Nach neueren Untersuchungen lassen sich mittels Gamifizierung etwa Produktionssteigerungen erzielen, bessere Mitarbeiter rekrutieren oder Kunden binden. Welche Potenziale sehen Sie durch Gaming-Elemente in der Wirtschaft?
Potential für eine mögliche Gamifizierung gibt es in der Wirtschaft reichlich. Als Herausforderung gilt es jedoch den Unterhaltungs- bzw. Motivationswert über einen langen Zeitraum bei der Zielgruppe aufrecht zu erhalten. Ob die dazu notwendigen Kosten dauerhaft durch Produktionssteigerungen abgedeckt werden können und ob Gamifizierung langfristig zu besseren und motivierteren Mitarbeitern führt, sollte über Langzeitstudien untersucht werden, um das wahre Potential einschätzen zu können. Greifbarer erscheint derzeit der Mehrwert, den Gaming-Elemente in der Vermittlung von Lerninhalten ermöglichen.
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Insbesondere bei der Weiterbildung liegen Gaming-Elemente im Trend. Welche Potenziale sehen Sie in diesem Bereich?
Die unschlagbaren Vorteile von Gaming-Elementen in der Aus- und Fortbildung stellen das interaktive Handeln und gefahrlose Training an digitalen Zwillingen dar. Im Katastrophenschutz können realitätsnahe Übungen mit Gefahrgut und radioaktiver Strahlung sowie der Umgang mit Brandmeldeanlagen deutlich einfacherer durchgeführt werden. Unter konventionellen Umständen ist das häufig nur mit Planspielen, Modellplatten oder großem organisatorischem Aufwand möglich.
Durch die immer realistisch werdendere Darstellungsqualität wird man in naher Zukunft visuell nahezu keine Unterschiede mehr zwischen Realität und Gaming-Umgebung wahrnehmen können. Obwohl diesbezüglich von hohen Produktionskosten auszugehen ist, werden unterstützende Gaming-Elemente in wenigen Jahren einen wesentlichen Bestandteil in der Aus- und Fortbildung darstellen, da sie inhaltlich beständiger sind als reine Unterhaltungsmedien. Im Gegensatz zu diesen erwartet die Zielgruppe keine kontinuierlich neuen Inhalte oder eine Fortsetzung, da sich die grundlegenden Lerninhalte für gewöhnlich kaum ändern und auch in den nachfolgenden Ausbildungsjahrgängen Bestand haben.
Grundsätzlich kann zwischen moderierten sowie autarken Schulungsformaten unterschieden werden. Bei moderierten Formaten verwendet ein Ausbilder spezielle Software als zusätzliches Autorenwerkzeug zu klassischen Medien. Die Lehrkraft kann somit interaktiv auf Lerninhalte eingehen. Der Einsatz von Head-Mounted Displays sollte dabei optional sein. Zwar können HMDs auf der einen Seite ein sehr immersives Erlebnis vermitteln und bieten dadurch zukünftig einen großen Mehrwert, auf der anderen Seite ist die Einweisung in die Bedienung für manche Schulungsformate zu zeitaufwändig und somit eher ungeeignet.
Bei autarken Formaten führt die Software den Anwender durch vordefinierte Lerninhalte. Durch die Kombination mit einem Lernmanagement-System können komplett interaktive Lernkurse entwickelt werden, in denen der Lernfortschritt für Ausbildungszentren dokumentiert sowie für den Anwender zertifiziert werden kann. Über Streaming können die interaktiven Lerninhalte auch in hochwertiger grafischer Darstellung nach Hause oder auf mobile Endgeräte übertragen werden, wodurch Präsenzzeiten an Schulungseinrichtungen reduziert werden können.
Aktuelle Daten weisen darauf hin, dass jüngere Mitarbeiter der Gamification in der Arbeitswelt offener gegenüberstehen als ältere - was bedeutet das für die den Einsatz von Gaming-Elementen von Unternehmen?
Es ist davon auszugehen, dass der demografische Wandel dafür Sorge tragen wird, dass sich Gaming-Elemente in Zukunft aufgrund der steigenden Akzeptanz einfacher in Prozessabläufe von Unternehmen integrieren lassen werden. Darüber hinaus ist jedoch zu beobachten, dass ältere Menschen dadurch motiviert werden können, wenn sich ihnen die methodisch didaktischen Konzepte hinter den Gaming-Elementen erschließen. Besonders in der Aus- und Fortbildung bringen dann ältere Personen schneller fundierte Ideen ein, da sie über mehr inhaltliche Erfahrung verfügen.
Welche besonderen Anforderungen müssen die technischen Lösungen erfüllen, um erfolgreich zu sein?
An oberster Stelle ist hier die intuitive Bedienung zu nennen. Keiner möchte, dass sich Gamifizierung wie Arbeit anfühlt. Ratsam an dieser Stelle ist die Verwendung von De-Facto-Standards aus bekannten Gaming-Anwendungen, um den Einstieg zu erleichtern. Die allgemeine Zugänglichkeit kann dadurch verbessert werden, wenn spezielle Gaming-Hardware vermieden wird, da diese ggf. finanzielle Hürden bedeuten kann. Für den Endanwender zeichnet sich unter anderem die Streaming-Technologie als Alternative ab, da mit dieser auch grafisch rechenintensive Inhalte auf mobile Endgeräte übertragen werden können. Die höhere Latenz und die Bildkompression sind als Kompromiss für Lernanwendungen durchaus akzeptabel. Die Qualitätsanforderungen in Bezug auf Stabilität sowie Darstellung sind anspruchsvoll. Der Verlust von Lernfortschritten bzw. Spielständen ist inakzeptabel und kann schnell zu Frustration sowie einem Vertrauensverlust in eine Lernumgebung führen. Die gewinnbringende Motivation der Gaming-Elemente würde somit zunichte gemacht werden. In Bezug auf die Darstellungsqualität hat die lernende Zielgruppe hohe Ansprüche, da diese AAA Produktionen aus dem Gaming Bereich gewohnt ist. Während Ausbilder ihre Inhalte auch mit einfacher Darstellung vermitteln können, setzt die lernende Zielgruppe häufig die grafische Darstellung mit der Gesamtqualität einer Anwendung gleich. Sollen Anreize über Belohnungssysteme geschaffen werden, so ist es wünschenswert, dass diese vielseitige und Unternehmens- sowie Schulübergreifend Werte für den Anwender schaffen.