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Interview07.04.2021

Digitalisierung wird Eisenbahn in Deutschland wettbewerbsfähiger machen

Erfahrungen schaffen mit Pilotprojekten und digitalen Testfeldern

Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr Quelle: BMVI Enak Ferlemann Parlamentarischer Staatssekretär Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Rempe
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Die Digitalisierung des Eisenbahninfrastruktur in Deutschland birgt für Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister sowie Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr, zahlreiche Herausforderungen. Sie werde aber "einen entscheidenden Beitrag" zur Lösung aktueller Probleme liefern.





Welche Herausforderungen warten bei der weitreichenden Digitalisierung der Bahninfrastruktur auf die Deutsche Bahn und ihren Eigentümer, den Staat?
Sowohl die Europäische Leit- und Sicherungstechnik (ETCS) als auch digitale Stellwerke (DSTW) sind neue Techniken, deren Integration in unser bestehendes Eisenbahnnetz eine komplexe Aufgabe ist. Um diese Integration vorzubereiten und dann erfolgreich umzusetzen, starten wir zunächst mit Pilotprojekten und  (digitalen) Testfeldern. Die hieraus gewonnenen Erfahrungen tragen zum Lösen der bestehenden Herausforderungen entschieden bei. Einzelne dieser Herausforderungen sind beispielsweise:
•   Erstellen von Lastenheften
•   Personalressourcen im Bereich ETCS, folglich müssen ETCS-Spezialisten ausgebil-
     det werden, insb. für Anforderungsspezifikationen / technische Entwicklung von
     ETCS-Varianten
•   Qualifizierung von Lieferanten für ETCS-Technologie
•   Aufbau von Produktionskapazitäten auf Lieferantenseite
•   Integration von streckenseitigem ETCS in Kombination mit vorhandener Technik
•   Implementierung von ETCS im Bereich von Grenzübergängen bzw. „Verbinden“
     verschiedener Varianten
•   Parallelisierung von Planung und Realisierung zur Beschleunigung (Zunahme der
     Herausforderungen in Bezug auf Ressourcen und Technologie, z. B. durch neue
     notwendige Verriegelungen)
•   Erfüllung der EU-Vorgaben mit gleichzeitig wirtschaftlich vertretbaren Lösungen

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Der Eisenbahnverkehr in Deutschland hat mit vielen Problemen zu kämpfen: Zu wenige Lokführer, Unpünktlichkeit, Konkurrenz der Straße, veraltete Technik, voreilig stillgelegte Strecken etc. Inwieweit kann die digitale Offensive bei der Lösung dieser Probleme helfen?
Die Digitalisierung wird einen entscheidenden Beitrag zur Lösung dieser Probleme liefern und die Eisenbahn gegenüber der Konkurrenz auf der Straße wettbewerbsfähiger machen. Beispiele hierfür sind die höhere Zuverlässigkeit neuer digitaler Stellwerke, die Unterstützung der Triebfahrzeugführer durch neue Assistenzsysteme und mehr Kapazität auf dem Schienennetz durch kürzere Zugabstände.
 
Ist die bislang geplante Investitionssumme für den Zweck der umfassenden Digitalisierung ausreichend?
Mit der Digitalisierung der Schiene wurde in Deutschland bereits im Jahr 2015 begonnen. Erste Projekte waren die Einführung von ETCS auf dem Korridor Rhein-Alpen und im Bereich von sieben Grenzübergängen. Fortgeführt wird die Digitalisierung der Schiene in Deutschland (DSD) zunächst mit einem sogenannten Starterpaket und anschließendem Flächenrollout. Das Starterpaket beinhaltet folgende ETCS/DSTW-Infrastrukturausrüstungen:
•   auf dem transeuropäischen Korridor „Skandinavien-Mittelmeer“,
•   auf der Schnellfahrstrecke Köln-Rhein/Main und
•   in der Metropolregion Stuttgart (S-Bahn-Stammstrecke und Umland).
Die Ausrüstung des gesamten Schienennetzes mit ETCS und DSTW soll nach aktuellem Stand bis 2040 abgeschlossen werden und etwa 28 Mrd. € kosten. Dies wurde durch einen externen Gutachter ermittelt. Derzeit wird durch die DB AG geprüft, ob eine Fertigstellung bis 2035 realisiert werden kann. Zusätzlich wurde die erforderliche ETCS-Ausrüstung der Schienenfahrzeuge auf ca. 4 Mrd. € geschätzt.

Im Bundeshaushalt sind für den Korridor Rhein-Alpen, die Grenzübergänge und das Starterpaket DSD  bis 2030 zunächst insgesamt ca. 4,4 Mrd. € Mrd. € eingeplant. Zusätzlich stellt der Bund kurzfristig in 2020/2021 weitere 500 Mio. € für ein sogenanntes Schnellläuferprogramm zur Beschleunigung des Rollouts der "Digitalen Schiene Deutschland" zur Verfügung, um in Zeiten der Corona-Pandemie wichtige Konjunkturimpulse für den Bahnsektor zu geben. Wie das erwähnte Gutachten aber zeigt, werden darüberhinausgehend Bundesmittel für die Digitalisierung des gesamten Streckennetzes eingesetzt und in die künftigen Bundeshaushalte eingeplant werden müssen. Nur die Gesamtausrüstung des Netzes wird uns die Vorteile und auch den wirtschaftlichen Nutzen der Digitalisierung bringen.

Wie gut schätzen Sie die Zusammenarbeit europäischer Eisenbahngesellschaften beim Thema Digitalisierung ein?
Die Bundesregierung steht mit den Nachbarstaaten und der EU in engem Kontakt. Dies gilt auch für die Deutsche Bahn AG mit den anderen europäischen Eisenbahngesellschaften. Denn entscheidendes Ziel unserer Aktivitäten auf EU-Ebene ist es ja, ein einheitliches, interoperables und mithin effizientes System ohne technologische Bruchstellen in Europa aufzubauen. Dies ist ein zentraler Baustein, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber der Straße und auch dem Luftverkehr deutlich zu verbessern.

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