Insbesondere im Verkehrssektor könnte Wasserstoff eine wichtige Rolle spielen - in welchem Verhältnis stehen Wasserstoff-Technologien in diesem Bereich zur batteriebasierten Elektromobilität?
Batterieelektrische Systeme werden ihre Stärken insbesondere bei Verkehren im urbanen Raum speziell im Bereich des PKW ausspielen. Die Batteriepreise sowie die Reichweite werden sich in diesem Bereich in den nächsten Jahre weiterentwickeln, so dass private Nutzer zunehmend ihre individuelle Mobilitäts- bzw. Antriebslösung finden werden. Die Brennstoffzelle wird ihre Stärken im Bereich der LKW vor allem auf längeren Strecken im Güterverkehr ausspielen können.
Bei der Erzeugung von Wasserstoff können auch fossile Rohstoffe zum Einsatz kommen - wie "sauber" ist Wasserstoff-Energie angesichts dessen?
Im Grundsatz ist es richtig, dass wir uns langfristig auf „grünen Wasserstoff“ ausrichten. Aber gerade in der Übergangszeit benötigen wir Spielräume, damit wir schnell über ausreichend Wasserstoff verfügen und neue Technologien auch in die Anwendung bringen können. Dies gilt gleichermaßen für den Verkehrssektor wie für die industrielle Produktion. Wenn wir zum Beispiel in der chemischen Industrie maßgebliche Prozesse auf Wasserstoff umstellen wollen, dann wird dies in den nächsten Jahren hinsichtlich des Bedarf und der Kosten nur mit „türkisem Wasserstoff“, also der Methanpyrolyse, möglich sein. An dieser Stelle wünsche ich mir in der nationalen Wasserstoffstrategie für diese mittelfristige Perspektive mehr Offenheit.