Wie steht es generell in Sachen Digitalisierung der Medizin in den Krankenhäusern aus?
Deutschland steht in Sachen Digitalisierung im Krankenhauswesen leider nur im Mittelfeld (Statista-Platz 13 im europäischen Vergleich 2022) und hat noch viel Arbeit vor sich, insbesondere bei der herstellerübergreifenden Kommunikation der Geräte.
Der Einsatz moderner Technologien wie elektronischer Patientenakten, digitaler Bilddatenverwaltung und vernetzter Medizingeräte ist zwar in vielen Einrichtungen bereits Alltag, doch die umfassende, herstellerübergreifende Vernetzung ist nach wie vor ein großes Ziel, das noch nicht vollständig erreicht ist. Der SDC-Standard könnte ein wichtiger Schritt in diese Richtung sein.
Was sind die Vorteile von SDC und welche Barrieren und Herausforderungen gibt es derzeit noch, um den herstellerübergreifenden Kommunikationsstandard einzuführen?
Der SDC-Standard ist besonders vorteilhaft für Klinikbetreiber. Er bietet eine höhere Flexibilität, da Geräte verschiedener Hersteller einfach miteinander vernetzt werden können. Dies führt zu einer besseren Kostenkontrolle, einer vereinfachten Wartung und einer effizienteren Behandlung der Patienten. Außerdem wird die Sicherheit durch eine verschlüsselte Datenübertragung erhöht und die Prozessoptimierung unterstützt. SDC fördert zudem eine bessere Dokumentation und sorgt für eine sicherere Übertragung sensibler Daten.
Viele Krankenhäuser haben bereits erste elektronische Hilfen eingeführt und nutzen Systeme zur Verwaltung von Patientendaten und Bildern (wie PACS). Doch die Integration verschiedener Geräte und Softwarelösungen über Herstellergrenzen hinweg gestaltet sich schwierig. Ein großes Problem ist die Vielzahl an unterschiedlichen, proprietären Protokollen und Schnittstellen, die je nach Hersteller variieren. Dies erschwert die Datenübertragung zwischen Geräten verschiedener Anbieter und führt zu einer Fragmentierung der Krankenhaus-IT-Infrastruktur.
Dazu kommen wirtschaftliche, finanzielle und organisatorische Hürden, der zu erfüllende Datenschutz, die Koordination zwischen den unterschiedlichen Akteuren und ganz allgemein die Komplexität einer derartigen Integration, die eine Umstellung massiv behindern. Ganz zu schweigen von den massiv gestiegenen Anforderungen an Cybersicherheit (Schutz vor Datendiebstahl oder Hackern).
Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Barrieren, dass sich IT-Branche, Politik und Krankenhausverwaltungen sowie die Herstellerseite hier abstimmen?
Die größten Barrieren sind die unterschiedlichen Interessen und Prioritäten der Akteure, die komplexen technologischen Anforderungen (fehlende Standardisierung und Interoperabilität), die hohen Kosten für die Umstellung inklusive eines langsamen ROI (Return on Investment), die regulatorischen Herausforderungen und die mangelnde koordinierte Strategie.
Um diese Herausforderungen zu überwinden, sind klare gesetzliche Vorgaben, eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Akteuren und langfristige Investitionen in Infrastruktur und Schulungen notwendig. Nur so kann eine effektive und nachhaltige Digitalisierung des Gesundheitswesens erreicht werden.
Auch eine stärkere Unterstützung innovativer Lösungen oder Denkmuster von Startups könnte hier absolut hilfreich sein, genauso wie ein vereinfachter Zugang zu Wagniskapital, Fördermitteln oder Zuschüssen durch die Politik. Ein gefeiertes E-Rezept, für das in jedem neu beginnenden Quartal (sogar für Folgerezepte!) der Gang zum Hausarzt nötig ist, reicht da nicht aus - sondern ist ein Armutszeugnis für Deutschland. Hier lohnt schon allein der Blick in unser Nachbarland Österreich oder in die viel zitierten skandinavischen Länder, wo jeder umständliche Amtsgang durch eine elektronische ID schon seit vielen Jahren Geschichte ist.
Welche Vorteile könnten Patienten und medizinisches Personal von einer zügigen SDC-Einführung realistischer Weise erwarten?
Patienten können durch SDC von einer besseren und schnelleren Behandlung, mehr Sicherheit durch reduzierte Fehler und einer kontinuierlichen Überwachung ihrer Gesundheitsdaten profitieren.
Für das medizinische Personal ergibt sich eine stark erhöhte Effizienz, weniger administrative Aufgaben, verbesserte Zusammenarbeit und optimierte Entscheidungsprozesse, was schlussendlich alles zu einer besseren Patientenversorgung führt.