Nach aktuellen Daten holen deutsche Städte bei der Digitalisierung auf. Wie smart ist Leipzig derzeit aus Ihrer Sicht im europäischen Vergleich?
Natürlich ist Leipzig hinsichtlich der Digitalisierung smart. Auf europäischer Ebene hat sich die Stadt der Initiative „Cities for Digital Rights“ angeschlossen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Bürgerrechte auch im digitalen Raum zu achten. Dort sind alle großen europäischen Städte vertreten. Auf nationaler Ebene konnte Leipzig im Smart City Index der Bitkom, dem Digitalranking 81 deutscher Großstädte, mit Platz 14 in diesem Jahr das Vorjahresniveau mit Platz 12 sehr gut halten.
Viel wichtiger als Rankings ist jedoch, dass wir an den zentralen Kompetenzbereichen der Digitalisierung kontinuierlich weiterarbeiten. Dazu zählt unter anderem die Weiterentwicklung der Urbanen Datenplattform und dem Aufbau eines Digitalen Zwillings zur Stadtentwicklung. Mit den erhobenen Daten wollen wir besser planen, steuern und die Interessen der Leipzigerinnen und Leipziger berücksichtigen.
Zudem will die Stadt Leipzig die städtischen Trägerinfrastrukturen ausbauen und für Sensornetze sowie zur Mobilfunkabdeckung zur Verfügung stellen. Die Schulen werden zügig mit Breitband und WLAN ausgestattet werden. Gemeinsam mit kommunalen Unternehmen und der Wissenschaft wollen wir digitale Infrastrukturen gemeinsam nutzen, um Synergien zu heben. Dazu bereiten wir geraden die Inbetriebnahme eines klimafreundlichen Rechenzentrums vor, dessen Abwärme für die Beheizung von Wohngebäuden genutzt wird. Klimafreundlich und ressourcenschonend ist auch das Projekt Hardware for Future zusammen mit dem dezentrale e.V. Dabei wird funktionierende Hardware von Unternehmen und Privatpersonen gespendet, beim Verein aufbereitet und dann kostenfrei an Leipzig-Pass-Inhabende abgegeben.
Zudem schließen wir als Stadtverwaltung Entwicklungspartnerschaften mit Start-ups, um innovative und digitale Lösungen für kommunale Fragestellungen umzusetzen. Über unseren jährlichen Innovationswettbewerb Smart City Challenge fördert die Stadt Leipzig Studierende und junge Unternehmen.
Für die Leipzigerinnen und Leipziger bietet die Verwaltung zentrale Bürgerleistungen digital an und bleibt trotzdem persönlich ansprechbar. Damit alle unsere digitalen Leistungen nutzen können, benötigen die Nutzenden digitale Kompetenzen, die über neue Bildungsorte wie zum Beispiel dem Digital Campus vermittelt werden sollen. Am Campus sollen vor Ort und digital Bürgerbeteiligung, Co-Kreation und Wissensvermittlung zwischen Wissenschaft, Verwaltung, Unternehmen und Zivilgesellschaft stattfinden.
Alle beschriebenen Projekte tragen dazu bei, dass Leipzig auch künftig ganz vorne bei der Digitalisierung dabei ist und weiter zu einer smarten Stadt ausgebaut wird.
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Das Thema Cybersicherheit gilt als systemkritisch. Welche Unterstützung brauchen Sie in dieser Frage von wem?
Mit der zunehmenden Digitalisierung, den smarten Anwendungen und der Vernetzung aller (Lebens-) Bereiche steigt leider auch das Risiko eines Cyberangriffes. Wir als Stadtverwaltung wollen den Zugang zu unseren Dienstleistungen für alle offen gestalten und müssen deswegen zur Gefahrenabwehr hohe Investitionen stemmen. Für die Umsetzung braucht es starke kommunale IT-Unternehmen und Kooperationen mit Wirtschaft sowie Wissenschaft, um die Daten der Bürgerinnen und Bürger die städtischen IT-Systeme sicher zu managen und die Vorgabe „Security-by-Design“ umsetzen. Das heißt IT-Systeme möglichst ohne Schwachstellen zu konzipieren und zu implementieren. Cybersicherheit ist eine Herausforderung für alle Kommunen. Es wäre deshalb sinnvoll, wenn von der neuen Bundesregierung übergreifende Betreibermodelle entwickelt sowie Investitionsprogramme zum Aufbau einer sicheren IT-Infrastruktur und zum Kompetenzaufbau bei den Mitarbeitenden aufgelegt werden.
Empfohlen werden private Finanzierungs-Partnerschaften, weil die Kooperationen mit erfahrenen Smart-City-Providern versprechen. Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie in (teil-)privaten Finanzierungsmodellen für Smart-City-Projekte?
Grundsätzlich sollten Kommunen souverän und ohne wirtschaftliche Zwänge agieren können, um den digitalen Transformationsprozess umzusetzen. Damit dies gewährleistet werden kann, sind auch der Bund und die Länder in der Pflicht. Bei privaten Finanzierungspartnerschaften sind Gemeinwohl und Gewinn nicht immer klar abzugrenzen und einfach zu gestalten. Partnerschaften, die aus einer finanziellen Not eingegangen werden, sind nicht tragfähig. Ich erinnere an die Fehlentwicklungen, dem Ausverkauf der kommunalen Werte wie im Wohnungsbau und die Rosinenpickerei der Privatwirtschaft in den so genannten Partnerschaften der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts.
Die Kommunen benötigen privates Kapital und die Kompetenzen der Unternehmen. Auch eine gewisse Start-up Kultur ist bei den Modernisierungsaufgaben wichtig. Viel wichtiger ist jedoch, dass Smart City Projekte auf Augenhöhe umgesetzt werden. Die Hoheit über kommunale Daten und die Belange der digitalen Daseinsvorsorge liegen für mich ganz klar in den Händen der öffentlichen Verwaltung. Der Ausbau der Infrastrukturen und die Erbringung von digitalen Services kann sehr gut gemeinsam erfolgen.
Es gibt bereits Fördermöglichkeiten von der EU und der Bundesregierung. Wie sollten diese in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden?
Zunächst wäre es schön, wenn die administrativen Hürden bei der Antragstellung sowie beim Fördermittelmanagement abgebaut würden und die Programme auf allen Ebenen besser miteinander verbunden und abgestimmt werden. Wie wäre es mit einem Programm, mit dem Kommunen Fördergelder für verschiedene Bereich beantragen können – sozusagen ein Programm für alles? Nichts spricht gegen eine parallele Förderung von Basisinfrastruktur und digitale Innovationen aus einer Förderhand.
Im Detail sollten die Schwerpunkte in den kommenden Jahren auf den Themen Auf- und Ausbau von digitalen Kompetenzen, der Förderung von Entwicklungspartnerschaft mit Start-ups sowie dem Wissenstransfer zwischen Städten in Deutschland und Europa liegen. Wichtig ist dabei die Entwicklung aller Städte zu fördern. Es wäre aus meiner Sicht kontraproduktiv, wenn einige Städte sehr smart sind und andere Kommunen noch einen hohen Entwicklungsbedarf ausweisen. Gerade in der Digitalisierung zeigt sich, dass zum Teil eine starre Regulierung und veraltete Gesetze sowie Vorschriften Projekte beschränken, wenn nicht gar verhindern. Hier müssen wir mutiger werden und in Reallaboren die Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung ausprobieren.