Aktuelle Daten bescheinigen dem Mittelstand Fortschritte in der digitalen Transformation. Wo steht der hiesige Mittelstand in Sachen Digitalisierung im Vergleich?
Das Handwerk hat mit seinen circa 140.000 Betrieben, über 800.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von rund 110 Milliarden Euro eine große Bedeutung für Beschäftigung und Wohlstand in Baden-Württemberg. Im Rahmen der Zukunftsinitiative Handwerk 2025 wurde im Jahr 2020 ein Digitalisierungsbarometer für das Handwerk erstellt. Auf Basis der Ergebnisse werden zielgenaue Unterstützungsmaßnahmen zur Bewältigung der digitalen Transformation entwickelt. Die Studie zeigt auf, dass sich das Handwerk mit dem Thema Digitalisierung durchaus befasst. Was vielen Betrieben jedoch noch fehlt, ist eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie. Die Studie zeigt zudem, dass vor allem größere Betriebe planen, auf Grund der Coronakrise noch mehr auf die Digitalisierung zu setzen.
Im Einzelhandel ist die Digitalisierung bereits in der Breite angekommen. Viele stationäre Einzelhändler haben ihre Online-Aktivitäten in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt im Zuge der Corona-Pandemie, ausgebaut. Nach Erhebungen der baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern sind mittlerweile bereits mehr als 50 Prozent aller Einzelhändler digital aktiv. Der Anteil der stationären Einzelhändler, die Click und Collect anbieten, hat sich einer aktuellen Befragung des Branchenverbands Bitkom zufolge mit 36 Prozent von vor der Pandemie auf 77 Prozent im Jahr 2021 mehr als verdoppelt. Bei einer HDE-Konjunkturumfrage aus dem Jahr 2020 nannten 34 Prozent der Einzelhandels-unternehmen das „E-Business“ als Investitionsschwerpunkt im Jahr 2022. 2017 gaben lediglich 23 Prozent der befragten Einzelhändler an, verstärkt in diesen Bereich investieren zu wollen.
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Wie unterstützen Sie den Mittelstand bei der digitalen Transformation - und welche Programme planen Sie gegebenenfalls?
Um Handwerkbetriebe bei ihrer Transformation sowie der Entwicklung und Anwendung digitaler bzw. datenbasierter Geschäftsmodelle zu unterstützen, fördert das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus seit 2017 die Zukunftsinitiative Handwerk 2025, die u. a. Maßnahmen in den Schwerpunkten Personal, Strategie, Digitalisierung, Transformation und Nachhaltigkeit umfasst. Im Rahmen der Initiative Handel 2030 wird der Einzelhandel insbesondere durch die Intensivberatung Zukunft Handel 2030 unterstützt, die u. a. die Erarbeitung betriebsindividueller Lösungen in den Bereichen Digitalisierung und Geschäftsmodelle durch branchenerfahrene Fachberater als Schwerpunkt hat.
Das Kompetenzzentrum Smart Services mit den Standorten Stuttgart, Karlsruhe, Heilbronn, Konstanz und Furtwangen unterstützt kleine und mittlere Dienstleistungsunternehmen in Baden-Württemberg auf dem Weg in eine digitale Zukunft und adressiert dabei insbesondere die Themenfelder neue (digitale) Geschäftsmodelle und Entwicklung neuer Dienstleistungen („Service Engineering“), Serviceplattformen, Künstliche Intelligenz und Change-Management.
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus unterstützt und fördert den Mittelstand im Bereich der Digitalisierung durch vielfältige Maßnahmen und Programme. Mit der Digitalisierungsprämie Plus etwa werden Digitalisierungsprojekte und Maßnahmen zur Verbesserung der IT-Sicherheit in Unternehmen aller Branchen sowie bei Angehörigen freier Berufe mit bis zu 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gefördert. Seit dem ersten Modellversuch im Jahr 2017 wurden im Rahmen der Digitalisierungsprämie bereits über 20.500 Digitalisierungsvorhaben ausgelöst. Die damit verbundene Investitionssumme beläuft sich auf rund 630 Millionen Euro.
