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Landkreistag fordert flächendeckenden Ausbau der Mobilfunkversorgung

Welche rechtlichen Voraussetzungen dafür die besten wären

Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages Quelle: DLT Prof. Dr. Hans-Günter Henneke Hauptgeschäftsführer Deutscher Landkreistag 06.12.2018
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Dipl.- Journ. Thomas Barthel
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"Das Ziel des Deutschen Landkreistags ist eine wirklich flächendeckende Mobilfunkversorgung in ganz Deutschland", betont dessen Hauptgeschäftsführer, Prof. Dr. Hans-Günter Henneke. Schließlich sei ein ganz wesentlicher Teil der deutschen Wirtschaft – insbesondere des produzierenden Gewerbes – in den ländlichen Räumen angesiedelt. Daher hat er eine ganze Reihe Forderungen.







Die Bundesnetzagentur hat die Vorgaben für die Vergabebedingungen bei der 5G-Versteigerung verschärft und dafür Lob und Kritik bekommen. Wie finden Sie die Vorschläge?
Gemessen an den ersten Entwürfen für die Vergabebedingungen ist es fraglos ein Schritt in die richtige Richtung, wenn die Bundesnetzagentur nunmehr die Versorgungsauflagen ein Stück weit ausgedehnt und insbesondere die Landstraßen sowie weitere Schienenstrecken einbezogen hat. Wichtig ist ferner, dass es nun erstmals auch Latenzvorgaben gibt, wenn auch nur für einen Teil des Verkehrswegenetzes. Dennoch reichen die beabsichtigten Auflagen der Bundesnetzagentur keineswegs aus; der Deutsche Landkreistag hält deshalb an seiner Forderung fest, dass wir im Interesse der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zu einem wirklich flächendeckenden Ausbau der Mobilfunkversorgung kommen müssen. D. h. vor allem, dass wir uns endlich von den Haushalten als Versorgungsziel lösen und auf eine echte Flächenversorgung auch jenseits bewohnter Gebiete und unter Einschluss sämtlicher Verkehrswege festlegen müssen. Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse basiert auf gleichwertiger Infrastruktur. Es geht um die Wirtschaftskraft und damit die Lebensperspektiven der Menschen in ländlichen Räumen. Deshalb sollten dort grundsätzlich die gleichen Anwendungen und Dienste möglich sein wie im städtischen oder stadtnahen Bereich. Sollte sich das Ziel einer wirklich flächendeckenden Mobilfunkversorgung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, wie von der Bundesnetzagentur behauptet, nicht mit dem bewährten Instrument der Versorgungsauflage verwirklichen lassen, muss nach Alternativen gesucht werden. Gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband, dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag sowie dem Zentralverband des Deutschen Handwerks, mit denen wir uns hinsichtlich des Versorgungsziels einig wissen, hat der Deutsche Landkreistag daher ein von dem renommierte „5G Lab Germany" in Dresden erarbeiteten Verfahrensvorschlag vorgelegt, in dessen Ergebnis eine Versorgung der Fläche mit 5G-Mobilfunk mit Anbindung an das Glasfasernetz zeitnah und nicht zuletzt auch wirtschaftlich erreicht wird. Der von den Verbänden initiierte Vorschlag des 5GLab Germany sieht eine zweistufige Versteigerung vor, bei der in einem ersten Durchgang die nicht lukrativen Gebiete den Mobilfunkanbietern zugeteilt werden. Diese müssen durch jeweils einen Anbieter hinreichend versorgt werden. Erst wenn alle betreffenden Gebiete aufgeteilt sind, dürfen die lukrativen Gebiete versteigert werden.

