Menue-Button
← FACHDEBATTE Interview

Bau-Digitalisierung steckt noch in den Anfängen

Wie mit BIM das Bauen effizienter, schneller und nachhaltiger werden kann

Stephan Weber, Vizepräsident der Architektenkammer Baden-Württemberg Quelle: AKBW/Felix Kästle Stephan Weber Vizepräsident Architektenkammer Baden-Württemberg 02.05.2022
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Rempe
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
ZUR FACHDEBATTE

"Die vollen Möglichkeiten der neuen Werkzeuge bis hin zu automatisierten Produktionsabläufen oder 3-D Druck werden jedoch bei weitem noch nicht genutzt", ist sich Stephan Weber, Vizepräsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, im Hinblick auf  das Building Information Modelling (BIM) sicher. Er weiß auch, was für mehr Effizienz in der BIM-Wertschöpfungskette noch zu tun ist.







Wie steht es um die Digitalisierung des Bauens?
BIM, also Building Information Modelling scheint das (gar nicht mehr so neue) Zauberwort zu sein, welches die gesamte Wertschöpfungskette Bau revolutionieren soll. Durch die Zusammenfassung aller für Planung, Bau und Betrieb relevanten Daten in einem digitalen 3-D Gebäudemodell – also quasi einem digitalen Zwilling des späteren Hauses – wird die Chance gesehen, nicht nur Fehler in der Planung vorzeitig zu erkennen, sondern auch Zeit und Kosten bei der Realisierung und im späteren Betrieb bis hin zur möglichen Umnutzung bzw. Abbruch zu sparen.

JETZT HERUNTERLADEN

DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE

DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT

alle Debattenbeiträge ungekürzt im Original
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
MEHR ERFAHREN


Aber kann Building Information Modelling überhaupt diese hohen Erwartungen erfüllen und können mit dem BIM basierten Bauen relevant Kosten gespart werden?
Die Antwort ist aus meiner Sicht ein entschiedenes „Jein“, solange sich das Ideal des digitalen Zwillings und vor allem der digitalen Wertschöpfungskette noch nicht durchgehend realisieren lässt. Auf Seite der Planer, also bei Architekten und Ingenieuren, ist die Planung mit 3D Gebäudemodellen inzwischen weit verbreitet; dabei wird sozusagen „BIM light“ gemacht, indem Vorteile und Synergien der 3D-Planung wie zum Beispiel die automatische Erstellung von beliebigen Schnitten und Ansichten aus dem Modell und die Koordinierung von Installationen, Schlitzen, und Durchbrüchen genutzt werden. Weitere Möglichkeiten, wie beispielsweise die Attributisierung aller relevanten Baustoffe, Bauteile und Bauelemente oder auch das Erstellen eines tatsächlichen Digitalen Zwillings durch alle beteiligten Planenden werden dabei meist nur eingeschränkt angewandt. Einerseits müssen Objektbibliotheken, die alle relevanten Daten zu Gewicht, Maßen, Kosten, Inhaltsstoffen, Nachhaltigkeitskriterien oder auch allgemeinen Herstellerinformationen der verwendeten Stoffe und Materialien enthalten, aufwändig erstellt und gepflegt werden, andererseits sind die gängigen Schnittstellen zur Kommunikation zwischen den unterschiedlichen verwendeten Programmen noch nicht ausgereift. Erst durch die detaillierten Informationen der BIM-Objekte werden 3D-Gebäudemodelle in der CAD allerdings zu richtigen BIM-Modellen.

Während die Planung zumindest weitgehend digitalisiert ist, sieht es bei der Verknüpfung mit ausführenden Firmen, aber auch beteiligten Ämtern deutlich schlechter aus. Solange Baugenehmigungsbehörden kaum in der Lage sind, pdf-Dateien zu lesen und zu verwalten, liegt der BIM-basierte Bauantrag noch in weiter Ferne. In der Bauindustrie ist der Digitalisierungsstand je nach Gewerk höchst unterschiedlich. Wo Zimmereien beispielsweise schon lange mit 3D-Ausführungsplänen arbeiten, die direkt an die Abbundzentren gehen und große Baufirmen als Generalunternehmer oft selbst BIM-Modelle für Baustellenkoordination und Abrechnung erstellen, arbeiten viele und vor allem kleinere Unternehmen noch in der herkömmlichen Art und Weise. Entsprechend groß ist die Diskrepanz zwischen dem Roboter, der BIM- und GIS-Daten gesteuert vollautomatisch Bohrungen für Installationstrassen bohrt und dem Gussasphaltverleger, der sein brodelndes Material noch im Eimer in die einzelnen Geschosse eines Bestandsgebäudes trägt.

Kosten- und Terminersparnisse durch Fehlerreduktion und bessere Baustellenkoordination sind bei durchgehender Planung im BIM-Modell tatsächlich zu erwarten; die vollen Möglichkeiten der neuen Werkzeuge bis hin zu automatisierten Produktionsabläufen oder 3-D Druck werden jedoch bei weitem noch nicht genutzt.

