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Kostenloser ÖPNV nicht zu finanzieren

Was ein guter öffentlicher Verkehr kosten darf

Cornelia Zuschke, Beigeordnete, Landeshauptstadt Düsseldorf, Dezernat für Planen, Bauen, Mobilität und Grundstückswesen Quelle: Landeshauptstadt Düsseldorf Cornelia Zuschke Beigeordnete Landeshauptstadt Düsseldorf 09.04.2018
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Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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"Der ÖPNV muss nicht zwingend kostenlos sein, um gut und akzeptiert zu sein", weiß Cornelia Zuschke, Beigeordnete der Landeshauptstadt Düsseldorf. Gerade in der Digitaliserung sieht sie große Chancen für  die Lösung vieler Verkehrsprobleme.







Zur Verbesserung der Luft in Städten diskutiert die Politik auch über einen kostenlosen ÖPNV. Wie stehen Sie zu diesem Vorschlag, vor allem mittel- bis langfristig?
Der Vorschlag hört sich zunächst verlockend an. Den Verkehrsunternehmen würden jedoch einerseits Einnahmen fehlen, andererseits würden sich Mehrkosten für erforderliche Mehrangebote an Fahrzeugen und Fahrpersonal ergeben. Dies ist aus meiner Sicht nicht finanzierbar.

Der ÖPNV muss aber nicht zwingend kostenlos sein, um gut und akzeptiert zu sein. Wichtig ist vielmehr, dass der Preis für den ÖPNV nicht abschreckt ihn zu benutzen. Zweckmäßig ist ein einfaches und städteübergreifendes Tarifsystem. Ein Lösungsansatz erscheint mir die Abrechnung nach der tatsächlich zurück gelegten Strecke, möglichst ohne vorherigen Aufwand, transparent und einfach.

Kritiker wenden ein, dass vor allem Fußgänger und Radfahrer auf den kostenlosen ÖPNV umsteigen könnten. Welches wären die wichtigsten Maßnahmen für den Verkehrsmix der Zukunft aus Ihrer Sicht?
Radverkehr und Fußgänger sind sowieso ÖPNV affin. Wichtig ist, dass der ÖPNV gesellschaftlich anerkannt ist und als Selbstverständnis in der Gesellschaft trainiert wird. Dabei sollten die Verkehrsmittel des Umweltverbundes nicht als Konkurrenten sondern als ein „Alternativen-Katalog“ für alle Verkehrsteilnehmer kommuniziert werden.

Durch bessere Infrastrukturangebote für einen Verkehrsmix können sowohl Hemmnisse zur ÖV-, als auch zur Fahrrad-Nutzung abgebaut werden. Hier bietet sich z.B. ein erhöhtes und nutzerfreundliches Angebot für die Mitnahme von Rädern in Bussen und Bahnen an. Aber auch mehr und durchgehende Netze sowohl für den ÖPNV als auch für den Radverkehr. Mobilitätsstrukturen wie Park+Ride, Bike+Ride, Connect Mobility, On Demand, die zum Umsteigen vom individuellen Verkehrsmittel einladen, sollten ergänzt werden durch Mobilitätsstationen für Sharing-Angebote (E-Autos, E-Roller, Fahrräder und E-Fahrräder). Durch niederschwellige Angebote können idealerweise Hemmnisse auch gegenüber der E-Mobilität abgebaut werden.

Der ÖPNV ist Teil eines komplexen Netzes an öffentlichem Verkehr. Welche Rolle spielt das für den Verkehrsmix - und welche Stellschrauben sehen Sie hier noch zur Optimierung?
Der Stellenwert des ÖPNV muss weiter zunehmen, wir müssen von einem nachfrage- zu einem angebotsorientierten ÖPNV. Um den ÖPNV attraktiver zu machen und damit als Alternative von mehr Pendlern angenommen zu werden, sollte er durch mehr Kapazität an Schienen, Straßenbahnwagen bzw. Bussen sowie Personal gefördert werden. Stellschrauben sind m.E. eine flächige Verfügbarkeit mit intelligenten Lösungen zur Erschließung der peripheren Gebiete, Taktverdichtung, möglichst durchgehende Taktung, Beschleunigung des ÖPNV sowie Abbau von Preis- und Tarifhindernisse.

Der ÖPNV muss vom Kunden als sicher, bequem und zuverlässig wahrgenommen werden. Sichere und ansprechende Bahnhöfe, bzw. Haltestellen mit aktuellen Fahrgastinformationen sollten Standard sein. Dabei sind durchgehende Systeme mit einem dichten Haltestellennetz und möglichst wenigen Schnittstellen (die zu –brüchen werden können) förderlich.

Die Förderung des ÖPNV darf sich jedoch nicht nur den Neubau bzw. Anschaffung von Infrastruktur beschränken. Mindestens genauso wichtig sind die Finanzierung von Erhaltungs-/Sanierungsmaßnahmen durch Kostenteilung von Bund, Länder und Gemeinden.

Welche Chancen sehen Sie in der Digitalisierung für den optimalen Verkehrsmix?
Die Digitalisierung sehe ich als große Chance bei der Bewältigung der Schnittstellenproblematik und die die Akzeptanz von ÖPNV und Sharing-Angeboten erhöhen kann. Durch die Nutzung multimodaler Plattformen der Wandel vom PKW-Besitz zum vernetzten streckenbezogenen Nutzen verschiedener Mobilitätsangebote gelingen. Ergänzend sollten Informationen einfließen, die eine situative Entscheidung für ein Verkehrsmittel beeinflussen kann, z.B. die Verknüpfung mit Apps zu lokalen Wetterdaten oder Veranstaltungshinweisen. Mit intelligenten Lösungen sehe ich auch die Chance zur Erschließung der peripheren Gebiete (on Demand).

Dabei sollten entsprechender Plattformen von Kommunen, bzw. kommunale Verkehrsanbieter angeboten werden, z.B. durch die Weiterentwicklung vorhandener Apps. Das ist m.E. auch der Weg zur Erhöhung der Akzeptanz von Connected Mobility und somit der Nutzung dieser Dienste.

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