Die „regionalen Digital Hubs“ sind Anlaufstellen insbesondere für KMU aller Branchen in Fragen der Digitalisierung. In den „regionalen Digital Hubs“ treffen unterschiedliche Kompetenzen, Disziplinen, Ideen, Technologien und Kreativität aufeinander. Ergänzend zu den „regionalen Digital Hubs“ werden drei themenspezifische, vom Bund ausgewählte de:hubs in den Feldern „Future Industries“ (Stuttgart), „Angewandte künstliche Intelligenz“ (Karlsruhe) und „Digitale Chemie und Gesundheit“ (Mannheim/Ludwigshafen) vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus gefördert. Zusammen bilden die regionalen Digital Hubs und de:hubs das Digital Hub-Netzwerk Baden-Württemberg.
Invest BW ist das größte branchenoffene einzelbetriebliche Förderprogramm in der Geschichte Baden-Württembergs. Hierfür stehen im Rahmen von missionsorientierten und technologieoffenen Förderaufrufen insgesamt 300 Mio. Euro zur Verfügung. Bis Ende November 2022 wurden bereits über 220 Millionen Euro für Zukunftsprojekte in Baden-Württemberg vergeben. Die geförderten Projekte laufen bis längstens 2025. Die in Förderaufrufen unter anderem auch zu „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz“ geförderten Vorhaben steigern die Wettbewerbsfähigkeit und sie tragen zur Einhaltung der Ziele der Nachhaltigkeit sowie zur digitalen Transformation am Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg bei.
Künstliche Intelligenz gilt als eine der bedeutendsten Zukunftstechnologien und wird die Arbeits- und Produktionsbedingungen voraussichtlich grundlegend verändern. Gleichzeitig verspricht KI enorme Wertschöpfungspotenziale, von denen auch und gerade mittelständische Unternehmen in Baden-Württemberg profitieren können. Im Rahmen des Aktionsprogramms KI für den Mittelstand setzt das Land Baden-Württemberg zahlreiche Maßnahmen um, wie beispielsweise ein flächendeckendes Netzwerk von regionalen KI-Labs im Land als Erstanlaufstellen vor Ort für Unternehmen, ein Mittelstands-Zentrum im Cyber Valley, das in einem bundesweit einmaligen Transferansatz den Brückenschlag von der KI-Spitzenforschung bis hin zu kleinen und mittleren Unternehmen leistet. Weitere Maßnahmen des Aktionsprogramms KI sind der KI-Innovationswettbewerb, ein Forschungs- und Transferzentrum für KI-Engineering, ausgewählte wirtschaftsnahe Forschungsprojekte in wichtigen KI-Anwendungsfeldern, sowie - als herausragendes Schlüsselprojekt - der Ipai (Innovation Park Artificial Intelligence), der derzeit in Heilbronn realisiert wird.
Mit den Leuchtturmprojekten „Applikationszentrum V/AR“ und „Cyber Access Baden-Württemberg“ wurden erfolgversprechende Ergebnisse auf dem Gebiet Virtual und Augmented Reality erzielt. Auch konnte bereits im Januar 2022 eine neue Arbeitsgruppe im Rahmen der Förderung eines „Digitallotsen Wirtschaft 4.0 für Virtuelle Technologien und Geschäftsmodelle“ starten, die unter anderem die Wertschöpfungspotenziale und mögliche neue Geschäftsmodelle rund um das Thema „Metaversum“ analysiert und diskutiert. Aufbauend auf diesen Vorarbeiten und den Transfermaßnahmen im Bereich AR/VR soll das Land als eines der führenden Standorte für Animation und virtuelle Medien gestärkt werden. Mit diesem Ziel hat das Wirtschaftsministerium Ende 2022 das Projekt CYBERLÄND bewilligt, das sich mit den transformativen Potenzialen und Herausforderungen des Metaversums beschäftigt und daraus Handlungsempfehlung ableiten wird, die sich insbesondere auch an KMU richten.
Welche Unterstützung bekommen mittelständische Unternehmen insbesondere in Sachen IT-Sicherheit und Datenschutz?
