Aktuelle Studien bescheinigen dem Einzelhandel verstärkte Bemühungen beim Aufbau digitaler Vertriebskanäle. Wo steht der hiesige Einzelhandel auf dem Weg der Digitalisierung aus Ihrer Sicht?
Grundsätzlich ist das richtig. Der stationäre Handel setzt sich seit einigen Jahren verstärkt mit der Herausforderung der Digitalisierung und dem Aufbau von digitalen Vertriebskanälen auseinander. Viele Einzelhändler, auch inhabergeführte Geschäfte, sind heute zumindest schon im Netz auffindbar oder verkaufen online und lassen ihre Waren liefern. Dabei hat die Corona-Pandemie hat diesen Prozess sicherlich beschleunigt, da die Einzelhändler durch den Lockdown gezwungen waren, sich neue Vertriebskanäle zu erschließen. Allerdings gibt es auch immer noch Anbieter, die sich an das Thema nicht herantrauen, denen die Manpower oder die Basis für die digitalen Vertriebskanäle wie ein gut funktionierendes Warenwirtschaftssystem fehlt.
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Inwieweit können Kooperationen und Verbundlösungen bei den Online-Angeboten dem hiesigen Einzelhandel gegen die Übermacht der großen Internetkonzerne helfen?
Diese sind wichtig. Wenn es aber allein um das Thema Online-Verkauf und die Auffindbarkeit im Netz geht, sind sie in der Regel immer noch nicht stark genug, um gegen die ganz Großen anzukommen. Dies liegt an der Funktionsweise von Suchmaschinen und der Art, wie Kundinnen und Kunden nach Artikeln suchen. Kampagnen und Initiativen, die für den lokalen Kauf werben, können hier helfen, um den potenziellen Käufer bereits bei seiner Suche im Netz für Regionalität zu begeistern, sodass sich das Suchverhalten der Konsumenten ändert. Kooperationen und Verbundlösungen können besonders im Bereich von Waren- und Lieferlogistik, Wissenstransfer sowie IT-Strukturen helfen und Ressourcen sparen.
Digitalisierungs-Projekte erfordern oft erhebliche Investitionsmittel, wie sollte der Staat die Einzelhändler dabei unterstützen?
Vor allem mit der Finanzierung eines individuellen Beratungsangebots und finanziellem Support, um auch die Basis für Digitalisierungsprozesse wie ein Warenwirtschaftssystem aufsetzen zu können. Aktuell sind einige Förderungen auf den Weg gebracht, weitere müssen folgen, um das Thema langfristig auf die Beine zu stellen, denn die Digitalisierung ist kein Prozess, der von jetzt auf gleich abgeschlossen ist. Ziel muss sein, dass die Einzelhändler sich entsprechend ihrer persönlichen Bedarfe und des jeweiligen Segments digital bestmöglich aufstellen können. Für den einen mag eine eigene Online-Verkaufsplattform relevant sein, für den nächsten machen Social Media-Kanäle und Lieferservices mehr Sinn. Jedes Unternehmen sollte in der heutigen Zeit jedoch zumindest Online auffindbar sein.
Zuletzt ein Blick nach vorn: Welche Rolle spielen die klassischen Ladengeschäfte für den Einzelhandel dauerhaft noch?
Meines Erachtens eine wichtige und zukunftsträchtige, vor allem wenn der stationäre Handel den Erlebniskauf in den Vordergrund stellt und mit gutem Service und Individualität vor Ort punktet – und gerne diese klaren und bekannten Vorteile, die das Netz nicht bieten kann, durch digitale Angebote ergänzt. Die Menschen wollen auch ein persönliches und haptisches Moment beim Einkaufen erfahren. Zudem sind die Geschäfte nach wie vor auch Werbefenster für Marken unterschiedlichster Couleur, die sich dort in einem positiv aufgeladenen Umfeld zeigen können. Das wird sich auch zukünftig nicht ändern.