Nach aktuellen Daten holen deutsche Städte bei der Digitalisierung auf. Wie ist smart ist Essen derzeit aus Ihrer Sicht im europäischen Vergleich?
Wie eine Stadt in einem Ranking abschneidet ist immer davon abhängig, was die auswertende Organisation für wichtig hält. Der Smart City Index der Bitkom sortiert die Stadt Essen unter 84 Städten im Mittelfeld ein. Gegenüber dem Vorjahr konnten wir uns um einige Plätze verbessern, insbesondere in den Teildisziplinen Verwaltung sowie Mobilität. Über die vielen Kontakte der Stadt zu anderen nationalen und internationalen Städten wissen wir, dass sich alle mit den gleichen Themen befassen und darin unterschiedlich weit sind. Insbesondere in den Bereichen Umwelt, Nachhaltigkeit und Mobilität hat sich die Stadt Essen in den letzten Jahren um viele Förderprojekte erfolgreich beworben. Projekte, wie die adaptive Beleuchtungssteuerung auf der Kampmannbrücke, ein System zur Ermittlung des Wasserbedarfs von Stadtbäumen, KI-basierte Straßenzustandserfassung mit einem Messfahrzeug oder eine intelligente Ampelsteuerung zur Vermeidung von Luftemissionen, sind nur einige Beispiele. Die kommunikative Bündelung dieser Themen als Smart City-Initiative hat Oberbürgermeister Thomas Kufen auf den Weg gebracht, damit die Wahrnehmung der Maßnahmen in ihrer Gesamtheit in Essen und darüber hinaus besser wird.
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Das Thema Cybersicherheit gilt als systemkritisch. Welche Unterstützung brauchen Sie in dieser Frage von wem?
Die Verwaltungen werden schon seit vielen Jahren täglich zigfach angegriffen und konnten sich bislang immer ganz gut dagegen wehren sowie den technischen Schutz verbessern. Die Cyberangriffe haben aber an Qualität und Quantität deutlich zugenommen. Immer mehr Verwaltungen, öffentliche Institutionen und Firmen melden erfolgreiche Attacken und müssen über Wochen und Monate einen Notbetrieb fahren. Gerade für Kommunen, die viele Aufgaben in der Daseinsvorsorge und der akuten Lage zur Pandemiebewältigung haben, kann dies massive Auswirkungen auf die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen haben.
Die Stadt Essen lässt gerade ihren internen IT-Dienstleister einer externen IT-Sicherheitszertifizierung unterziehen. Das damit betraute Unternehmen berät auch die Verwaltung hinsichtlich verschiedener Maßnahmen. Neue Systeme werden in der Regel durch sogenannte Penetrationstests dahingehend geprüft, ob Sicherheitslücken bestehen. Solche Tests und Zertifizierungen können nur von unabhängigen Firmen erfolgen. Daneben gibt es eine Zusammenarbeit mit dem Computer Emergency Response Team des Landes NRW, über das angeschlossene Kommunen laufende Informationen über sie Sicherheitslage erhalten. Über den Dachverband der kommunalen IT-Dienstleister gibt es einen weiteren Austausch mit Verwaltungen und ihren IT-Bereichen. Dabei geht es nicht nur um technische Fragestellungen, sondern auch um Fragen wie die Beschäftigten für einen vorsichtigen Umgang mit IT sensibilisiert werden können, wie Notfallpläne aufgestellt werden und wie entstandene Schäden best- und schnellstmöglich behoben werden können.
Empfohlen werden private Finanzierungs-Partnerschaften, weil die Kooperationen mit erfahrenen Smart-City-Providern versprechen. Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie in (teil-)privaten Finanzierungsmodellen für Smart-City-Projekte?
Die Kommunen können in der Regel keine Geschäftsmodelle aufbauen, wonach eine Dienstleistung einen bestimmten Preis kostet und wenn man bereit ist mehr zu bezahlen, einen besseren Service bekommt. Die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen haben ein Recht darauf, zu gleichen Sachverhalten auch gleiche Leistungen zu nachvollziehbaren Konditionen zu erhalten. Über Mehrwert- und Premiumdienste finanzieren sich viele private Dienstleistungen, die über einen gewissen kommunal finanzierbaren Standard hinausgehen. So ist es im Bereich von Smart City-Projekten denkbar, dass über das kommunale Pflichtprogramm hinaus weitere Dienstleistungen angeboten und durch private Unternehmen auch verrechnet werden, die in die Mehrwerte investieren. Häufig sinken die Preise für Mehrwertdienste mit der Zeit, sodass auch immer mehr Nutzende davon profitieren können. Durch Kooperationen ist es also möglich, eine gute Basisqualität einer Dienstleistung bieten zu können und darüber hinaus einen zusätzlichen Service.
Es gibt bereits Fördermöglichkeiten von der EU und der Bundesregierung. Wie sollten diese in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden?
Der Fokus von Fördermaßnahmen sollte mehr auf konkreten Projekten liegen und weniger auf einer bestimmten Kommune. Mit jeder Förderung muss auch eine Regelung verbunden sein, wie das Ergebnis allen anderen Kommunen übermittelt werden kann und wie eine Nachnutzung möglich ist. Häufig kommen interessante Projekte nicht über eine Machbarkeitsstudie hinaus, weil nicht direkt auch mitgedacht wurde, wie eine Flächendeckung erreicht werden kann. Dazu müssen sich auch die Kommunen intensiv miteinander vernetzen und bereit sein, gute Lösungen zu teilen. Die Stadt Essen ist in vielen Netzwerken aktiv, denn wir wissen, dass die Entwicklung einer Stadt nicht an einer Ortsgrenze endet.