Angesichts der steigenden Bedrohungslage ist es von entscheidender Bedeutung, dass sich die Unternehmen im Land entschlossen gegen Angriffe aus dem Netz wappnen und passgenaue Sicherheitskonzepte erarbeiten. Dafür können Unternehmen das Förderprogramm „Digitalisierungsprämie Plus“ des Wirtschaftsministeriums nutzen, das finanzielle Unterstützung unter anderem für Maßnahmen zur Verbesserung der IT-Sicherheit bietet, etwa für die Implementierung eines IT- oder Datensicherheitskonzepts. Zudem steht den Unternehmen in Baden-Württemberg ein sehr leistungsfähiges Ökosystem im Bereich Cybersicherheit zur Verfügung. Dazu gehören die Sicherheitsbehörden, die Anbieter von Sicherheitstechnologie, Beratungsunternehmen, Universitäten und Hochschulen, die wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen, die Kammern, Verbände und IT-Netzwerke. Darüber hinaus tragen gezielte Projekte der wirtschaftsnahen Forschung und die Unterstützung des Technologie- und Wissenstransfers aus der Forschung in die Wirtschaft dazu bei, die firmenspezifische Cybersicherheit von Produkten und Prozessen zu verbessern. Um Innovationen auf dem Gebiet der Cybersicherheit voranzutreiben, hat das Wirtschaftsministerium im Frühjahr 2022 einen „Innovationswettbewerb KI und Cybersicherheit“ gestartet, bei dem sich KMU und Start-ups bewerben konnten, die innovative Cybersicherheits-Produkte und -Dienstleistungen an der Schnittstelle von künstlicher Intelligenz und Cybersicherheit entwickeln. Der Wettbewerb soll Anfang 2023 in eine neue Runde gehen.
Welche Herausforderungen sehen Sie durch den Fachkräftemangel bei der Digitalisierung des Mittelstandes?
Der Mittelstand insgesamt benötigt (noch) mehr IT-Fachkräfte, um im Wettbewerb nicht abgehängt zu werden, die Chancen von KI zu nutzen und sich vor digitalen Angriffen schützen zu können. Doch die Nachfrage nach IT-Kräften am Arbeitsmarkt ist allgemein hoch und die KMU stehen in direkter Konkurrenz mit Großunternehmen. Dennoch haben kleine und mittelständische Unternehmen Gestaltungsmöglichkeiten, indem sie beispielsweise ihren IT-Nachwuchs selbst ausbilden, vorhandene Mitarbeiter weiterentwickeln, IT-Fachkräfte durch attraktive Arbeitsbedingungen anziehen und an sich binden.
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus unterstützt die KMU in der Bewältigung dieser Aufgaben durch gezielte Maßnahmen und Programme unter anderem zur Stärkung von Frauen in MINT-Berufen, durch das Angebot des „Girls‘ Digital Camps“, um Schülerinnen für die digitale Welt zu begeistern, durch Ausbildungsbotschafter in Schulen, die für Ausbildungen in IT-Berufen werben, oder durch die Förderung von IT-Weiterbildungsangeboten. Einen Überblick über derzeit rund 20.000 buchbare IT-Weiterbildungen in Baden-Württemberg finden KMU auf der seitens des Landes bereitgestellten Plattform www.fortbildung-bw.de.Um internationale Fachkräfte noch besser ansprechen und beraten zu können, fördert das Land sognannte Welcome Center.
Dass die gemeinsamen Anstrengungen Wirkung zeigen, lässt sich anhand von Zahlen belegen: Seit Dezember 2012 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen IT-Fachkräfte in Baden-Württemberg von 110.270 auf 175.008 (Stand März 2022) angestiegen. Dies entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von circa 5 Prozent. Dennoch müssen sich die Unternehmen aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung auf eine weiter steigende Nachfrage nach IT-Fachkräften einstellen, bei gleichzeitiger Verknappung des inländischen Fachkräfteangebotes infolge des demografischen Wandels. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken sind alle Akteure, von den Betrieben über die Bildungseinrichtungen, die Kommunen und letztendlich auch der Gesetzgeber, gefragt, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Anzahl von Fachkräften, insbesondere auch von Frauen in IT-Berufen, zu erhöhen.