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Definition von politischer Werbung dringend überarbeiten

Wie die Werbewirtschaft die geplanten EU-Regeln sieht

Dr. Philipp Ostendorff, LL.M. (Dresden/Straßburg) - Referent Recht und Werbepolitik beim ZAW Quelle: ZAW/ Katrin Bernsteiner Dr. Philipp Ostendorff Referent Recht und Werbepolitik ZAW 28.01.2022
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Dr. Philipp Ostendorff vom Werbewirtschaftsverband ZAW fordert mit Blick auf die geplanten EU-Regeln zu politischen Werbung, "dass allen voran Publishern und Werbungtreibenden durch die Verordnung keine unverhältnismäßigen Pflichten aufgebürdet werden dürfen." Insgesamt sei mit Augenmaß vorzugehen und eine Überregulierung zu vermeiden.







Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für Vorschriften für politische Werbung, Wahlrecht und Parteienfinanzierung vorgelegt. Wie dringend ist der Handlungsbedarf aus Ihrer Sicht in diesem Bereich?
Unser Eindruck ist, dass sich die EU-Kommission allen voran vor dem Hintergrund des Skandals um Cambridge Analytica offenbar unter Zugzwang gesetzt sieht, Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Formen der (datengetriebenen) politischen Werbung zu ergreifen. Aus Sicht des ZAW als Vertretung der Werbewirtschaft in Deutschland muss indes genauestens darauf geachtet werden, dass hierbei nicht – ungewollt – auch kommerzielle Kommunikation beschränkt wird. Deshalb muss die Definition von politischer Werbung dringend überarbeitet werden. Der aktuelle Vorschlag ist hier viel zu weitgehend und uferlos und droht auch Wirtschaftswerbung zu erfassen. Nicht zuletzt zeigt der Fall Cambridge Analytica selbst, dass wir es hier zuallererst mit einem Problem der Rechtsdurchsetzung zu tun haben, denn die zweckentfremdete Verwendung von Nutzerdaten ohne Einwilligung war und ist bereits nach geltendem Recht unzweifelhaft unzulässig.

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Der Vorschlag sieht einen ausdrücklichen Transparenzvermerk für politische Werbung vor. Wie finden Sie die vorgeschlagenen Regeln dafür?
Ganz allgemein gesprochen ist stets darauf zu achten, dass allen voran Publishern und Werbungtreibenden durch die Verordnung keine unverhältnismäßigen Pflichten aufgebürdet werden dürfen. Insofern ist zu überprüfen und kritisch zu hinterfragen, ob und inwieweit die vorgeschlagenen Regelungen tatsächlich geeignet und erforderlich sind, um den Zweck der Verordnung zu erreichen. So erscheint es beispielsweise unverhältnismäßig, vom Herausgeber zu verlangen, dass die Transparenzbekanntmachung stets „Angaben zu den aggregierten Beträgen oder sonstigen Leistungen, die ganz oder teilweise für die Ausarbeitung, Platzierung, Förderung, Veröffentlichung und Verbreitung der betreffenden Anzeige und gegebenenfalls der politischen Werbekampagne entgegengenommen wurden, und deren Quellen“ enthalten muss. Diese Verpflichtung würde dazu führen, dass geschäftsrelevante Informationen mit direkten Wettbewerbern geteilt werden müssten, und zwar ohne einen wirklichen Mehrwert für die Verbraucher zu schaffen.

Es soll Auflagen für Targeting und Amplifikation geben. Wie bewerten Sie das?
Das soeben Gesagte gilt auch in Bezug auf die Auflagen für Targeting und Amplifikation: Aus unserer Sicht ist insbesondere die verpflichtende Offenlegung der Parameter, nach denen eine Anzeige geschaltet wurde, kritisch zu bewerten, denn dabei handelt es sich regelmäßig um wettbewerblich höchst sensitive Informationen.

Was sollte noch in den endgültigen Vorschriften stehen - und was keinesfalls?
Wie eingangs erwähnt muss unseres Erachtens vor allem darauf geachtet werden, dass die Vorschriften keine ungewollte Beschränkung kommerzieller Kommunikation bewirken. Die Definition politischer Werbung muss überarbeitet werden und es muss klargestellt werden, dass etwa Purpose Marketing eines Unternehmens etwas anderes ist als Wahlwerbung einer politischen Partei – das darf man nicht in einen Topf werfen. Im Hinblick auf sowohl die Transparenzanforderungen als auch die speziellen Anforderungen in Bezug auf das Targeting und Amplifizieren ist jeweils darauf zu achten, mit Augenmaß vorzugehen und eine Überregulierung zu vermeiden.

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