In das traditionelle Angeln hat in den letzten Jahren vermehrt (digitale) Technik Einzug gehalten. Wie verändert das die private Fischerei aus Ihrer Sicht?
Christian Wolter: Das hochtechnisierte Angeln lässt den Fischen immer weniger Chancen, was dazu führt, dass die Gefahr des Überfischens in Binnengewässern steigt. Wenn Digitalisierung die technischen Voraussetzungen schafft, dass auch die letzten, scheuen Fische aufgespürt und gefangen werden, dann verstärkt dies den Druck auf die Bestände der Zielarten und zwingt zu Maßnahmen, wie Zugangsbeschränkungen, Limitierung der Anglerzahlen am Gewässer und anderes mehr.
Im Sinne der Waidgerechtigkeit sollten diese technischen Hilfsmittel verboten werden. Das geht los bei automatischen Bissanzeigern mit einer integrierten Anhiebfunktion ...
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Das Angeln gilt auch als bedeutend für die ökologische Entwicklung der Gewässer. Vor welchen Herausforderungen stehen Sie diesbezüglich in Ihrer Region?
Christian Wolter: Natur- und Tierschützer tragen das Mantra vor sich her, dass "Angler" durch Besatz die Gewässer "versauen", was in dieser groben Simplifizierung bei weitem nicht stimmt. Beispielsweise führt der LAV Berlin seit 2010 keine Besatzmaßnahmen in den Berliner Gewässern durch, weil keine dementsprechenden Entnahmen von Fischen dokumentiert sind. Dem gegenüber sind Angler zur Hege der Fischbestände verpflichtet. Dabei können sie auf verschiedene Maßnahmen, wie Besatz, Zugangsbeschränkungen, Mindestmaße, Schonzeiten und die Ausweisung von Schutzgebieten zurückgreifen, was aber nur Symptome der Fischbestandsveränderungen berührt. Die eigentlichen Ursachen der Fischbestandsrückgänge in Deutschland liegen in Veränderungen der Gewässerstrukturen und Eutrophierung, d.h. außerhalb der Verantwortung und Zugriffsmöglichkeiten der anglerischen Bewirtschaftung. Für habitatverbessernde Maßnahmen sind Genehmigungen bis hin zum Planfeststellungsverfahren erforderlich, was die Leistungsfähigkeit der ehrenamtlich arbeitenden Vereine übersteigt.
Welchen Beitrag kann digitale Technik beim Angeln für nachhaltige Qualität der Gewässer leisten?
Christian Wolter: Digitale Technik kann die obligate Dokumentation von Fängen und so die datenbasierte Gewässerbewirtschaftung verbessern. Für die ökologische Aufwertung der Gewässer sowie Arbeitseinsätze zur Reinhaltung der Gewässerufer und anderes mehr sind nach wie vor engagierte Anglerinnen und Angler erforderlich.
Welche Unterstützung von der Politik wünschen Sie sich und Ihren Mitgliedern vonseiten der Politik bei Ihrer Arbeit?
Klaus-Dieter Zimmermann: Für die Umsetzung der in unserer Verbandssatzung verankerten Ziele, wie die Erhaltung und Pflege der Natur und Landschaft sowie der der Gewässer im Interesse von Erholung und Freizeit, zur Förderung des Sports und zur Sicherung aller Formen einer nachhaltigen Angelfischerei wünschen wir uns von Seiten der Politik und den politischen Entscheidungsträgern Verständnis und Akzeptanz für unsere Arbeit und unser Hobby. Angeln als naturnahe und umweltschonende Freizeitgestaltung, als individuelle Freizeitgestaltung und in der Gemeinschaft in den bestehenden Vereinen und Anglerorganisationen, sollte aufgrund seiner sozialen, kulturellen sowie ökologischen Bedeutung gefördert werden. Mit den bekannt gewordenen Absichten zur Änderung der Berliner Landesfischereiordnung wird aus unserer Sicht die Politik und Verwaltung im Land Berlin diesen Erwartungen nicht gerecht. Die von Seiten der zuständigen Senatsverwaltung vorgesehenen Änderungen der Berliner Landesfischereiordnung beinhalten weitereichende Einschränkungen und Verbote in Bezug auf die Ausübung des Angelns in Berlin. Wir vertreten die Auffassung, dass Einschränkungen und Verbote für das Angeln und die Freizeitfischerei, wie sie der derzeitige Verordnungsentwurf enthält, nur dann akzeptabel sind, wenn sie für das Erreichen eines bestimmten Schutzziels zwingend erforderlich, also unumgänglich und auch verhältnismäßig sind. Solche Bestimmungen müssen daher auch fachlich überzeugend und begründet und vor allem mit ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, gestützt auf konkrete Daten, Zahlen und Fakten, belegt sein. Diesem Anspruch wird nach unserer Auffassung der vorliegende Verordnungsentwurf nicht gerecht.