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Breitere Straßenstreifen für Pedelecs

Welche Rahmenbedingungen ein neuer Verkehr braucht

Prof. Dr. Heiner Monheim, Geograph, Stadtplaner, Verkehrsexperte, Universität Trier (em.) Quelle: privat Prof. Dr. Heiner Monheim Wissenschaftler Universität Trier 14.11.2018
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Uwe Schimunek
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Für Prof. Dr. Heiner Monheim "ist das Fahrrad und erst Recht das Pedlec immer eine Alternative für den vielen Kurzstreckenautoverkehr". Für den Verkehrsexperten und Standplaner muss die Politik handeln - mit Förderanreizen und Preissignalen, aber nicht nur damit.







Experten schätzen, dass mittelfristig bis zu jedes zweite verkaufte Fahrrad ein E-Bike sein könnte – was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Treiber und Bremsklötze für den E-Bike-Markt?
Pedelecs vergrößern beachtlich die Reichweite und Bequemlichkeit des Fahrrades. Sie steigern wegen des höheren Preises den Wert und damit das politische und mediale "Gewicht" des Radverkehrs. Die lange Zeit typischen Ausreden gegen Fahrradförderung in deutschen Mittelgebirgslagen und windigen Regionen, hier gebe es Berge und blase zu oft der Wind, also habe der Radverkehr keine Chancen, ist damit entkräftet, weil Pedelecs leicht mit Bergen und Gegenwind fertig werden. Pedelecs und Radschnellwege sind also das wirksamste Anti-Stau-Mittel, so werden sie aber von Bund und Ländern leider noch nicht wahrgenommen. Für die Zukunft sind auch Lastpedelecs eine wichtige Option für Handel, Handwerk und Industrie, weil sie eine relevante Transportoption sind. Die KEP-Dienste, allen voran die Post, nutzen schon lange diese kostensparende und effizenzsteigernde Option. Wegen dieser Vorteile sind Pedelecs längst aus der imagehemmenden "Alte-Leute"- und "REHA-Ecke" rausgetreten und für alle Altersgruppen interessant. Selbst die Leihfahrradsysteme beginnen, jetzt auch Pedelecs ins Programm zu nehmen. Private Fahrradverleiher tun dies schon lange.

Welche Ladeinfrastruktur wird nötig, wenn mehr E-Bikes längere Strecken fahren und unterwegs nachgeladen werden müssen?
Im Prinzip braucht man keine externe, öffentliche Ladeinfrastruktur, weil der Akku ja leicht an die Streckdose mitgenommen werden kann. Nur für die Pedlecnutzer mit sehr großen Reichweiten (vor allem Fahrradtouristen) sind Akku-Tauschstationen wichtig, weil dann der Akku schon mal bei langer Distanz leer gefahren werden kann. Dewegen hat das Veloland Schweiz längs der nationalen Fahrradrouten in regelmäßigen Abständen vor allem an Bahnhöfen Akkutauschstationen (leerer gegen voller Akku) eingerichtet. In Deutschland scheitert so was aber an der Vielfalt unterschiedlicher Akkus und an fehlender Standardisierung. Die ist in der Schweiz mit der dominanten Rolle von Fleyer auf dem Pedelec-Markt gegeben.

Mit speziellen Ausführungen wie Lasten-E-Bikes erweitern sich die Einsatzmöglichkeiten, so dass einige Experten das E-Bike schon als Konkurrenz zum Auto sehen. Wie sehen Sie das?
Natürlich ist das Fahrrad und erst Recht das Pedlec immer eine Alternative für den vielen Kurzstreckenautoverkehr. Das gilt auch für den Gütertransport, wo ja bislang sehr viele schlecht ausgelastete Kurzstreckenfahrten mit viel zu großen Transportern befördert werden. Hier helfen Lastpedelecs, unnötigen Autoverkehr einzusparen. Aber leider hat der Pedelec-Boom die Wirtschaft noch nicht voll erreicht, Lastpedelecs sind bei Handel und Handwerk eher noch Exoten, obwohl früher (1900 - 1960) fast jeder Händler und Handwerker Lastfahrräder im Fuhrpark hatte. Dann ist leider die deutsche Wirtschaft voll aufs Auto umgeschwenkt und eine neuerliche Umorientierung fällt den Branchen bislang noch schwer. Daher braucht man Förderanreize und klare Preissignale - durch eine intelligente Kfz-Maut, die auch alle Pkw und Kleintransporter einbezieht und fahrleistungs- und gewichtsabhängig tarifiert. Die steinzeitliche Ramsauer/Dobrindt/Scheuer-(Ausländer)-Maut wird dem in keiner Weise gerecht.

In einigen Regionen wird bereits darüber diskutiert, ob die vergleichsweise schnellen E-Bikes auf den Radweg gehören oder gar eigene Spuren brauchen. Inwieweit muss sich die Infrastruktur langfristig dem E-Bike-Trend anpassen?
Jetzt müssen wir begrifflich trennen zwischen Pedelecs, die umgangssprachlich meist als E-Bike bezeichnet werden, aber bei 20-25 km/h abgeregelt sind und nicht melde- und versicherungspflichtig sind und den echten E-Bikes, die helm-, versicherungs- und meldepflichtig sind, mit Kennzeichen und die locker 40-45 km/h erreichen, allerdings in Deutschland einen verschwindend kleinen Marktanteil haben. Sie gehören im Innerortsbereich eher nicht auf Radwege sondern auf die Fahrahn zusammen mit dem Kfz-Verkehr. Aber unabhängig davon müssen Radwege heute viel breiter angelegt werden, weil auch schon im normalen Radverkehr die Geschwindigkeiten sehr differieren und schnellere Radfahrer langsamere überholen können müssen. Also braucht man mindestens 2,50 - 3 m und damit eine bisherige Kfz-Fahrspur auf mehrstreifigen Straßen und ansonsten muss man viel häufiger Fahrradstraßen einrichten, auf denen der Radverkehr Priorität hat und die dann in Tempo-30-Zonen ein attraktives Velo-Routen-Netz bilden. Auf Fahrradstraßen dürfen Radfahrer im Pulk nebeneinander radeln.

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