Menue-Button
← FACHDEBATTE Interview

Forscher schlägt Nutzungsverbot fossiler Energieträger für IT Großanlagen vor

Wie Informationstechnik nachhaltiger wird

Prof. Dr. Dr. Ortwin Renn - Wissenschaftlicher Direktor, Institut für Transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam Quelle: IASS/ Peter-Paul Weiler Prof. Dr. Dr. Ortwin Renn Wissenschaftlicher Direktor Institut für Transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam 30.03.2022
INITIATORIN DIESER FACHDEBATTE
Dipl.- Journ. Nikola Marquardt
Founder & Herausgeberin
Meinungsbarometer.info
ZUR FACHDEBATTE

Für Prof. Dr. Dr. Ortwin Renn vom Institut für Transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam gilt es, in Sachen nachhaltiger ITK-Technik "entweder im Wettlauf zwischen Effizienz und Nachfragesteigerung weniger Strom zu verbrauchen, als bei steigender Nachfrage benötigt wird, oder aber die Nachfrage nur noch aus erneuerbaren Quellen zu decken." Auch regulatorisch hat er klare Vorstellungen.







Nach einer aktuellen Studie verursacht Informations- und Kommunikationstechnik weltweit wohl mehr Treibhausgasemissionen als der Flugverkehr. Zugleich gibt es viele Nachhaltigkeit-Initiativen in der Branche. Wie nachhaltig ist die hiesige ITK derzeit?
Der Anteil an den Treibhausgasemissionen durch Informations- und Kommunikationstechnik wird weltweit auf 2,1 bis 3.9% geschätzt. Damit würde dieser Sektor mehr Treibhausgase emittieren als der gesamte Flugverkehr. Soweit die schlechte Nachricht: Aber die großen Energieverbraucher, vor allem die Anbieter von Cloud Dienstleistungen, stellen zunehmend auf erneuerbare Energieträger um und investieren auch in höhere Energieeffizienz. So gleicht Google eigenen Angaben zufolge schon seit vier Jahren den Strombedarf vollständig mit erneuerbaren Energien aus. Bis 2030 will Google komplett mit CO2-freier Energie arbeiten, inklusive aller Rechenzentren. Microsoft gibt an, die Rechenzentren für die Azure-Cloud bereits seit rund zehn Jahren CO2-neutral zu betreiben. In drei Jahren will der Konzern nur noch erneuerbare Energien beziehen. Mitbewerber AWS plant, ab 2030 ausschließlich grünen Strom zu nutzen (https://www.it-business.de/wege-aus-der-klimakrise-a-1092959/). Genaue Zahlen, wieviel der insgesamt von der IT Branche benötigte Strom aus erneuerbaren Energiequellen kommt, gibt es nicht. Aber der Anteil nimmt von Jahr zu Jahr zu und könnte auch mit mehr öffentlichen Druck noch verstärkt werden.

JETZT HERUNTERLADEN

DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE

DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT

alle Debattenbeiträge ungekürzt im Original
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
MEHR ERFAHREN


Einsparungen durch Effizienzsteigerungen steht ein stets wachsender Datenverkehr gegenüber. Wie lassen sich solche sogenannten Rebound-Effekte beherrschen?
Nach den Daten von Statista gibt es ein exponentielles Wachstum bei der Datenübertragung. Trotz dieser exponentiellen Steigerung ist der Energiebedarf im gleichen Zeitraum nur linear angewachsen, in Europa sogar leicht gesunken. Dennoch ist der Rebound Effekt überall spürbar. Vor allem bei den Streaming Dienste (etwa Filme in HD Qualität) beobachtet man eine steil ansteigende Nachfrage. Aber auch andere Cloud Dienstleistungen sind energieintensiv. Daher gilt es entweder im Wettlauf zwischen Effizienz und Nachfragesteigerung weniger Strom zu verbrauchen, als bei steigender Nachfrage benötigt wird, oder aber die Nachfrage nur noch aus erneuerbaren Quellen zu decken. Natürlich ließe sich auch die Nachfrage drosseln, aber der Trend läuft gerade in die entgegengesetzte Richtung.

Im Gespräch ist in diesem Zusammenhang auch ein verbindlicher Energieausweis für Rechenzentren. Was spricht für oder gegen einen solchen?
Der Energieausweis ist ja nur ein Dokument des Ist-Zustandes. Eine solche Dokumentation ist sicher auch wirkungsvoll, aber ich würde eher ein Nutzungsverbot fossiler Energieträger für Rechenzentren und andere IT Großanlagen vorschlagen. Dadurch werden die Betreiber gezwungen, früher als geplant die Energieversorgung auf erneuerbare Quellen umzustellen. Back-up Lösungen oder Notstromaggregate können weiterhin mit Gas betrieben werden, aber dieses Gas kann mittelfristig aus grünem Wasserstoff bereit gestellt werden.

