Über drei Milliarden Euro erwirtschaftet der Wirtschaftsbereich Fischerei & Aquakultur in Deutschland. Digitale Technik - wie Echolote oder Überwachungs-Drohnen - führt auch in dieser Branche zu mehr Effizienz. Doch vielerorts geraten die Fischbestände unter Druck. Auch hier hilft Technik - etwa indem moderne Fangnetze den Beifang minimieren.
Prof. Dr. Robert Arlinghaus, Forschungsgruppenleiter Biologie der Fische, Fischerei und Aquakultur am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), verweist darauf, dass die Berufsfischerei an der Küste abnehmend ist, und dadurch die Bedeutung der Angelfischerei und des Guiding Sektors steigt. „Es wäre wünschenswert, wenn die Angler als wesentlicher Teil der globalen Fangfischerei aktiv in die Gemeinsame Fischereipolitik aufgenommen werden würden, um so Bestandteil der Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele zu werden.“ In Binnengewässern nennt der Forscher Angelvereine und -verbände als Hauptbewirtschafter der meisten Gewässer; diese hätten eine um ein Vielfaches größere wirtschaftliche, ökologische und hegerische Bedeutung im Vergleich zur Berufsfischerei. „In ihrer Rolle als Fischereipächter oder Eigentümer von Fischereirechten an Seen und Flüssen übernehmen Angler vielfältige Pflege- und Bewirtschaftungsmaßnahmen, wie die Verbesserung der Lebensräume an Seeufern oder den Einsatz bedrohter Arten.“ Die Verbände seien Fürsprecher für den Fischarten- und Gewässerschutz.
Der Präsidenten des Landesverbandes Berlin des Deutschen Angelfischerverband (DAV), Klaus-Dieter Zimmermann, fordert: „Angeln als naturnahe und umweltschonende Freizeitgestaltung, als individuelle Freizeitgestaltung und in der Gemeinschaft in den bestehenden Vereinen und Anglerorganisationen, sollte aufgrund seiner sozialen, kulturellen sowie ökologischen Bedeutung gefördert werden.“ Der dortige Landesgewässerwart Dr. Christian Wolter sieht Angler zur Hege der Fischbestände verpflichtet. Er verweist auf verschiedene Maßnahmen, wie Besatz, Zugangsbeschränkungen, Mindestmaße, Schonzeiten und die Ausweisung von Schutzgebieten. Diese würden aber nur Symptome der Fischbestandsveränderungen berühren. „Die eigentlichen Ursachen der Fischbestandsrückgänge in Deutschland liegen in Veränderungen der Gewässerstrukturen und Eutrophierung, d.h. außerhalb der Verantwortung und Zugriffsmöglichkeiten der anglerischen Bewirtschaftung.“
Martin Schwabe vom Landesanglerverband Sachsen-Anhalt sieht einen nicht zu verachtenden Vorteil der Digitalisierung in der verbesserten Produktqualität der Angelgeräte. Eine hohe Produktqualität helfe nicht nur dem Angler, sondern biete auch dem Fisch Schutz, da das Maß an Verletzungen so gering wie möglich gehalten werde. Auch er nennt ein anderes Problem für die Bestände: „Querverbauungen, wie beispielsweise Wasserkraftanlagen, blockieren einerseits eine freie Durchwanderbarkeit unserer Fließgewässer und verhindern damit u.a. die Reproduktion und somit die Wiederansiedlung einiger Langstreckenwanderer, und andererseits stirbt in etwa jeder fünfte Fisch beim Passieren einer Wasserkraftanlage weltweit.“
In der Schweiz setzen heute viele Vereine vermehrt auf die direkte Verbesserung der Lebensräume unserer stark degradierten, oft strukturlosen, montonen und fischarmen Gewässer, berichtet Dr. David Bittner, Geschäftsführer des Schweizerischen Fischerei-Verbandes SFV. Der Erfolg dieser ‘Fischer schaffen Lebensraum’-Maßnahmen, insbesondere der Eintrag von Totholz, lasse nicht lange auf sich warten. So entstehe etwa ein Beitrag zu einer höheren Biodiversität bei. Durch die oft jahrzehntelangen Erfahrungen kenne man die Zusammenhänge am und vor allem unter Wasser und das Wissen um die Fische und die Gewässer sei durchaus bemerkenswert. „Schließlich sind wir die Augen und Ohren der Anwälte der Fische, beaufsichtigen und kontrollieren die Gewässer und weisen auf Probleme hin.“
Den Blick auf die Fischzucht wirft Dr. Mark Schumann von der Fischereiforschungsstelle Langenargen am Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg. „Schaut man auf die noch recht junge 150-jährige Geschichte der intensiven Erzeugung von Salmoniden, die heute den wichtigsten Zweig der Fischzucht in Deutschland darstellt, so zeigt sich die Bedeutung der technischen Innovation.“ Nur mit Entwicklungssprüngen, wie der künstlichen Vermehrung, dem effizienten Eintrag von Sauerstoff und der Entwicklung von extrudierten Alleinfuttermitteln sei es möglich gewesen, dass der Sektor diese Erfolgsgeschichte schreiben konnte. Nicht nur angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel seien innovative Lösungen auch zukünftig der Schlüssel für den Erfolg der Branche, um dem Anstieg der Wassertemperaturen, saisonaler Wasserknappheit oder dem Auftreten neuer Krankheitserreger zu begegnen.
„Weniger Wasser und höhere Temperaturen machen Belüftung und Sauerstoffeintrag in der Forellenzucht immer wichtiger“, betont auch Helga Bültermann-Igler, Obfrau des Verbandes österreichischer Forellenzüchter. Solche und auch andere technische Errungenschaften, wie automatische Fütterungssysteme, Wasserstandsanzeiger und Alarm bei Stromausfall, ziehen nach ihren Angaben allerdings einen Rattenschwanz an notwendiger Überwachung und weiteren Alarmsystemen nach sich. Daher richtet sie den Blick auf die Politik. Diese könne die Arbeit der Zucht-Betriebe durch finanzielle Förderungen und weniger Bürokratie, namentlich schnellere und übersichtlichere Genehmigungsverfahren unterstützen.