Kann nach Ihren Erfahrungen das Building Information Modeling (BIM) die in es gesetzten hohen Erwartungen erfüllen?
Die Erwartungen an die Methode BIM scheinen in der Tat hoch. In der Wirtschaft wie auch in der Politik finden sich die Begriffe Digitalisierung im Allgemeinen und BIM im Speziellen als oft verwendete Schlagworte wieder. Wichtig ist, diese Begriffe inhaltlich zu füllen und sie nicht primär interessengeleitet zu verwenden.
Die Möglichkeiten, die sich durch BIM ergeben, sind dabei tatsächlich sehr groß und vielfältig. Wir müssen etwa zur Erreichung von Klimaneutralität viel mehr als bisher den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie in den Blick nehmen – bis hin zum Rückbau und zur Verwertung. BIM liefert hierfür die erforderliche methodische Grundlage und einen Instrumentenkasten.
Die neuralgischen Übergabepunkte von Informationen in der Prozesskette – also von der Planung zur Fertigung, von der Fertigung zur Nutzung und zum Betrieb sowie von der Nutzung zum Rückbau und zur Verwertung – sind indes auch in der digitalen Entsprechung im BIM-Prozess die kritischen Stellen: sinnbildhaft gesprochen die Knackpunkte, an denen es knirscht und wo Informationen verloren gehen können. Die Methode BIM entfaltet dann ihre Wirkung, wenn wir entlang der gesamten Wertschöpfungskette eine digitale Durchgängigkeit herstellen. Offene Schnittstellen und Datentransparenz sind hierfür die Voraussetzungen.
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Können mit dem BIM-basierten Bauen relevant Kosten gespart werden?
Trotz fortschreitender Digitalisierung stagniert die Produktivität der Baubranche seit Jahren. Mit der Nutzung von BIM sind Effizienzgewinne möglich aber keine Selbstläufer. Voraussetzung dafür ist, dass wir nicht nur Einzelprozesse digitalisieren, sondern den Gesamtprozess im Blick haben. In der kleinteiligen Struktur des deutschen Bauwesens muss BIM offen für alle Beteiligten gestaltet werden. Effizienzgewinne sind nur zu erzielen, wenn Datendurchgängigkeit, Transparenz und Teilhabe gesichert sind. Und das mit Methoden, zu denen jeder kleine Handwerksbetrieb Zugang hat. Die Herausforderungen sind also groß und liegen im Detail.
Inwieweit ist das Bauen mit BIM generell umweltfreundlicher als das konventionelle?
Die Frage würde ich umformulieren zu: Wie wird das Bauen umweltfreundlicher durch BIM? Denn bei der Digitalisierung als dienender Disziplin kommt es natürlich darauf an, was wir daraus machen. Nur wenn wir BIM aktiv in den Nutzen des umweltfreundlichen Bauens stellen, wird das Bauen mit BIM auch umweltfreundlicher. Die gute Nachricht hierbei: die Möglichkeiten mit BIM in dieser Hinsicht besser zu bauen, sind ungleich höher als ohne BIM. Auf Grundlage eines intelligenten Gebäudedatenmodells lassen sich viel früher und viel einfacher Gebäudesimulationen und Iterationen errechnen. Auch für Gebäudepässe und Materialkataster bietet das BIM-Gebäudemodell die entscheidende Grundlage. Und für einen effizienten Betrieb ist das Datenmodell des gebauten Gebäudes die beste Basis. Voraussetzungen sind eine Verknüpfung mit entsprechenden Materialdatenbanken, Ökobilanzierungen schon in frühen Planungsphasen sowie die Nutzung der Modellinformationen für die Optimierung des Gebäudebetriebs.
Welche Hindernisse stehen BIM noch im Wege und an welchen Stellschrauben müssen die Akteure auf allen Ebenen noch drehen?
Auch wenn die Entwicklung noch im vollen Gange ist, stehen bereits heute ausreichend technologische Anwendungen zur Verfügung, um die Prozesse entlang der Wertschöpfungskette nachhaltig zu transformieren. Die Stellschrauben befinden sich also in den Köpfen – dort muss ein Umdenken stattfinden. BIM bietet die Chance, auf den Baustellen eine neue Form der Zusammenarbeit zu etablieren. Denn das ist die Verheißung der Methode BIM: Kollaboration aller Beteiligten zum Wohle der Sache.
Um es konkret zu machen:
- Alle Beteiligten der Bauwirtschaft müssen durch Aus- und Fortbildung auf zwei Ebenen fit gemacht werden: in der Anwendung der BIM-Technologie und in einer neuen, kooperativen Form der Zusammenarbeit.
- Zur Sicherstellung offener Schnittstellen und einer Datendurchgängigkeit benötigen wir eine gemeinsame Sprache unter Berücksichtigung der Besonderheiten der deutschen Baubranche. Hierzu müssen möglichst viele deutsche Expertinnen und Experten in den nationalen und internationalen Gremien für die Standardisierung und Normung von BIM mitwirken.
- Der Mehrwert einer neuen Technologie muss unmittelbar wirksam sein. Hier sind die Softwarehersteller aufgerufen, ihre Entwicklungen anwenderfreundlich zu gestalten und hierbei auch den kleinteiligen Markt der deutschen Bauwirtschaft im Blick zu haben.
- Kooperative Zusammenarbeit braucht Rechtssicherheit: Wenn wir die Zusammenarbeit mittels digitaler Technologie entlang der Wertschöpfungskette Bau umgestalten möchten, benötigen wir den dafür notwendigen rechtlichen Rahmen.