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Summary08.10.2021

Die Hochschulen auf dem Weg in die digitale Zukunft

Wie die Pandemie einen Schub ausgelöst hat - und was nun folgt

Nikola Marquardt, Mitherausgeberin des Fachdebattenportals Meinungsbarometer.info Quelle: Redaktion Dipl.- Journ. Nikola Marquardt Founder & Herausgeberin Meinungsbarometer.info

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Dass digitale Technologien effizientere Verwaltungsabläufe ermöglichen, ist lange bekannt. Gerade an den Hochschulen wird schon geraume Zeit an der Digitalisierung gearbeitet und die verantwortlichen Ministerien in Deutschland und Österreich fördern entsprechende Projekte bereits seit Jahren. Und doch konstatiert Dr. Cornelia Raue, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung Innovation in der Hochschullehre, in unserer Fachdebatte: „Die Pandemie war in diesem Sinne eine Inspirationsquelle und Inkubator für virtuelles Lernen und Lehren.“ Die Hochschulen haben aus ihrer Sicht durchaus kreative und innovative Vorstellungen davon, wie eine langfristig hybride Hochschulzukunft, die flexible und diversere Bildungswege ermöglicht, aussehen könnte. „Dabei möchten sie jedoch nicht nur auf eine, von externen Faktoren her bestimmte, digitale Zukunft vorbereitet sein, sondern diese auch aktiv mitgestalten.“ Auch Josephine Sames, Projektmanagerin beim Hochschulforum Digitalisierung, beobachtet, wie die Corona-Pandemie auch die letzten Hochschulen gedrängt hat, schnelle Schritte in Richtung einer Digitalisierung von Studium und Lehre zu gehen. „Nun werden die Hochschulen zeigen müssen, ob sie auch ohne Druck die Richtung beibehalten und Unsicherheiten bald selbstbewussten und zielgerichteten Schritten weichen.“

Auch aus der Praxis berichten die Verantwortlichen vom dem Druck, den die Pandemie erzeugt hat. „Das Infektionsgeschehen ließ keine andere Wahl, als all dies zügig durchzuziehen“, sagt Dr. Christian Blomeyer, Kanzler der Universität Regensburg, „Mit Sicherheit hätte dies in nicht-pandemischen Zeiten zu vielen bürokratischen Diskussionen geführt.“ Aber dafür habe die Zeit gefehlt, der Druck sei zu hoch gewesen. Gleichzeitig sieht er die hohe Akzeptanz für die Arbeit im Homeoffice, die zu einer verstärkten Nachfrage nach elektronischen Verfahren führe. Die Arbeit im Homeoffice habe die Arbeitswelt verändert. Dieser Veränderungsprozess werde andauern und damit auch den Druck auf die Digitalisierung bisher analoger Verfahren erhöhen. Und: „Die Finanzierung dieser Umstellungen wird eine Notwendigkeit sein.“

Sandra Magens, Kanzlerin der Universität zu Lübeck, beklagt, die Mittel in Schleswig-Holstein, die für die Digitalisierung während der Pandemie zur Verfügung stehen, seien bei weitem nicht ausreichend. „Für uns bedeutet das, dass wir ohnehin schon jetzt mit Mitteln des Globalhaushalts mit entsprechender Verschiebung anderer Schwerpunkte agieren müssen.“ Mit den ggf. vorhandenen Sondermitteln könne man gut den Anschub und Einmalinvestitionen bestreiten. Langfristig würden die neuen Formate ohnehin nicht mehr wegzudenken sein, so dass ein entsprechendes Umdenken unumgänglich sei. Je länger der Pandemiezustand andauere, umso deutlicher werde das. „Keine Hochschule wird zurückkehren ins Jahr 2019.“ Dr. Waltraud Kreutz-Gers, Kanzlerin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) weist darauf hin, dass für die Nachhaltigkeit von Digitalisierungsprozessen aber nicht nur Geld erforderlich sei. „Digitalisierungsprozesse sind anfänglich mit zusätzlichem personellem Aufwand, vor allem aber mit der Bereitschaft verbunden, tradierte Verfahren in allen Leistungsbereichen einer Universität auf den Prüfstand zu stellen.“ Hier seien in erster Linie die Hochschulen selbst gefragt.

Ein Weg für den effizienten Einsatz von Mittel sind Kooperationen, von denen viele der Entscheider in den Unis berichten. Niels Helle-Meyer, Kanzler der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), etwa erläutert, dass die brandenburgischen Hochschulen Anfang 2020 miteinander ein Kooperationsverbund zur Verwaltungsdigitalisierung gegründet haben – das Zentrum für digitale Transformation zdt. „Die Chance besteht darin, die jeweiligen Kompetenzen der Hochschulen nutzen zu können und hierdurch ein Gewinn für die Hochschulen zu erreichen.“ Gerade kleinere Hochschulen könnten durch eine Kooperation Ressourcen einsparen. Einrichtungen, die Kooperation fördern, müssten allerdings auch eine effektive Struktur bekommen und eine klare Aufgabendefinition. Dies sei ein iterativer Prozess. Jörg Stahlmann; Vizepräsident für Verwaltung und Finanzen der Universität Oldenburg plädiert dafür, Verbünde zu übergeordneten Themen und Aufgaben zu bilden, etwa zum Datenschutz oder zu Fragen der Informations- und IT-Sicherheit. So könne die erforderliche Expertise gemeinschaftlich aufgebaut und zur Verfügung gestellt werden. Auch im Bereich der technischen Unterstützung, etwa bei der Bereitstellung oder Entwicklung von Videokonferenzsystemen, Cloud-Services oder digitaler Akten, sollte man stärker die vielfach vorhandenen Synergien nutzen. „Das setzt allerdings die Bereitschaft für und Verständigung auf bestimmte Standards voraus.“

