Wien gilt als Vorreiter in Sachen Smart City. Wie smart ist die Stadt derzeit aus Ihrer Sicht im europäischen Vergleich?
Die Stadt Wien hat mit ihrer „Smart City Wien – Rahmenstrategie“* ein nachhaltiges politisches und planerisches Commitment in Sachen ganzheitlicher smarter Stadtentwicklung im Jahr 2014 abgegeben. Die übergeordnete Vision umfasst die Themenbereiche Lebensqualität, größtmögliche Ressourcenschonung und soziale wie auch technische Innovationen und dies mit einem ambitionierten Leitziel, das bis 2050 erreicht werden soll. Diese Themenbereiche, die langfristig gedacht sind, garantieren in der Umsetzung ein vielfältiges Potpourri an Projekten, die auf Bürger*innenbeteiligung basieren. Die Stadt sieht sich in einer stetigen Transformation zu einem nachhaltigen städtischen Lebensraum, die durch eine Vielfalt von sektoralen Strategien unterstützt wird.
Das Konzept der Smart City Wien ist demnach kein isoliertes theoretisches Konzept, sondern aktiv in die Stadtplanung und -politik eingebunden. Wien zeichnet sich insbesondere durch klein- und großmaßstäbige smarte Projekte aus, die in ihrer Dimension einen aktiven Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität leisten. Hervorzuheben ist die Seestadt Aspern**, die das größte Stadtentwicklungsgebiet Europas darstellt und im Vollausbau mehr als 25.000 Bewohner*innen beherbergen wird. Die in Aspern verwirklichten Projekte reichen von innovativen Grünraumgestaltungen, Dach- und Fassadenbegrünungen bis hin zu modernen technologieorientierten Businesslösungen wie beispielsweise die Pilotfabrik Industrie 4.0.*** Viele der smarten Umsetzungsideen haben für sich gesehen kein Alleinstellungsmerkmal, aber die koordinierte und ganzheitliche Einbettung in die Stadtentwicklung als Ganzes kann als besonders innovativ angesehen werden. Dies wird auch durch eine Reihe von internationalen Preisen und Rankings****, die Wien vorzuweisen hat, bestätigt.
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Das Thema Cybersicherheit gilt als systemkritisch. Welche Unterstützung brauchen die Kommunen in dieser Frage?
Je smarter Städte werden, desto mehr Technologie kommt zum Einsatz. Dies ist ein Kritikpunkt am Smart City Konzept, das in seiner ursprünglichen Fassung technologiegetrieben war und ausschließlich dem Prinzip der Effizienz folgte, in dem die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in den Smart City Bereichen Verkehr, Energie, Umweltmanagement, Wassermanagement, öffentliche Sicherheit und Telekommunikation forciert wurde. Die Kritik aus Sicht der nachhaltigen Stadtentwicklung, die vor allem die Problematik des „rebound“ Effekts und des technologischen „lock-in“ Effekts in die Diskussion brachte, verhalf dem Smart City Konzept zu einem integrierten Ansatz, der vor allem die institutionellen Faktoren in den Vordergrund rücken ließ. Cybersicherheit ist ein Thema, dass nur durch eine entsprechende institutionelle Einbettung der Politik unter Einbeziehung aller Experten*innen (partizipativer Governanceansatz) berücksichtigt werden kann. Dies setzt auch voraus, dass Kommunen gerade im Bereich der Technologieinvestitionen über alle Gefahren und Risiken umfassend von den Technologieanbietern und Expert*innen für Cybersicherheit im Vorfeld informiert werden, um das weitverbreitete Problem der Informationsasymmetrie zu vermeiden.
Empfohlen werden private Finanzierungs-Partnerschaften, weil die Kooperationen mit erfahrenen Smart-City-Providern versprechen. Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie in (teil-)privaten Finanzierungsmodellen für Smart-City-Projekte?
Aus den ebengenannten Gründen der Informationsasymmetrie bieten private Finanzierungs-Partnerschaften einen geeigneten Rahmen zur Verhinderung bzw. Minimierung von Risiken und Unsicherheiten. Das beiderseitige Interesse an einer erfolgreichen Implementierung kann als der wichtigste positive Faktor dieser teilprivaten Finanzierungsmodelle gesehen werden. Nachteile dieser Finanzierungs-Partnerschaften sind allerdings die Schaffung von Abhängigkeitsverhältnissen und möglicherweise die zu starke Konzentration von wenigen starken privaten Investitionspartnern, die in der Folge zu „lock-in“ Effekten führen kann.
Es gibt bereits Fördermöglichkeiten von der EU und der Bundesregierung. Wie sollten diese in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden?
Die Smart City Fördermöglichkeiten sollten möglichst einem ganzheitlichen Konzept der Smart City folgen, d.h. wie am Beispiel der Stadt Wien gezeigt, sollte der Smart City Ansatz ganzheitlich in die Stadtpolitik und -planung eingebettet sein. Durch diesen integrierten Ansatz der Stadtentwicklung werden lebenswerte Städte durch gezielten Einsatz von smarten Projekten gefördert. Projekte sollten nach diesem Prinzip evaluiert werden und es sollte vor allem darauf geachtet werden, dass Projekte nicht isoliert einen Bereich verbessern, sondern einen ganzheitlichen positiven Beitrag leisten. Da sich Smart Cities laufend entwickeln, werden auch die Fördermöglichkeiten diesen Entwicklungen folgen müssen. Daraus resultiert die Notwendigkeit einer stetigen Anpassung der Fördermöglichkeiten möglichst in Abstimmung mit Smart Cities. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Möglichkeit des gegenseitigen Lernens von Smart Cities. Förderungen könnten diesen Aspekt künftig stärker berücksichtigen.
* https://www.smartertogether.at/wp-content/uploads/2018/02/Langversion_SmartCityWienRahmenstrategie_deutsch_%C3%BCberblick.pdf
** https://www.aspern-seestadt.at/
*** https://www.aspern-seestadt.at/wirtschaftsstandort/innovation__qualitaet/industrie_40
**** https://smartcity.wien.gv.at/der-wiener-weg/auszeichnungen/