Kann nach Ihren Erfahrungen das Building Information Modeling (BIM) die in es gesetzten hohen Erwartungen erfüllen?
Wir wollen die Digitalisierung unter anderem dafür nutzen, um Prozesse zu verschlanken und deutlich zu beschleunigen. Ein wichtiger Bereich ist das Planen und Bauen – z.B. von Verkehrswegen oder Brücken. Hier setzen wir auf das Building Information Modeling (BIM). Das Prinzip: „erst digital - dann real bauen“. Mit BIM werden digitale Modelle von Bauwerken erstellt. Das heißt, dass die bauliche Umsetzung eines Projektes im digitalen Modell abgestimmt und über den gesamten Lebenszyklus (Planen, Bauen, Betreiben, Abreißen) qualitätsgesichert wird. So stehen von Anfang an alle erforderlichen Informationen für die ingenieur- und finanztechnischen Entscheidungen zur Verfügung. Das digitale Modell erleichtert zudem die Öffentlichkeitsbeteiligung bei Genehmigungsverfahren. So können die einzelnen Planungsschritte in den einzelnen Planungs- und Bauphasen zielgerichtet gesteuert, bewertet und bei Bedarf angepasst werden. Herausforderungen, die sich bei einer analogen Planungs- und Baumethode erst später im Prozess zeigen, können mit BIM von vornherein vermieden werden. Die Erfahrungen aus den Pilotprojekten stimmen mich zuversichtlich, dass BIM unseren Erwartungen gerecht werden wird.
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Können mit dem BIM-basierten Bauen relevant Kosten gespart werden?
Die Vorteile liegen auf der Hand: Vor allem bei größeren und komplexen Bauprojekten schafft BIM eine wesentlich höhere Termin- und Kostenstabilität. Schätzungen aus dem BIM-Masterplan Bundesfernstraßen gehen für den Planungs- und Bauprozess von drei bis sechs Prozent Kostenreduktion und von zwei bis vier Prozent Beschleunigungseffekten aus. Dies sind bei Großprojekten sehr signifikante Größenordnungen. Das heißt, dass zusätzlich zu den finanziellen Einsparungen im Bauprozess, Infrastrukturen schon früher in den Betrieb genommen werden können.
Inwieweit ist Bauen mit BIM generell umweltfreundlicher als das konventionelle?
Für sich gesehen ist BIM „nur“ eine digitale Methode, die den Planungs- und Bauprozess unterstützt. Allerdings kann BIM insbesondere auch für Ressourceneinsparungen im Bau- und Betriebsprozess eingesetzt werden. So können durch die Vermeidung von Umplanungen während der Bauphase Ressourcen eingespart werden. Zudem ermöglichen digitale Verfahren einen effizienteren Materialeinsatz, zum Beispiel durch 3D-Druckverfahren im Betonbaubereich. Ein weiterer Bereich ist die Verknüpfung der digitalen Planung mit den Energieverbrauchskennwerten alternativer Bauteile oder Entwürfe. Durch diesen Ansatz und die Verbindung mit konkreten Betriebs- oder Nutzungsdaten können Energieverbrauchsimulationen bereits im Planungsstadium vorausschauend für viele Jahre die Grundlage für die Einsparung von CO2-Emissionen legen.
Welche Hindernisse stehen BIM noch im Wege und an welchen Stellschrauben müssen die Akteure auf allen Ebenen noch drehen?
Die Umsetzung des digitalen Planens und Bauens über alle Akteure und Verwaltungsebenen in Deutschland hinweg ist eine große Aufgabe. Auch wenn dies natürlich einen Kulturwandel erfordert, sehe ich angesichts der Bereitschaft der beteiligten Akteure keine grundsätzlichen Hindernisse. Die Herausforderung ist eher, das komplexe Zusammenspiel der Standardisierung von Bauteilen und Prozessen, der Einführung technischer Systeme und die Schulung von Anwenderinnen und Anwendern zu bewerkstelligen. Der BIM-Fachbeirat des Bundes, der Digitalisierungs-Expertise aus dem öffentlichen und privaten Tief- und Hochbau mitbringt, unterstützt uns in diesem Prozess.
Im BMDV gehen wir bei BIM schon voran. So wurden in unserem Geschäftsbereich in den letzten Jahren bereits viele BIM-Vorhaben auf der Schiene, der Straße und zu Wasser pilotiert. Alle Vorhabenträger haben eigene BIM-Umsetzungsstrategien erarbeitet. Jetzt machen wir die Einführung konkret: Bundesminister Wissing hat beim Brückengipfel des BMDV ein Zukunftspaket für leistungsfähige Autobahnbrücken vorgestellt. Ein zentraler Hebel, um die Infrastruktur leistungsfähiger zu machen und Planung zu vereinfachen, ist dabei das Building Information Modeling. Deshalb wird BIM auf allen Ebenen schrittweise eingeführt und ab 2025 als Standard angewendet.
Unterstützend wirkt hierbei das BIM-Kompetenzzentrum, das u.a. Vorhabenträger bei Tief- und Hochbauten des Bundes berät, sich bei der Entwicklung von nationalen und internationalen BIM-Standards und Normen einbringt und die Vernetzung über den Bundesbau hinaus unterstützt. Das Kompetenzzentrum kann von der gesamten Bau-, Infrastruktur- und Immobilienbranche und allen beteiligten Akteuren genutzt werden.