Ihr Landkreis gehört zu den Modellregionen für die Digitalisierung im ländlichen Raum. Welches sind die zentralen Projekte, die Sie auf dem Weg zur Smart Community gestartet haben?
Der Ausgangspunkt für die starke Entwicklung der Digitalisierung im Kreis Coesfeld war die Erarbeitung einer umfassenden, kreisweiten Digitalisierungsstrategie im Jahr 2019. Es ist uns gelungen, gemeinsam mit den Städten und Gemeinden eine übergeordnete Vision für die Digitalisierung unseres Kreises und gleichzeitig konkrete Maßnahmen und Projekte zu definieren. Im nächsten Schritt haben wir eine Digitalagentur gegründet und damit einen virtuellen Zusammenschluss aller Digitalisierungsbeauftragten der Kommunen erreicht. Diese Agentur fungiert als zentrale Anlaufstelle für alle Digitalisierungsprojekte im Kreis und hat zum Ziel, die in der Strategie festgeschriebenen Projekte umzusetzen und weiterzuentwickeln.
Ein besonderes Highlight war die erste Digitalisierungskonferenz im November 2022. Diese bot durch Impulsvorträge und Workshops eine Plattform für den Austausch von Ideen und Best Practices. Im Jahr 2023 lag unser Fokus auf dem Kompetenzaufbau innerhalb der Digitalagentur, einschließlich Schulungen und Weiterbildungen. Ein sehr erfolgreiches Beispiel ist das im Kreisverbund erarbeitete E-Lastenrad-Sharing, das sogar den Wettbewerb „Zu Hause unterwegs. Mobil in ländlichen Räumen“ gewonnen hat.
Daneben haben die Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH in Zusammenarbeit mit der Stadt Dülmen in den Jahren 2022 und 2023 ein digitales Identifikationssystem für Restmülltonnen erprobt. Während des Testzeitraums wurden die Mülltonnen mit einer Identifikationsnummer und einem RFID-Transponder ausgestattet, der vom Müllfahrzeug ausgelesen werden konnte. Ziel des Ident-Systems ist es, die Behälterverwaltung zu optimieren, Reklamationen effizienter zu bearbeiten, logistische Abläufe zu verbessern und Fehler bei der Gebührenberechnung zu vermeiden.
Welche Vorhaben wollen Sie als nächstes angehen?
Wir merken gerade, dass uns das Thema Künstliche Intelligenz sehr umtreibt. Daher prüfen wir Ansätze innerhalb und außerhalb der Verwaltung, um die Chancen, die sich für uns daraus ergeben mit einem möglichst großen Mehrwert zu nutzen. Das kann die Beschleunigung interner Prozesse sein oder eine verbesserte Kommunikation nach außen, indem wir Bescheide in einfache Sprache umformulieren können. Auch hier werden wir wieder Weiterbildungsangebote schaffen.
Außerdem soll im kommenden Jahr ein weiterer Versuch der Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH mit einem modifizierten Identifizierungssystem in einem anderen Testgebiet erfolgen. Die Einführung eines kreisweiten Ident-Systems für Mülltonnen ist mit der nächsten Ausschreibung für die Sammellogistik geplant.
Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit Unternehmen aus der Privatwirtschaft bei Digitalisierungs-Vorhaben?
Die Zusammenarbeit mit Unternehmen ist uns sehr wichtig. Wir sehen unsere Aufgabe in erster Linie darin, digitale Lösungen zu initiieren, für Umsetzung und Durchführung sind dann die privaten Unternehmen zuständig. Das fing bei uns beim Ausbau der digitalen Infrastruktur bereits an. Wir haben z.B. beim Glasfaserausbau die Telekommunikationsunternehmen bei der Vorvermarktung unterstützt, damit diese zügig die wirtschaftlich erforderlichen Nachfragequoten erreichen konnten. Den Ausbau haben die Unternehmen dann eigenwirtschaftlich übernommen. Bei der Einführung digitaler Lösungen setzt sich das jetzt fort. Im Kreis Coesfeld entstehen z. B. in verschiedenen Stellen derzeit Angebote des Car- und Bike-Sharing durch private Anbieter. Wir unterstützen diese in der Aufbauphase, der eigentliche Betrieb liegt aber bei den Unternehmen.
Auch die Planung und Umsetzung der Projekte in der Kreislauf- und Abfallwirtschaft erfolgen in enger Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden, lokalen Entsorgungsunternehmen und Dienstleistern. Diese Partner stellen wertvolle fachliche Expertise und die nötige Infrastruktur bereit, die besonders bei Digitalisierungsprojekten von entscheidender Bedeutung sind. Durch diese Kooperation wird sichergestellt, dass innovative Lösungen effizient und ressourcenschonend umgesetzt werden, während gleichzeitig regionale Kompetenzen gestärkt und Synergien optimal genutzt werden.
Als zentral gilt die Versorgung mit 5G – wie sieht es diesbezüglich in Ihrer Region aus?
Der erste 5G-Sendemast ist im Kreis Coesfeld bereits 2020 in Betrieb gegangen. Inzwischen haben wir eine sehr gute Abdeckung. Nach dem Auslaufen des ehemaligen UMTS-Netzes werden die dafür genutzten Mobilfunkstationen sukzessive auf 5G umgestellt. Für uns steht aber immer noch die flächendeckende LTE-Versorgung im Fokus. Zwar sind wir mit 80% bis 88% der Fläche, je nach Netzbetreiber, bereits heute überdurchschnittlich gut versorgt, aber noch ein gutes Stück von den 100% entfernt. Durch Mobilfunkmessungen haben wir noch 26 Lücken in der Mobilfunkversorgung identifiziert und besprechen dazu jetzt Lösungen mit den Netzbetreibern. Der große Vorteil: Wenn wir Lücken im LTE-Netz schließen, können diese neuen Mobilfunkstandorte gleichzeitig für das 5G-Netz genutzt werden. Wir sind somit auch beim Mobilfunk auf einen guten Weg.