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Interview21.01.2025

Über das große Vertrauen in das Radio

Wie KI die Programme stärken kann - und was staatsfern und unabhängig überwacht werden muss

Ruth Meyer - Direktorin der Landesmedienanstalt Saarland Quelle: LMS Ruth Meyer Direktorin Landesmedienanstalt Saarland (LMS)
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Dipl.- Journ. Thomas Barthel
Founder & Herausgeber
Meinungsbarometer.info
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"Der Mega-Trend KI ist in der Medienwelt längst angekommen und fester Bestandteil der Programm­planung vieler Sender", konstatiert Ruth Meyer, Direktorin der Landesmedienanstalt Saarland und bei den Medienanstalten verantwortlich für die Audio-Trends sowie das Thema KI. Sie benennt aber auch Risiken und klare Grenzen für den KI-Einsatz.





Voice-Cloning, automatisierte Spot-Produktion, optimierte Programm-Planung - wie wird KI das Radio in den nächsten fünf Jahren ganz grundsätzlich verändern?
Der Mega-Trend KI ist in der Medienwelt längst angekommen und fester Bestandteil der Programm­planung vieler Sender. Textbeiträge werden mit Hilfe von KI generiert und in Audiobeiträge oder Podcasts umgewandelt. Wir kennen auch bereits vollautomatisierte und KI-moderierte Programme, die mit herkömmlichen Angeboten um Aufmerksamkeit konkurrieren.

Mittels Voice Cloning reproduzierte Stimmen sind vom Original oft nicht mehr zu unterscheiden. Um Missbrauch zu verhindern, sollten sie bereits systemseits nur über „ihre“ Menschen verfügbar sein. Kombiniert man Voice-Cloning mit multimodalen Sprachmodellen, Auto-Transkription oder Über­setzungstools, sind Audioproduktionen in kürzester Zeit crossmedial verwendbar und international auszuspielen – das eröffnet völlig neue Möglichkeiten.

Um das große Vertrauen, das Radio im Alltag vieler Menschen genießt, nicht zu verspielen, kann KI helfen, Manipulationen zu entdecken . Im Rahmen der Audioforensik sind die bei einer Aufnahme verwendeten Geräte genauso identifizierbar wie nachträgliche Schnitte im Audiomaterial oder die Wiederverwertung von Inhalten.

Welche Potenziale sehen Sie in KI generierten personalisierten Radioprogrammen?
KI-Anwendungen vereinfachen die Produktion von Beiträgen enorm und sind unter ökonomischen Aspekten hochinteressant. Besonders spannend finde ich, dass manche Qualitätsmedien KI gezielt einsetzen, um „gegen den Trend“ zu recherchieren und zu berichten.

Targeting und Personalisierung sind kraft KI noch deutlich zielgenauer geworden. Mittels Programmatic Advertising wird der Wert von Werbeeinblendungen permanent und in Echtzeit analysiert und dealt so völlig automatisch die Platzierung von Werbung. Solche Anwendungen, die in der Lage sind, Medienangebote detailliert an individuellen Verhaltensmustern auszurichten, dürfen dagegen keinesfalls Einfluss auf die Programmgestaltung nehmen.

Eine Grenze ist auch dort erreicht, wo menschliche Identität und Interaktion durch KI vorgetäuscht wird und mit Cheap oder Deep Fakes Personen oder Wahlen manipuliert werden.

In einer aktuellen Studie stehen viele Befragte KI namentlich im journalistischen Bereich kritisch gegenüber - wie bewerten Sie das?
Das zentrale Stichwort lautet: Vertrauen. Die Vertrauenswürdigkeit von Medieninhalten wächst, wenn die Rolle von KI im Produktionsprozess nachvollzogen werden kann. Hierzu tragen unmiss­verständliche Kennzeichnungen und detaillierte Offenlegungspflichten bei, aber auch die Stärkung von KI-Kompetenzen. Nur wer verseht, wie KI funktioniert oder warum sie Fehler produziert, lernt auch, zu vertrauen.

Im Rahmen unseres letzten Transparenz-Checks haben wir geprüft, welche Rolle Kennzeichnung für die Identifikation KI-generierter Inhalte spielt. Im Ergebnis befürworteten 9 von 10 Internetusern eine verpflichtende Kennzeichnung. Fast ebenso viele standen weiteren Transparenzinitiativen wie der Überprüfung durch externe Expert:innen positiv gegenüber.

Medienmarken haben ein hohes Eigeninteresse, Vertrauen nicht zu verspielen. Die „Letztverantwortung Mensch" darf in redaktionellen Prozessen daher nicht an eine Technologie delegiert werden. Zudem überwachen wir Medienanstalten die Einhaltung medienrechtlicher Prinzipien.

KI ist darum weder das Ende der Wahrheit noch ersetzt sie die persönliche Recherche oder einen wachen Geist. Bei verantwortungsvollem Einsatz bildet sie im journalistischen Kontext ein qualitätssicherndes und effizienzsteigerndes Werkzeug.

Welchen Regulierungsbedarf aus der Politik sehen Sie in diesem Bereich?
Vielfalt stärken, Verantwortung regeln und Vertrauen wahren – auf diese Formel haben wir die Regulierungsbedarfe gebracht. Das Gut, das es zu schützen gilt, heißt Meinungsfreiheit. Dieses Gut ist staatsfern und unabhängig zu überwachen.

Bei aller Begeisterung für die Leistungsfähigkeit von KI-Anwendungen, dürfen ihre Risiken, insbeson­dere hinsichtlich Desinformation nicht außer Acht geraten.

Erfreulicherweise haben die meisten deutschen Veranstalter recht zügig interne Guidelines verfasst, und einen Rahmen für den verantwortlichen KI-Einsatz gesteckt. Diese Selbstregulierung wird aufsichtlich flankiert. Wir haben den AI-Act genau angeschaut: Er berührt unsere Aufgaben und das Medienprivileg in den Bereichen Jugendmedienschutz, Werbung, Vielfaltssicherung und Meinungs­freiheit. Die nationale Gesetzgebung zur KI-Verordnung wird dies aufzugreifen haben.

Nicht zuletzt steigt mit der Bedeutung von Daten für die Wertschöpfung auch der Wert sicherer Datenräume. Es muss gelingen, eine vertrauensvolle und souveräne Bereitstellung datenbasierter Anwendungen mit qualitativ aufbereiteten Informationen und Geschäftsmodellen für alle Akteure zu gewährleisten. Nur dann können sich neben den marktbeherrschenden US-amerikanischen bzw. asiatischen Playern auch solche etablieren, die primär deutsche und europäische Rechtsgrundlagen schätzen.

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