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Summary28.12.2021

Wie das Wasser künftig gemanagt werden soll

Und was das kostet

Thomas Barthel, Herausgeber Quelle: Meinungsbrometer.info Dipl.- Journ. Thomas Barthel Founder & Herausgeber Meinungsbarometer.info

Mehrere Jahre mit niedrigen Niederschlagsmengen haben gezeigt: Deutschland braucht eine Wasserstrategie. Die hat die damalige Bundesregierung im Sommer 2021 vorgestellt. Wesentliche Bestandteile dieser Strategie sind geplante Nutzungshierarchien, der Aufbau von Verbundnetzen und Fernleitungen und der bessere Datenaustausch zwischen den zuständigen Stellen in Bund, Ländern, Kreisen und Kommunen verbessert werden.

Für Dr. Durmus Ünlü, Geschäftsführer der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW), muss künftig das Ziel, Nutzungskonflikten vorzubeugen und Nutzungskonkurrenzen zu reduzieren, oberste Priorität haben. Im Interview mit dem Fachdebattenportal Meinungsbarometer.info, sagt er, dass sich die Situation durch den Klimawandel verschärft und: „Soweit es aufgrund von Wasserstress zudem auf eine Nutzungshierarchie der vorhandenen und nutzbaren Wasserressourcen ankommt, ist zu berücksichtigen, dass der Zugang zu einwandfreiem und sauberem Trinkwasser als fester Bestandteil der Verwirklichung aller Menschenrechte anerkannt ist.“ Auch für Godehard Hennies, Geschäftsführer, Wasserverbandstag e.V. Bremen | Niedersachsen | Sachsen-Anhalt, steht die öffentliche Wasserversorgung als Kern der Daseinsversorge an erster Stelle der Nutzungshierarchien. Diese sei verfassungsrechtlich abgesichert und müsse im Bewusstsein der Bevölkerung und der Verantwortlichen wieder ihren Stellenwert erhalten. Dabei sei ein regionales Management notwendig, um die Wassernutzungen möglichst konfliktfrei zu ermöglichen. „Im wasserreichen Land Deutschland kommt es für die Zukunft darauf an, die Verteilung des Wasserschatzes wertschätzend zu organisieren.“

Turgut Pencereci, Mitgeschäftsführer des Deutschen Bundes für verbandliche Wasserwirtschaft e. V. (DBVW) und Geschäftsführer des Landeswasserverbandstages Brandenburg e.V. betont, dass die Nutzungskonflikte nicht nur ein Zukunftsthema sind, sondern, dass bereits jetzt bestehen. „Wir stellen fest, dass sich Nutzungskonflikte nicht nur zwischen Trinkwasserversorgern, Mineralwasserproduzenten, Landwirten, Naturschützern, Industrie und Gewerbe und weiteren ergeben, sondern dass sogar schon öffentlich-rechtliche Aufgabenträger untereinander in Nutzungskonflikte geraten.“ Die öffentliche Wasserversorgung müsse in jedem Fall Vorrang haben, aber auch die anderen Akteure müssten mit ausreichend Wasser versorgt werden. Denn es nütze wenig, die Trinkwasserversorgung vorrangig zu behandeln, wenn gleichzeitig die Landwirtschaft nicht ausreichend Wasser habe, um für die Versorgung der Bevölkerung zu wirtschaften. Daher müssten sich alle Beteiligten darauf einstellen, dass der sparsame (rationelle) Umgang mit Wasser höchste Priorität habe.

