Immer neue Anwendungen führen zu immer neuen Konkurrenten im engen Frequenz-Spektrum. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die verschiedenen Interessen bei der kommenden Weltfunkkonferenz (WRC) gütlich zusammenzubringen?
Das UHF-Frequenzband zwischen 470 und 694 MHz ist eine jahrzehntelange Kernressource des Rundfunks zur terrestrischen Fernsehverbreitung (DVB-T2) und für drahtlose Produktionsmittel wie Funkmikrophone, die bei fast allen Kultur- und Eventveranstaltungen für den gesamten Produktionsbetrieb im Einsatz sind.
Schon bei vergangenen Weltfunkkonferenzen wurde der für Rundfunk und Kultur nutzbare Frequenzbereich signifikant reduziert, Stichwort „Digitale Dividende 1 und 2“. Der Rundfunk konnte durch technische Innovationen diese Frequenzverluste zwar kompensieren. Nun gibt es jedoch keinen Spielraum mehr, weshalb ähnlich wie in zahlreichen europäischen Ländern auch in Österreich die gesamte Rundfunk- und Kulturbranche die langfristige Absicherung der verbliebenen Frequenzen fordert. Diese „No Change“-Politik soll konsequenterweise über 2030 hinaus gelten und bedeutet auch die Ablehnung von „faulen“ Kompromissen wie einer co-primären Zuweisung an den Mobilfunk.
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Eine Reihe von Playern fordert den Erhalt der sogenannten „Rundfunk- und Kulturfrequenzen“. Wofür werden diese gebraucht?
Vorweg ist festzuhalten, dass Rundfunk- und Kultur auf das untere UHF-Spektrum (470-694 MHz) angewiesen sind, da andere Frequenzbereiche aufgrund von Interferenzen (fast) gar nicht genutzt werden können. Eine gemeinsame Nutzung mit dem Mobilfunk ist physikalisch ebenfalls nicht möglich.
Daher benötigt die Rundfunk- und Kulturbranche auch über das Jahr 2030 hinaus Planungs- und Investitionssicherheit! Vor allem die Übertragungsinnovation 5G Broadcast, mit dem TV auf Handy und Tablet ohne Sim-Karte und ohne das Datenvolumen zu belasten konsumiert werden kann, benötigt eine langfristige Entwicklungsperspektive.
Nochmals möchte ich hier unterstreichen, dass Kunstschaffende und Programmmacher, für Musik- und Theaterproduktionen, Konzert- und Sportveranstaltungen, Konferenzen oder Messen auf drahtlose Mikrophone, In-Ear- und Talkback-Systeme, die nur im unteren UHF-Bereich funktionieren, angewiesen sind.
Und schließlich ist auch auf die wichtige demokratiepolitische Informationsversorgung der Bevölkerung durch Qualitätsmedien hinzuweisen, die dem Rundfunk eine systemrelevante Bedeutung verleihen.
Der Aspekt der Energieeffizienz spricht ebenfalls dafür, das Sub-700-Spektrum weiterhin für die Übertragung von Rundfunk und Kultur zu nutzen. Eine aktuelle Vergleichsstudie (LoCaT 2021) zeigt, dass der Energieverbrauch des digitalen Antennenfernsehens gegenüber Streaming über Internet oder Mobilfunk am geringsten ausfällt.
Welche Auswirkungen können die WRC-Entscheidungen für Warn-Routinen in Not- oder Katastrophenfällen haben?
Insbesondere im Katastrophenfall ist DVB-T2 systemrelevant und unverzichtbar. Die Sendestandorte sind grundsätzlich sicher und mit einer Notstrominfrastruktur ausgestattet. Die Terrestrik sendet auch bei Ereignissen wie Stürmen oder sonstigen Naturkatastrophen weiter. Das ist beim Mobilfunk nicht gesichert. Die Terrestrik kann zudem unabhängig vom Internet autark betrieben werden, eine Netzüberlastung ist auch bei intensiver Nutzung ausgeschlossen. Der bereits erwähnte, neue Rundfunkstandard 5G Broadcast wird die Informationsverbreitung auch im Katastrophenfall weiter verbessern, da die Bevölkerung direkt auf mobilen Endgeräten erreicht werden kann.
Die WRC entscheidet über eine Zuweisung, nicht über die konkrete Nutzung des Bandes - welche Spielräume bleiben dann vor Ort bei der praktischen Umsetzung?
Obwohl die beiden Schritte formaljuristisch getrennt zu betrachten sind, bedeutete in der Vergangenheit eine Zuweisung später auch eine Nutzung. Die betroffenen Branchen haben nunmehr aber keinen Frequenzspielraum mehr, weshalb die langfristig abgesicherte, exklusive Nutzung des Rundfunkspektrums alternativlos ist, um ein möglichst vielfältiges Rundfunk- und Kulturangebot sicherzustellen.