Nach den Vorgaben soll es für Netzbetreiber ein Verhandlungsgebot für Neueinsteiger über das Roaming geben – aber keine verpflichtende Netzöffnung. Wie bewerten Sie das?
Um es noch einmal zu wiederholen: Das Ziel des Deutschen Landkreistags ist eine wirklich flächendeckende Mobilfunkversorgung in ganz Deutschland. Insoweit gehen wir davon aus, dass es in vielen ländlichen Räumen unwirtschaftlich wäre, mehr als nur ein Mobilfunknetz zu errichten und zu betreiben. Wir können uns daher gut vorstellen, dass es künftig in den eigenwirtschaftlich nur schwer zu versorgenden Gebieten nur noch ein Netz gibt, das dann aber selbstverständlich von allen Mobilfunkanbietern genutzt werden können muss. Auch die Bundesnetzagentur setzt auf solche Kooperationen, sieht sich aber derzeit rechtlich nicht in der Lage, entsprechende Absprachen, wie sie auch die auf dem sog. Mobilfunkgipfel verabschiedete Erklärung vorsieht, verbindlich vorzuschreiben, weil es im Telekommunikationsgesetz an einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage fehlt. Umso wichtiger wäre es aus meiner Sicht, dass die zugestandenermaßen äußerst komplexen und voraussetzungsvollen Vorschriften des neuen Europäischen Telekommunikationsrechtsrahmens, die solche regulatorischen Eingriffe explizit vorsehen, jetzt möglichst schnell umgesetzt werden. Wenn es richtig ist, dass die aktuelle Versteigerung nur der erste Schritt war, dem weitere Frequenzvergaben folgen werden, dann sollten wir der Bundesnetzagentur zeitnah alle Instrumente in die Hand geben, derer sie zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung bedarf. Dazu gehört im Übrigen auch eine deutliche Verschärfung der Sanktionen, mit denen die Bundesnetzagentur Verstöße gegen Versorgungsauflagen ahnden darf.

Insbesondere auf den wichtigen Verkehrsadern soll das schnelle mobile Internet so zügig wie möglich kommen – reichen die Vorgaben für den vernetzten Verkehr der Zukunft?
Sicher nicht. Autonomes Fahren darf, wenn es denn sinnvoll eingesetzt werden soll, schließlich nicht mit dem Verlassen der Landstraße enden. Vom autonomen Fahren erwarte ich auch einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Probleme des öffentlichen Personennahverkehrs in den ländlichen Räumen. Deshalb müssen entlang sämtlicher Verkehrswege die infrastrukturellen Voraussetzungen für autonomes Fahren geschaffen werden. Allerdings befindet sich diese Technologie noch in ihren Kinderschuhen. Das darf aber kein Entschuldigungsgrund dafür sein, den Infrastrukturausbau unnötig zu verzögern. Ich bin davon überzeugt, dass am Markt sehr schnell entsprechende Anwendungen entwickelt werden, wenn wir die notwendigen Infrastrukturen zur Verfügung stellen.

Ganz grundsätzlich: wozu wird das Internet in jeder sprichwörtlichen Milchkanne überhaupt gebraucht?
Die Rede davon, dass nicht jede Milchkanne 5G brauche, ist in mehrfacher Hinsicht falsch bzw. verfälschend. Denn damit wird ein Bild des ländlichen Raums im Allgemeinen und der Landwirtschaft im Besonderen evoziert, das von Idylle und Rückständigkeit geprägt ist, was schlicht unzutreffend ist. 5G ist nicht nur im städtischen oder im stadtnahen, sondern auch im ländlichen Raum der entscheidende Standortfaktor. Ein ganz wesentlicher Teil der deutschen Wirtschaft – insbesondere des produzierenden Gewerbes – ist in den ländlichen Räumen angesiedelt, nicht nur die sprichwörtlichen „Hidden Champions“. Diese Unternehmen wissen, dass ihre künftige Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit von einer tatsächlich flächendeckenden Verfügbarkeit hochleistungsfähiger digitaler Infrastrukturen abhängt. Dasselbe gilt für das Handwerk und eben auch für die Landwirtschaft. Bereits heute werden in der Landwirtschaft vielfältige Prozesse mit Hilfe digitaler Technologien überwacht und gesteuert. Um diese Anwendungen fortzuentwicklen bedarf es der technologischen Möglichkeiten, die nur ein 5G-Netz bietet. Im Übrigen kann ich mich nur ein weiteres Mal wiederholen: Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse basiert auf gleichwertiger Infrastruktur. Deshalb setzt sich der Deutsche Landkreistag im Rahmen der Kommission für gleichwertige Lebensverhältnis insbesondere auch für den flächendeckenden Mobilfunkausbau ein.

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