Die Tourismus-Branche feiert ein Comeback: Nach aktuellen Untersuchungen wollen die Menschen mehr Geld für Urlaub ausgeben. Nach den pandemiebedingten Flaute-Jahren sind es aber nicht genau die gleichen Dinge, die sich Reisende etwas kosten lassen. In unserer Fachdebatte zeigen die Experten aus verschiedenen Regionen, was bei ihnen die neuen Trends sind.
So beobachtet Dr. Heike Döll-König, Geschäftsführerin von Tourismus NRW, dass es durch die Corona-Pandemie bei uns ein Wiederentdecken des eigenen Landes gab – und diesen Trend konnten sie über das Ende der Pandemie hinaus fortschreiben. „Wenn wir auf das Tourismusjahr 2022/2023 schauen, also auf die Zeit von November 2022 bis Oktober 2023, dann sind die Übernachtungen inländischer Urlaubsgäste in der Zeit um etwa ein Viertel im Vergleich zu 2018/19 gestiegen“ Viele Menschen hätten inzwischen entdeckt, dass man bei uns nicht nur hervorragend professionelle Veranstaltungen abhalten und besuchen, sondern auch seinen Urlaub verbringen kann.
Barbara Radomski, Geschäftsführerin Bayern Tourismus Marketing GmbH, macht als den Trend unserer Zeit beim Reisen die Suche nach Resonanz aus, nach authentischen Erlebnissen und Eindrücken, die nachwirken. „Unser einzigartiges bayerisches Lebensgefühl ist die Antwort auf diese Suche. Reisende erleben in Bayern echte, authentische Begegnungen, sie werden für die Dauer ihres Aufenthalts zu Einwohnern auf Zeit und tauchen so in das Leben vor Ort ein.“
Christoph Gösel, Geschäftsführer Thüringer Tourismus GmbH, legt bei sich vorort dieses Jahr einen starken Fokus auf Erholung abseits des Alltags. „Die Reiseanalyse 2024 bestätigt, dass es sich hierbei um das Reisemotiv Nr. 1 handelt und auch die steigenden Übernachtungszahlen in den Erholungsorten genauso wie die Zunahme an gesundheitsorientieren Angeboten zahlen darauf ein.“ Zudem entwickelt die Branche sich bei ihm in Richtung Prävention und Gesundheitsvorsorge – dabei wollen die Gäste nicht mehr nur gesund werden, sondern nach seiner Erfahrung auch genießen und gesund bleiben.
Karin Seiler Geschäftsführerin von Tirol Werbung GmbH sieht isbesondere seit der Corona-Pandemie ein starkes Wachstum bei den Campinggästen. „Das gilt nicht nur für den Sommer, sondern selbst für den Winter, der in der aktuellen Saison ein Wachstum von 20 Prozent bei den Nächtigungen auf Campingplätzen gebracht hat.“ Die Lust auf Freiheit und Natur erfreue sich weiterhin großer Beliebtheit. Unser Land bietet einen idealen Resonanzboden für diese Sehnsuchtsmotive. In ihrem österreichischen Bundesland,bemerkt sie auch: „Menschen werden nicht nur immer älter, sondern bleiben gerade im Urlaub auch länger aktiv.“
Erwin Hinteregger, CEO bei IDM Südtirol - Alto Adige, sieht eine starke Nachfrage nach authentischen kulinarischen Angeboten aus der Region. Auch das Thema Radtourismus entwickelt sich in dem norditalienischen Gebiet stark. „Bereits seit dem letzten Sommer sehen wir zudem eine übergroße Nachfrage nach Aufenthalten auf Berghütten, Schutzhütten und Almen, einhergehend mit dem Trend zu alpinen Weitwanderungen, Überschreitungen und Mehrtagestouren.“
Ein Trend ist nach aktuellen Untersuchungen die Suche nach erschwinglichem Luxus. Tobias Woitendorf, Geschäftsführer beim Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern, hinterfragt in diesem Zusammenhang den Luxusbegriff. „Luxus ist für uns aber auch Natur, der Zugang zum Meer, die gute Luft, Freiraum zum Leben, Atmen, Genießen, Sein.“ Auch an so einem erweiterten Verständnis von Luxus lasse sich ein Wertwandel ablesen.
Das bestätigt Michael Duscher, Geschäftsführer der Niederösterreich-Werbung GmbH. Er verzeichnet vor Ort zwar bei klassischen 4- und 5-Stern-Hotels ein Plus von 12,7% im Vergleich zum Jahr davor. Aber: „as wir von unseren Gästeumfragen und Marketinganalysen wissen: Die Menschen, die nach Niederösterreich kommen, suchen das Authentische, „Echte“, gesunde Natur und regionale Besonderheiten – und wissen auch zu schätzen, was sie bekommen, denn der Anteil von Stammgästen ist besonders hoch.“ Oft sei der wahre Luxus nicht der materielle, sondern das Unverwechselbare, Einzigartige, entschleunigend und nachhaltig Wirkende.
Apropos Nachhaltigkeit – auch das ist einer der aktuellen Reise-Trends. Birgit Grauvogel, Geschäftsführerin der Tourismus Zentrale Saarland GmbH, positioniert ihr Bundesland im In- und Ausland als nachhaltige Destination und Vorreiter für nachhaltigen Tourismus. „Bereits 2018 starteten wir mit der Zertifizierung des Saarlandes durch TourCert als nachhaltiges Reiseziel. Bis zu diesem Jahr waren wir übrigens das einzige nachhaltig zertifizierte Bundesland in Deutschland.“ Die nachhaltige Gestaltung des Tourismus im Saarland wird im Rahmen eines Destinationsmanagements forciert, es gibt sogar eine „Exzellenzinitiative Nachhaltige Reiseziele“.
Für Klaus Ehrenbrandtner, Geschäftsführer der Kärnten Werbung, macht die hiesige Natur mit ihrer biologischen Vielfalt, eine verantwortungsbewusste regionale Kulinarik und der behutsame Umgang mit den Ressourcen der Umwelt die region zu einem per se attraktiven Ziel für achtsam Reisende. „Als erste Tourismusregion der Welt stellt sich die Region Klimaberg Katschberg der Herausforderung, bis 2030 CO2-neutral zu sein“, betont er.
In Salzburg besitzen laut Christine Schönhuber, Geschäftsführerin der TSG Tourismus Salzburg GmbH, 25 Betriebe aus Tourismus, Gastronomie und Kultur das Österreichische Umweltzeichen – Tendenz steigend. Zusätzlich engagieren sich nach ihren Angaben immer mehr Institutionen für die Klassifizierung von Festivals als „Green Event“, so etwa die Salzburger Sommerszene oder das Winterfest. „Ziel muss es auch sein, Destinationen zu zertifizieren und damit die Menschen weiter zu sensibilisieren. Umso sichtbarer das Angebot, desto eher wird es von den Gästen wahrgenommen.“