Für Diana Nenz vom NABU (Naturschutzbund Deutschland) e.V. kommt dem Naturschutz eine besondere Bedeutung zu, da starke Ökosysteme systemregulierend und stabilisierend für den Wasserhaushalt und somit für das Wasserdargebot sind. Dadurch werde der Verschärfung von Nutzungskonflikten entgegengewirkt. Starre Nutzungshierarchien machen aus ihrer Sicht wenig Sinn, da Nutzungskonflikte regional und zeitlich sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. „Das verfügbare Wasserdargebot wird durch die Wassermenge und durch die Wasserqualität definiert. So kann sich das Dargebot durch zunehmende Verschmutzungen oder steigende Nutzungen verringern.“ In diesem Zusammenhang mahnt Sebastian Schönauer vom BUND: „Die Belange der Trinkwasserversorgung müssen hier endlich durch die Umsetzung der Nitrat-RL, die zwar seit 1991 gültig ist, aber bisher 30 Jahre lang zu Gunsten der Agrolobby missachtet wurde, Richtlinien-konform umgesetzt werden.“ Nur so würden die Wasserversorgungsunternehmen in die Lage versetzt, ihre Aufgaben zu erfüllen. Die EU-Kommission erwäge bereits, die Bundesrepublik Deutschland erneut mit einem Vertragsverletzungsverfahren zu überziehen, da die Auflagen wieder nicht, bzw. zum wiederholten Mal nicht Richtlinien-konform umgesetzt wurden.

Prof. Dr. Uli Paetzel, Präsident der Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) lenkt den Blick auf die urbanen Ballungsräume und deren Umbau zu wasserbewussten Zukunftsstädten als wesentlicher Teil der Klimaanpassung. In der Nationalen Wasserstrategie setze man auf das Schwammstadtprinzip zum Wasserrückhalt in der Fläche. Seine Vereinigung stehe bei der Entwicklung der Leitlinien als kompetente und erfahrene Partnerin zur Verfügung. „Blau-Grüne Infrastruktur stärken, Fläche multifunktional nutzen, Stadtklima verbessern, Gewässer aufwerten, Umsetzungshemmnisse abbauen, Akteure vernetzen – die Kernelemente der Nationalen Wasserstrategie sind zentrale Aussagen des aktuellen DWA-Positionspapiers „Wasserbewusste Entwicklung unserer Städte“.“ Technisch sei der Umbau der Städte realisierbar, volkswirtschaftlich und ökologisch sehr sinnvoll. Auf den Datenaustausch zwischen Bund, Land und Kommunen geht Siegfried Gendries, Mitglied im Expertenbeirat von Partner für Wasser e.V., ein. Besser gesagt den mangelnden Datenaustausch. Denn: „Der Datenaustausch setzt deren Verfügbarkeit voraus. Es ist teilweise erschreckend, wie schlecht die Datenbasis der Behörden und politischen Entscheidungsträger zu Wasser hierzulande zu sein scheint.“ Er spricht von einer eklatanten „Daten-Dürre“. Auf eine Anfrage zeigten sich in NRW zahlreiche Wasserbehörden unwissend, welche Mengen an Wasser auf Basis der erteilten Entnahmerechte tatsächlich entnommen worden sind. Ähnliches räume das Bayerische Umweltministerium ein.

Prof. Dr. Dietrich Borchardt, Leiter des Departments Aquatische Ökosystemanalyse und Management am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), spricht über die in der Wasserstrategie vorgesehenen jeweils 100 Millionen Euro in den kommenden 10 Jahren für einen besseren Zustand der Gewässer. Er stellt fest: „Der Finanzbedarf für die Umsetzung der konkreten Maßnahmen für die Anpassung an den Klimawandel und zum nachhaltigen Schutz des Wassers ist aber sehr viel größer.“ Allein die Kosten für den Umbau der Wasserinfrastrukturen würden zum Beispiel auf 3 Mrd €/Jahr geschätzt, die für die Umsetzung der Gewässerschutzmaßnahmen nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie auf 8 Mrd.€ von 2022 bis 2027. Dieser Finanzbedarf müsse aus ganz unterschiedlichen Quellen erbracht und sehr viel stärker als bisher Verursacher-gerecht und nach dem Kostendeckungsprinzip folgend ausgerichtet werden.

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