In Österreich lassen sich ähnliche Entwicklungen beobachten wie in Deutschland. Prof. Dr. Karl Wöber, Vorsitzender der Österreichischen Privatuniversitäten Konferenz, erklärt, die hiesigen „Privatuniversitäten haben während der Pandemie, wie allen anderen Hochschulen auch, sehr rasch und flexibel reagiert und den Unterricht in den virtuellen Raum verlegt.“ Gleichzeitig seien an den Privat-Hochschulen zusätzliche qualitätssichernde Maßnahmen entwickelt worden, um die Auswirkungen dieser Digitalisierung der Forschung und Lehre zu messen. Daraus ließen sich nicht nur zahlreiche Maßnahmen zur Optimierung der neuen Form des virtuellen wissenschaftlichen Arbeitens ableiten, sondern mittlerweile auch die Grenzen der Digitalisierung des Hochschulbetriebs erkennen. Elisabeth Fiorioli, Generalsekretärin der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko), verweist darauf, dass es bereits vor der Pandemie an den Universitäten technische Strukturen und Services gegeben habe. So seien bereits im Januar 2020, also zwei Monate vor dem ersten Lockdown, 35 strukturentwickelnde Projekte, die über eine Ausschreibung des Ministeriums gefördert werden, präsentiert worden. „Tatsächlich hat das Thema aber durch Corona eine unheimliche Beschleunigung erfahren, da mit einem Schlag alle Beteiligten gefordert waren, sich mit digitalen Hilfsmitteln in der neuen Wirklichkeit zurechtzufinden.“

Dabei lernen die Einrichtungen auch aus den Erfahrungen mit der virtuellen Arbeit und Lehre. Aus Linz berichtet Christopher Lindinger, Vizerektor für Innovation und ForscherInnen der hiesigen Johannes Kepler, über die Erkenntnis, „wie ermüdend es für Studierende ist, sämtliche Lehrveranstaltungen in Form von Videostreaming zu konsumieren. Das habe zu einem Reflexionsprozess über die systematische Neugestaltung der Online-Lehre geführt. Als zentraler Aspekt in diesem Kontext gelte das Filetieren von Lehrveranstaltungen in Mikroeinheiten. Vermittlungsformate, die von Flipped Classroom über Microlearning-Module und adaptive Lernsysteme für das Selbststudium bis zu Extended Reality reichen, befänden sich derzeit in der Testphase. Etabliert werden solle auch eine eigene Organisationseinheit, die sich mit der Entwicklung, Erprobung und Evaluierung digitaler oder hybrider Lehrszenarien und Lernarchitekturen befasse. Tatjana Oppitz, Vizerektorin für Infrastruktur und Digitalisierung, Wirtschaftsuniversität Wien, erwähnt Blended-Learning-Formate, bei denen in Lehrveranstaltungen Online-Angebote mit Präsenzveranstaltungen kombiniert werden: „Im Flipped Classroom eignen sich Studierende zuhause, häufig über digitale Medien, das grundlegende Wissen an, um danach in einer Präsenzveranstaltung, gemeinsam mit anderen Studierenden, das erlernte Wissen zu vertiefen.“ Ihr ist es aber auch wichtig zu betonen, dass eine Universität von Internationalität, Interaktion, Austausch und direkter Begegnung lebt - „jede Einschränkung in dieser Hinsicht behindert.“

Technisch setzt beispielsweise die Universität Graz auf Open-Source. Die Vizerektorin für Digitalisierung, Prof. Dr. Petra Schaper-Rinkel erklärt: „Open-Source-Technologien bieten die Möglichkeit, Systeme schnell entlang der spezifischen und sich schnell wandelnden Bedürfnisse in Forschung und Lehre weiterzuentwickeln.“ Über den Ausbau und Aufbau eigener kollaborativer Open-Source-basierter Systeme schaffe man Innovations- und Wahlmöglichkeiten und implementieren europäische Datenschutzstandards ‚by design‘. Auch Prof. Dr. Ulrike Tanzer, Vizerektorin für Forschung an der Universität Innsbruck, betont die Chancen von Zusammenarbeit. Wissenschaft sei geprägt von Kooperation und so seien Kooperationen mit anderen Universitäten auch im Bereich der Digitalisierung sehr wichtig, da man ähnliche Fragestellungen und Herausforderungen zu bewältigen habe. Die Geschwindigkeit der Entwicklung sei zu hoch, als dass man hier allein mithalten könne. „Insbesondere die Kooperation im Verbund unseres European Universities Netzwerk „Aurora“ ist ein Treiber der Universitätsentwicklung und der digitalen Transformation der Universität Innsbruck.“

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