Das „Deutsche Elektronische Melde- und Informationssystem für den Infektionsschutz" (DEMIS) soll bis Ende 2022 allen Gesundheitsbehörden in Bund und Ländern zur Verfügung stehen. Wie sind die Gesundheitsämter in den Landkreisen nach Ihrer Einschätzung in der digitalen Transformation heute aufgestellt?
Mit dem Deutschen Elektronischen Melde- und Informationssystem für den Infektionsschutz (DEMIS) wird das existierende Meldesystem für Infektionskrankheiten gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) weiterentwickelt und verbessert. Insbesondere wird – beginnend bei den Meldenden (Ärzte, Labore, andere) – eine durchgängig elektronische Informationsverarbeitung ermöglicht. Dadurch soll der Aufwand für die Meldenden und die zuständigen Behörden reduziert werden und Informationen zu auftretenden Infektionskrankheiten können künftig schneller bei den Verantwortlichen in den Gesundheitsämtern, den zuständigen Landesbehörden und beim RKI vorliegen. Nachdem der Roll out von DEMIS anfänglich noch sehr langsam erfolgte – dies lag nicht zuletzt an den fehlenden Schnittstellen zu den kommunalen Fachverfahren – sind inzwischen alle 376 Gesundheitsämter der Landkreise und Städte an DEMIS angebunden.
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Welche Herausforderungen sehen Sie bei der digitalen Vernetzung der Gesundheitsbehörden untereinander?
Die Gesundheitsbehörden sind Teil der Bündelungsbehörde Landkreis. Eine digitale Vernetzung der Gesundheitsbehörden ist in der Sache also immer eine digitale Vernetzung der Landkreis-IT-Systeme untereinander. Dieser Austausch findet noch nicht standardisiert statt. Die Gesundheitsämter der Landkreise kommunizieren untereinander nicht selten auf der Basis von Open-Source-Cloud- und Videokonferenzlösungen. Hier bedarf es – nicht nur für den Gesundheitsbereich, sondern für den gesamten kommunalen Datenaustausch – standardisierter, IT- und datensicherer Kommunikationswege. Dies i.Ü. auch gegenüber den Ländern und dem Bund. Das ist letztlich eine technische Herausforderung, welche alle föderalen Ebenen in Deutschland betrifft.
Der Bund unterstützt die Digitalisierung der Gesundheitsbehörden mit verschiedenen Programmen – sind diese hinreichend?
Die Corona-WarnApp ist als gescheitert anzusehen, sie verfügt über keinen Mehrwert für die Gesundheitsämter. Die vom Bund für die Kontaktnachverfolgung nunmehr angebotene Open-Source-Software SORMAS kommt sehr spät. Die meisten Gesundheitsämter verfügen inzwischen über eine funktionierende Kontaktnachverfolgungssoftware. Eine Software-Umstellung in der aktuellen Krisensituation ist nicht angezeigt. SORMAS erfüllt daher vor allem einen Nutzen für die Gesundheitsämter, die hier noch nicht ausgestattet sind oder waren. Die erst jetzt im Januar/Februar angekündigten und schrittweise einzuführenden neuen Funktionalitäten von SORMAS, insbes. auch die Schnittstellen zur Meldesoftware SurvNet des RKI und zu DEMIS sind richtig, sie dürfen aber nicht lediglich SORMAS vorbehalten werden. Es bedarf insgesamt eines stringenten und verbindlichen Schnittstellenmanagements. Daran hapert es derzeit.
Digitale Gesundheitsdaten sind besonders sensibel. Wie kann ein effizienter Datenschutz gewährleistet werden?
Es bedarf einer vom BSI zertifizierten Datenaustauschinfrastruktur zwischen allen Leistungserbringern im Gesundheitswesen. Hier kann die Telematikinfrastruktur perspektivisch eine funktionierende „Datenautobahn" im Gesundheitswesen werden. Die Ausrollung verläuft bislang allerdings schleppend.