Die hiesigen Hochschulen sind auf dem Weg zu smarten Hochschulen - zugleich herrscht nach der Pandemie wieder vielerorts die Präsenzlehre vor. Wieviel digital und wie viel analog macht einen Campus smart?
Die vergangenen vier Jahre waren ein Katalysator für eine Vielzahl von Impulsen und Entwicklungen hin zu stärker digitalisierten Prozessen an den Hochschulen. Die Hochschulen waren im Rückblick oft selbst erstaunt, wie schnell digitale Lösungen gerade auch in der Lehre eingeflossen sind, die unter „normalen“ Bedingungen viel langsamer Akzeptanz gefunden hätten. Jetzt müssen fundiert überlegen und entscheiden, was in der Lehre digital bleiben soll und möglicherweise weiterentwickelt werden muss und wo analoge oder hybride Formate besser geeignet sind. Gerade für Studierende, die ihr Studium in der Pandemie aufgenommen haben, war das eine sehr prägende Zeit, da sie ihre Uni und das Studieren für lange Zeit „nur“ online kennengelernt haben. Erst im vergangenen Jahr haben sie auch die Vorteile des Studiums in Präsenz erleben können.
Die Digitalisierung in Forschung, Lehre, Transfer und in den internen Prozessen wird weiter ein starker Treiber von Veränderungen an den Hochschulen sein – allerdings nicht zum Selbstzweck. Die richtige Balance zu finden, beschäftigt aktuell die Leitungen und Gremien der Hochschulen sowie die Politik. Bei Entscheidungen über Digitalisierungsprojekte sollten Kriterien wie effektive Zielerreichung, Effizienzsteigerung, Qualität und ein fokussierter Einsatz der knappen finanziellen Mittel maßgeblich bleiben. Unter „Qualität“ verstehe ich auch die Qualität der Maßnahmen für die Menschen. Das wäre mein Bild einer smarten Hochschule.
KI hat das Potenzial, Studium und Lehre grundlegend zu verändern. Wie gehen Sie damit um?
Wir befinden uns in verschiedenen tiefgreifenden Transformationsprozessen: Die Digitalisierung ist ein starker Treiber für Veränderungen, die Transformation Richtung Nachhaltigkeit eine wichtige Notwendigkeit. Beide Transformationen hängen eng zusammen und müssen gemeinsam gestaltet werden. Eine nachhaltigkeitsblinde Digitalisierung wird zu massiven Problemen führen und der Weg Richtung Nachhaltigkeit kann von digitalen Lösungen maßgeblich profitieren.
KI ist schon lange ein Thema in der Digitalisierung. Den jüngeren Entwicklungen kann sich nun aber kaum jemand entziehen – und sollte das auch nicht tun. Dies gilt auch für die Aufgaben an Universitäten, für die der Einsatz KI-basierter Lösungen diskutiert wird. Generell lassen sich die verfügbaren KI-Werkzeuge inzwischen einfach, intuitiv und ohne Expertenwissen bedienen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Forschung und Lehre sind hier erfahrungsgemäß sehr offen und weiter als viele andere Teile der Gesellschaft. Davon profitieren Universitäten bei der Umsetzung. Der nutzbringende Einsatz von KI ist daher eines der dominierenden Themen an den Hochschulen.
In der Forschung geschieht das sehr zielgerichtet, da Methoden der KI und des maschinellen Lernens lange etabliert und Gegenstand der Forschung selbst sind. Auch in der Lehre ist inzwischen klar, dass es darum geht, KI gezielt als Thema und Werkzeug in Studium und Lehre zu integrieren. Die Studierenden müssen sich mit diesen Technologien vertraut machen, um sie verstehen und bewusst einsetzen zu können. Spannend sind auch datenschutzkonforme Learning Analytics mit dem Ziel, Studierenden unterstützt durch KI noch individuelleres Feedback geben zu können.
Wir sollten offen an das Thema herangehen, den Einsatz und die Entwicklung aber reflektiert und vor allem wissenschaftlich fundiert begleiten. Dann überwiegen die Chancen.
Hochschul-IT-Systeme gelten aufgrund ihrer Größe und der vielen Zugänge als besonders schwer zu sichern - welche Anstrengungen unternehmen Sie in Sachen Cybersicherheit?
Universitäten setzen sich selbstverständlich mit der Frage auseinander, wie sie sich noch effektiver schützen können. Wir ergreifen insbesondere Maßnahmen, um Schadcode und unbefugten Aktivitäten in Netzen und auf Systemen schnell erkennen und abwehren zu können. IT-Infrastruktur ist zudem gezielt darauf ausgelegt, mögliche Auswirkungen lokal begrenzt zu halten. Ergänzt wird dies durch Awareness-Maßnahmen: Menschen sind Teil dieses Systems und wir müssen sie einbeziehen, wenn es darum geht, die Resilienz unserer Einrichtung zu steigern. Diese Maßnahmen entwickeln wir stetig weiter, da wir uns der wachsenden Bedrohungslage fortlaufend anpassen und weiter den Anforderungen der Wissenschaft gerecht werden müssen.
Digitalisierung bindet Geld und Ressourcen - wie sollte die Politik die Hochschulen in dieser Frage unterstützten?
Die Politik hat längst erkannt, dass die Digitalisierung für die Universitäten in allen Aufgabenbereichen – Forschung/Transfer, Lehre und Verwaltung – zu einer zentralen Chance und Herausforderung geworden ist, und legt entsprechende Strategien auf. Hier müssen Universitäten Politik gemeinsam einen Weg finden, um die Unterstützung auch in Phasen geringerer finanzieller Spielräume aufrechterhalten zu können. Zentrale Aufgabe der Hochschulleitungen ist es, bei der Strategieentwicklung und Budgetsteuerung klare Ziele vorzugeben und entsprechende Prioritäten zu setzen. Die Universitäten selbst haben zahlreiche Strukturen geschaffen, um in Fragen der Digitalisierung stärker zusammenzuarbeiten, und die Politik unterstützt das gezielt.
Digitalisierung in den Hochschulen reduziert nicht zwangsläufig die Kosten, auch das Gegenteil kann der Fall sein (z. B. massiv steigende Kosten für die notwendige Standard-Software). Es geht aber nicht nur um eine höhere finanzielle Förderung, um steigende Kosten abzubilden. Wesentlich ist es auch, gesetzliche Rahmenbedingungen und Anforderungen wissenschaftsfreundlich zu gestalten und Bürokratie abzubauen. Flexiblere Regelungen unterstützen Universitäten auch dabei, das für die Digitalisierung erforderliche Personal finden und halten zu können.