Plötzlich musste alles ganz schnell gehen: In der Corona-Krise waren an vielen Hochschulen keine Präsenzveranstaltungen mehr möglich und eilig wurde nach digitalen Alternativen gesucht. Das Problem: „Deutschland kommt bei der Digitalisierung generell nur schleppend voran. Die Hochschulen bilden dabei keine Ausnahme“ schätzt Prof. Dr. Michael Hartmer, Geschäftsführer des Deutschen Hochschulverbandes in der Fachdebatte auf Meinungsbarometer.info ein. Im internationalen Vergleich bleibe weiterhin Luft nach oben. Für viele Hochschulen sei die Entwicklung von Online-Vorlesungen personell, technisch und didaktisch sehr aufwendig.
Und dann ist da das Problem mit den Finanzen. „Mangelnde Personalressourcen und eine unzureichende Budgetierung bleiben die Haupthindernisse für den Ausbau und die Weiterentwicklung der Digitalisierung an Hochschulen“, so Prof. Dr. Michael Hartmer. Zu Recht habe die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission Forschung und Innovation bereits vor einem Jahr die Einführung einer „Digitalisierungspauschale“ angeregt. Hochschulen sollten demnach pro Studentin bzw. Student einen bestimmten Betrag zum Ausbau und Unterhalt ihrer digitalen Infrastruktur und Anwendungen sowie zum Ausbau ihrer digitalen Lehr- und Lernangebote erhalten. Insgesamt ist von einer jährlichen Größenordnung von 260 Millionen Euro pro Jahr bei 2,8 Millionen Studierenden die Rede.
Viele Länder treiben indes die digitale Transformation voran und stellen den Hochschulen Mittel zur Verfügung. „Wir haben in Hessen als erstes Bundesland einen Digitalpakt mit den Hochschulen verhandelt und bereits abgeschlossen“, berichtet etwa die hessische Forschungsministerin Angela Dorn. Dadurch bekommen die hessischen Hochschulen bis 2024 insgesamt 112 Millionen Euro zusätzlich. Hinzu kommen laut Angela Dorn weitere 38 Millionen Euro für den Ausbau der künstlichen Intelligenz.
Auch in dieser Frage hat Corona für Schub gesorgt. So hat der Senat in Bremen nach Angaben der Wissenschafts-Senatorin Dr. Claudia Schilling ein Sonderprogramm in Höhe von 4 Mio. Euro bewilligt. Strategisch habe Bremen das Thema Digitalisierung im Wissenschaftsplan 2025 als festen Bestandteil in den Bereichen Forschung, Lehre und Verwaltung verankert.
Daneben setzen viele Länder auf Kooperationen und gemeinsame Lösungen der Hochschulen. „Die Digitalisierung und die damit verbundene Ortsunabhängigkeit bieten die große Chance, dass die Hochschulen zukünftig vermehrt hochschulübergreifend zusammenarbeiten“, sagt NRW-Wissenschaftsministerin-Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. Nicht jede Hochschule müsse zum Beispiel einen eigenen E-Mail- oder Speicherdienst betreiben. Die Cloud-Technologie erlaube es, Kapazitäten flexibler zu nutzen. Seit 2016 gibt es daher die „Digitale Hochschule NRW“ (DH.NRW). Darin arbeiten nach Angaben der Ministerin 42 Universitäten, Fach-, Kunst- und Musikhochschulen aus Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft daran, die Digitalisierung der Hochschulen zu koordinieren und zu entwickeln, Innovationspotenziale zu nutzen sowie Bereiche wie Lehre, Studium, Forschung oder Infrastruktur zu unterstützen.
Auch Rheinland-Pfalz setzt auf Zusammenarbeit. „Der Virtuelle Campus Rheinland-Pfalz (VCRP) ist eine gemeinsame wissenschaftliche Einrichtung aller Hochschulen und leistet die zentrale Dienstleistungs-, Unterstützungs- und Koordinationsfunktion für alle rheinland-pfälzischen Hochschulen“, erklärt Wissenschaftsminister Prof. Dr. Konrad Wolf. Auch ein schnelles Netz und zentrale Softwarelösungen für die Verwaltungen, wie z.B. die E-Rechnung oder das Campus Management System stehen zur Verfügung.
In Brandenburg wurde das Zentrum der Brandenburgischen Hochschulen für Digitale Transformation gegründet. "Es ermöglicht den Hochschulen unabhängig von Typ und Größe eine stärkere digitale Vernetzung", sagt Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle. Hier werden gemeinsame strategische Projekte der Hochschulen zusätzlich mit bis zu einer Million Euro pro Jahr gefördert. Ein Sofortprogramm für das kritische Sommersemester was vier Millionen Euro schwer.
In Brandenburg wurde das Zentrum der Brandenburgischen Hochschulen für Digitale Transformation gegründet. "Es ermöglicht den Hochschulen unabhängig von Typ und Größe eine stärkere digitale Vernetzung", sagt Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle. Hier werden gemeinsame strategische Projekte der Hochschulen zusätzlich mit bis zu einer Million Euro pro Jahr gefördert. Ein Sofortprogramm für das kritische Sommersemester was vier Millionen Euro schwer.
Auch der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Bernd Sibler, berichtet vom Aufbau von digitalen Infrastrukturen. Netzkompetenzzentren in Süd- und Nordbayern, ein Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München und das Regionale Rechenzentrum Erlangen der Universität Erlangen-Nürnberg sorgen für eine starke Basis. Bernd Sibler gibt allerdings zu bedenken: "Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss den Menschen dienen und einen Mehrwert für die Lehre bieten." Dieser Mehrwert müsse sich dabei vor allem am Nutzen für die Studentinnen und Studenten und die Dozentinnen und Dozenten messen lassen.