Die hiesigen Hochschulen sind auf dem Weg zu smarten Hochschulen - zugleich herrscht nach der Pandemie wieder vielerorts die Präsenzlehre vor. Wieviel digital und wie viel analog macht einen Campus smart?
Die Hochschulen sind auf dem Weg vom Digitalen zum Smarten. Und um das abzugrenzen ist das Smarte das bessere Digitale. Lassen Sie mich das erklären: früher gab es beim Begriff des Digitalen eine Unterscheidung. Digital war einfach „weg vom Papier“. Wirklich smart sind für mich die Institutionen, die bereits die zweite Stufe der Digitalisierung geschafft und ihre Prozesse bereits modernisiert haben. Das heißt, „smarte Institutionen“ nutzen bereits alle Möglichkeiten smarter Geräte wie Smartphones oder Tablets und damit die ganze Bandbreite der modernen Kommunikation. Wenn Sie jetzt fragen, wie weit die Hochschulen im Vergleich zu anderen Institutionen sind, dann möchte ich Ihnen antworten: sie liegen von ihrem Stand irgendwo dazwischen. An Hochschulen wird immer noch viel mit Papier gearbeitet, die Prozesse sind also noch nicht vollständig digitalisiert. Sie bewegen sich aber punktuell und in ausgesuchten Bereichen der Prozessoptimierung hin zum Smarten.
Ist das in allen Hochschul-Bereichen so?
Die Hochschulen haben zwei große Themenbereiche. Das sind Lehre und Forschung einerseits und die Verwaltung andererseits. Das große Spielfeld für die smarte Universität ist für mich die Verwaltung. In meinen Augen müsste das gesamte Innenverhältnis zu den Mitarbeitern und zu den Studenten durchweg smart gestaltet werden. Theoretisch ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, alle Verwaltungsprozesse komplett zu digitalisieren. Das sind sie allerdings noch nicht vollständig. Ein Beispiel: viele Hochschulverwaltungen haben die gesamte Beschaffung durchrationalisiert und digitalisiert. Die Rechnungen werden dann aber noch per Papier ausgetauscht. Andere Hochschulverwaltungen setzen die Beschaffung noch in Papierform um und die Rechnungslegungen sind dann schon automatisiert.
Ich glaube übrigens, dass auch die Digitalisierung von Forschung und Lehre derzeit eine wichtige Aufgabe ist. Dennoch ersetzt Digitalisierung in diesem Bereich niemals einen persönlichen Kontakt und die Präsenzlehre ist einfach wichtig. Daher würde ich mich immer auf den Prozess der Verwaltung fokussieren, um hier den gesamten Prozess smart zu gestalten.
Was sind die größten Hürden für eine Hochschule, die Verwaltungsprozesse wirklich smart zu gestalten?
Es sind ganz klar die fehlenden Ressourcen. Denn jede Art von digitaler Transformation ist zunächst ein großes Projekt. Diese Projekte benötigen Ressourcen und Engagement der Mitarbeiter und Führungskräften, jede Menge Budget zum Beispiel für die Beschaffung. Das ist an Hochschulen sehr oft nicht gegeben und das Hauptproblem. Der große Technologiewechsel stellt sowohl große, mittlere und kleinere Hochschulen vor immense Probleme.
KI hat das Potenzial, Studium und Lehre grundlegend zu verändern. Wie gehen die hiesigen Hochschulen damit um?
KI ist tatsächlich in aller Munde und wird definitiv die Informationstechnik beeinflussen. KI wird in allen Technologien verwendet, die eine Hochschule braucht, um etwa Prozesse zu steuern. Die Künstliche Intelligenz hat viele potentielle Anwendungsfälle. Selbst wenn es heutzutage noch schwierig ist, diese Anwendungsfälle präzise zu beschreiben, dann gehe ich stark davon aus, dass sich diese in den kommenden Jahren herauskristallisieren.
So hat die KI zwei wesentliche Facetten: Die eine Facette ist, den Menschen mit KI-basierten Assistenten zu ersetzen. Das ist eine Tendenz, die zukünftig eine Rolle spielen wird. Die Anwendung von KI als menschlicher Ersatz ist jedoch heute noch zu konfus und zu kontrovers, sodass noch keiner die wirklichen Möglichkeiten an den Hochschulen genau beschreiben kann.
Die zweite Facette bezieht sich auf die Qualität der Software. Ein Beispiel: mit KI können Papiere digitalisiert und erkannt werden und dann sogleich der richtigen Abteilung zugestellt werden. Damit werden Geschäftsprozesse optimiert und ein hohes Maß an Qualitätssicherung hergestellt. Das ist derzeit schon ganz konkret möglich.
Hochschul-IT-Systeme gelten aufgrund ihrer Größe und der vielen Zugänge als besonders schwer zu sichern - welche Anstrengungen sind in Sachen Cybersicherheit nötig?
Die IT-Sicherheit ist in der Tat ein immer größer werdendes Thema, mit verschiedenen kritischen Faktoren. Denn das Klientel einer Hochschule sind Studierenden. Sie sind anders als reguläre Mitarbeiter. Außerdem besteht eine gewisse Komplexität und die IT ist darauf angewiesen, den Studierenden eine ganze Bandbreite von Services bereitzustellen. Das heißt, der Umfang von IT-Services ist sehr groß und damit schafft man wiederum eine breite Palette an Angriffsmöglichkeiten. Außerdem sind Hochschulen sehr unterschiedlich in ihrer technologischen Entwicklung. Es gibt mittlere und kleine Hochschulen, die eigenständig agieren und ihre IT-Sicherheit selbst abdecken müssen. Sie haben aber nicht die Kompetenzen und Ressourcen, auf gleichem Level wie die Großen zu agieren. Deswegen gibt es hier viele Facetten von Bedrohungen. Das Thema ist also stetig wachsende und auch die Vielzahl von Cyber-Angriffen nimmt zu. Die Frage der Abwehr ist somit eine primäre Frage auch für die Hochschulen. Sie sind mit ihren Strukturen an vorderer Linie, auch angegriffen zu werden.
Digitalisierung bindet Geld und Ressourcen - wie sollte die Politik die Hochschulen in dieser Frage unterstützten?
Die Politik kann und soll meiner Meinung nach unterstützen. Es ist jedoch nach meiner langen Erfahrung keine leichte Aufgabe, denn die Hochschulen schätzen ihre Unabhängigkeit. Sie sind zwar ein Teil der Verwaltung, aber traditionell auch unabhängig. Sie wollen selbstverständlich ihre Unabhängigkeit in Forschung und Lehre behalten – müssen sich jedoch mit dem Land über die Finanzierung einigen. Die Länder haben wiederum die Aufgabe, die Hochschulen finanziell auszustatten. Aus meiner Sicht muss die Politik dem verstärkten Bedarf an Digitalisierung Rechnung tragen und sie muss die Mittel finden, um die unabhängigen Hochschulen unter die Arme zu greifen.
Ein geeigneter Weg wäre, gemeinsame Projekte zu starten maßgeblich auch in Hochschulverbünden, um gemeinsame Entwicklungen zum Beispiel auch bei der Cyber Security gemeinsam anzugehen und eine gemeinsame Beschaffung zu regeln. Ich empfehle, dass die Hochschulen gut beraten sind, sich innerhalb eines Bundeslandes in Verbünden zusammenzuschließen, um somit Basisbedarfe abzudecken. Um sich gemeinsam auf Herausforderungen einzustellen. Denn die wenigsten Hochschulen können Transformation wirklich allein bewältigen.