Inwieweit ist das Bauen mit BIM generell umweltfreundlicher als das konventionelle?
Dabei bietet konsequente Planung im 3D-Gebäudemodell noch weitere Chancen. Gerade im frühen Entwurfsprozess helfen Variantenuntersuchungen nicht nur die architektonisch ansprechendsten, sondern auch die kostengünstigsten und vor allem nachhaltigsten Gebäudekonzepte zu finden und weiterzuentwickeln. Dabei kann ein 3D-Gebäudemodell beispielsweise die CO2 Bilanz über eine vordefinierte Nutzungsdauer hinweg simulieren. Das Bauen mit BIM ist zwar nicht generell umweltfreundlicher als das konventionelle, bietet aber zahlreiche Chancen hinsichtlich der Optimierung von Materialien und Bauprozessen, die so im herkömmlichen Planungsprozess nur sehr schwer umzusetzen sind. Entsprechend positiv sehe ich die Chancen, durch digitale Planungsprozesse Verbesserungen in der gesamten Wertschöpfungskette Bau zu erzielen.

Welche Hindernisse stehen BIM noch im Wege und an welchen Stellschrauben müssen die Akteure auf allen Ebenen noch drehen?
Um allerdings alle Beteiligten auf einen vergleichbaren Stand zu bringen, ist noch sehr viel Arbeit in Standardisierung, Fortbildung und Verbesserung der digitalen Infrastruktur zu investieren.

UNSER NEWSLETTER

Newsletter bestellen JETZT BESTELLEN

■■■ WEITERE BEITRÄGE DIESER FACHDEBATTE

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Prof. Mathias Obergrießer
Fakultät Bauingenieurwesen, Interessengruppe Digitalisierung
OTH Regensburg

Prof. Mathias Obergrießer, OTH Regensburg
BIM | Bauwesen

Die kleinteilige Bauindustrie braucht ■ ■ ■

Wie BIM auch regionale Wertschöpfungsstrukturen ■ ■ ■

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Prof. Mathias Obergrießer
Fakultät Bauingenieurwesen, Interessengruppe Digitalisierung
OTH Regensburg

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Stefan Schnorr
Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr
Bundesregierung

Stefan Schnorr, Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr
BIM | Bauwesen

So beschleunigt die Digitalisierung ■ ■ ■

Welche Vorteile die digitale Begleitung des ■ ■ ■

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Stefan Schnorr
Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr
Bundesregierung

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Ina Scharrenbach
Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
Landesregierung Nordrhein-Westfalen

Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen
BIM | Bauwesen

Bauen muss nachhaltiger werden

Wie BIM hilft, alle Prozesse der ■ ■ ■

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Ina Scharrenbach
Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
Landesregierung Nordrhein-Westfalen

ZUR FACHDEBATTE

ÜBER UNSERE FACHDEBATTEN

Meinungsbarometer.info ist die Plattform für Fachdebatten in der digitalen Welt. Unsere Fachdebatten vernetzen Meinungen, Wissen & Köpfe und richten sich an Entscheider auf allen Fach- und Führungsebenen. Unsere Fachdebatten vereinen die hellsten Köpfe, die sich in herausragender Weise mit den drängendsten Fragen unserer Zeit auseinandersetzen.

überparteilich, branchenübergreifend, interdisziplinär

Unsere Fachdebatten fördern Wissensaustausch, Meinungsbildung sowie Entscheidungsfindung in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Gesellschaft. Sie stehen für neue Erkenntnisse aus unterschiedlichen Perspektiven. Mit unseren Fachdebatten wollen wir den respektvollen Austausch von Argumenten auf Augenhöhe ermöglichen - faktenbasiert, in gegenseitiger Wertschätzung und ohne Ausklammerung kontroverser Meinungen.

kompetent, konstruktiv, reichweitenstark

Bei uns debattieren Spitzenpolitiker aus ganz Europa, Führungskräfte der Wirtschaft, namhafte Wissenschaftler, Top-Entscheider der Medienbranche, Vordenker aus allen gesellschaftlichen Bereichen sowie internationale und nationale Fachjournalisten. Wir haben bereits mehr als 600 Fachdebatten mit über 20 Millionen Teilnahmen online abgewickelt.

nachhaltig und budgetschonend

Mit unseren Fachdebatten setzen wir auf Nachhaltigkeit. Unsere Fachdebatten schonen nicht nur Umwelt und Klima, sondern auch das eigene Budget. Sie helfen, aufwendige Veranstaltungen und überflüssige Geschäftsreisen zu reduzieren – und trotzdem die angestrebten Kommunikationsziele zu erreichen.

mehr als nur ein Tweet

Unsere Fachdebatten sind mehr als nur ein flüchtiger Tweet, ein oberflächlicher Post oder ein eifriger Klick auf den Gefällt-mir-Button. Im Zeitalter von X (ehemals Twitter), Facebook & Co. und der zunehmenden Verkürzung, Verkümmerung und Verrohung von Sprache wollen wir ein Zeichen setzen für die Entwicklung einer neuen Debattenkultur im Internet. Wir wollen das gesamte Potential von Sprache nutzen, verständlich und respektvoll miteinander zu kommunizieren.