Welchen Beitrag könnte eine Ausweisungspflicht für einen CO₂-Fußabdruck pro Service- oder Übertragungseinheit leisten?
Wie oben ausgeführt, sind das Dokumentationen, die sicherlich der Transparenz dienen, aber keine direkte, möglicherweise nicht einmal indirekte Steuerungskraft haben. Sinnvoller wäre es m.E. eine Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien einzuführen. Da diese auch jetzt noch recht teuer sind (wenn man alle Backup Anforderungen mit berücksichtigt) gibt es auch zusätzlich mehr Anreize für erhöhte Effizienz. Eine Regulierung der Nachfrage halte ich dagegen für wenig realistisch und auch schwer umzusetzen. Da die Energiebereitstellung aus erneuerbaren Quellen aber mehr Kosten verursacht, werden Streaming Dienste und Cloud Dienstleistungen auch teurer, was je nach Elastizität der Nachfrage dann zu einer geringeren Nachfrage führen könnte.

UNSER NEWSLETTER

Newsletter bestellen JETZT BESTELLEN

■■■ WEITERE BEITRÄGE DIESER FACHDEBATTE

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Michael Pausch
Abteilungsleiter Rundfunkversorgung und Frequenzmanagement
Bayerischer Rundfunk

Michael Pausch - Vorsitzender des Kompetenzteams "Nachhaltigkeit in der Programmverbreitung" des ARD-Netzwerks Distribution undAbteilungsleiter Rundfunkversorgung und Frequenzmanagement, Bayerischer Rundfunk
IKT | Netze

Bei der Nachhaltigkeits-Frage die ■ ■ ■

Wie IT und Kommunikation nachhaltig werden

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Michael Pausch
Abteilungsleiter Rundfunkversorgung und Frequenzmanagement
Bayerischer Rundfunk

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Sandro Lehmann
Director Operations
PŸUR Business

Sandro Lehmann - Director Operations bei PŸUR Business
IKT | Netze

Wie Green-IT in der Mitte des Marktes ■ ■ ■

Und warum Rebound-Effekte überschätzt werden

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Sandro Lehmann
Director Operations
PŸUR Business

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Jörg Lorenz
Vorstandsvorsitzender
green with IT e.V. Berlin-Brandenburg

Jörg Lorenz - Vorstandsvorsitzender, green with IT e.V. Berlin-Brandenburg
IKT | Netze

Gebäudenah erzeugte ■ ■ ■

Warum green with IT ein Zukunftsmarkt ist

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Jörg Lorenz
Vorstandsvorsitzender
green with IT e.V. Berlin-Brandenburg

ZUR FACHDEBATTE

ÜBER UNSERE FACHDEBATTEN

Meinungsbarometer.info ist die Plattform für Fachdebatten in der digitalen Welt. Unsere Fachdebatten vernetzen Meinungen, Wissen & Köpfe und richten sich an Entscheider auf allen Fach- und Führungsebenen. Unsere Fachdebatten vereinen die hellsten Köpfe, die sich in herausragender Weise mit den drängendsten Fragen unserer Zeit auseinandersetzen.

überparteilich, branchenübergreifend, interdisziplinär

Unsere Fachdebatten fördern Wissensaustausch, Meinungsbildung sowie Entscheidungsfindung in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Gesellschaft. Sie stehen für neue Erkenntnisse aus unterschiedlichen Perspektiven. Mit unseren Fachdebatten wollen wir den respektvollen Austausch von Argumenten auf Augenhöhe ermöglichen - faktenbasiert, in gegenseitiger Wertschätzung und ohne Ausklammerung kontroverser Meinungen.

kompetent, konstruktiv, reichweitenstark

Bei uns debattieren Spitzenpolitiker aus ganz Europa, Führungskräfte der Wirtschaft, namhafte Wissenschaftler, Top-Entscheider der Medienbranche, Vordenker aus allen gesellschaftlichen Bereichen sowie internationale und nationale Fachjournalisten. Wir haben bereits mehr als 600 Fachdebatten mit über 20 Millionen Teilnahmen online abgewickelt.

nachhaltig und budgetschonend

Mit unseren Fachdebatten setzen wir auf Nachhaltigkeit. Unsere Fachdebatten schonen nicht nur Umwelt und Klima, sondern auch das eigene Budget. Sie helfen, aufwendige Veranstaltungen und überflüssige Geschäftsreisen zu reduzieren – und trotzdem die angestrebten Kommunikationsziele zu erreichen.

mehr als nur ein Tweet

Unsere Fachdebatten sind mehr als nur ein flüchtiger Tweet, ein oberflächlicher Post oder ein eifriger Klick auf den Gefällt-mir-Button. Im Zeitalter von X (ehemals Twitter), Facebook & Co. und der zunehmenden Verkürzung, Verkümmerung und Verrohung von Sprache wollen wir ein Zeichen setzen für die Entwicklung einer neuen Debattenkultur im Internet. Wir wollen das gesamte Potential von Sprache nutzen, verständlich und respektvoll miteinander zu kommunizieren.