Regional gibt es ein dauerhaftes Wasserbilanz-Risiko. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Maßnahmen, um eine nachhaltige Versorgung und gerechte Verteilung von Wasser sicherzustellen?
Wasserschutz und ein nachhaltiges Wassermanagement müssen in den gesamtgesellschaftlichen Fokus rücken und gemeinsam gemeistert werden.
Wasserbilanz-Risiken hängen maßgeblich von der Wasserbedarfsdeckungsbilanz im jeweiligen Versorgungsgebiet ab. Das heißt, wenn das natürliche Wasserdargebot und der Wasserbedarf unter Beachtung aller relevanten Rahmenbedingungen nicht harmonieren und der Wasserbedarf das Wasserdargebot dauerhaft oder zeitweilig (z. B. in langanhaltenden Trockenperioden) übersteigt oder künftig übersteigen wird, besteht ein Risiko und somit ein Vorsorgebedarf.
Die wichtigsten Maßnahmen, um eine nachhaltige Versorgung und sachgerechte Verteilung von Wasser sicherzustellen, sind:
- eine verlässliche Datengrundlage für Wasserdargebot und Wasserbedarf im Versorgungsgebiet jetzt und künftig
- die verlässliche Kenntnis der Leistungsfähigkeit und Flexibilität der Wasserversorgungsinfrastruktur regional und überregional
- Handlungsoptionen (z. B. Steuerungsmaßnahmen bei bestehenden Wasserverbundlösungen, Allgemeinverfügungen bzgl. sparsamer Wassernutzung in Dürrezeiten) bzw. Maßnahmen (z. B. Ausbau/Optimierung der Wasserversorgungsinfrastruktur oder regulatorische: Priorisierung/Rationierung der Wassernutzung in Wassermangelzeiten) mit dem Ziel, eine resiliente und zukunftsfeste, nachhaltige Wasserversorgung zu schaffen.
In Sachsen tragen besonders die beiden im strukturellen Umbruch begriffenen Braunkohlereviere (Lausitzer Revier und Mitteldeutsches Revier) Wasserbilanzrisiken. In beiden Regionen ist eine komplette Neuausrichtung der Gewässerbewirtschaftung erforderlich. Dem strategischen bundeslandübergreifenden Bergbauwassermanagement kommt hier eine besondere Bedeutung und Verantwortung zu.
Zugleich warnen Experten vor Extremregen-Ereignissen. Wie lässt sich den Auswirkungen dieser Ereignisse begegnen?
Extremregen bzw. Starkregenereignisse lassen sich als Naturereignisse nicht verhindern, sie können überall auftreten. Das heißt, es kann jeder potenziell betroffen sein. Bisher sind diese Naturereignisse in Bezug auf Ort, Eintrittszeit und Intensität nicht exakt vorhersagbar. Das erschwert die Gefahrenabwehr oder macht diese sogar unmöglich. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse gehen davon aus, dass die Wetterextreme Starkregen und Dürre in Dauer und Intensität künftig zunehmen werden.
Deshalb sind Einführung und Umsetzung eines Starkregenrisikomanagements wichtig. Zunächst sind örtlich Gefährdung und Risiko z.B. unter Nutzung der sachsenweit verfügbaren „Hinweiskarten Starkregengefahren“ zu ermitteln.
Vorsorge kann nur örtlich durch kommunale Starkregenvorsorgekonzepte erreicht werden. Der Freistaat baut gerade eine zentrale Informationsplattform für die Öffentlichkeit auf und unterstützt die Kommunen bei der Erstellung solcher Konzepte, aber auch bei baulichen Maßnahmen mit Fördermitteln.
Extrem wichtig ist die Eigenvorsorge. In Sachsen haben aber bisher nur etwa 50 Prozent der privaten Eigentümer eine Elementarschadenversicherung. In Anbetracht des Risikopotenzials ist diese Quote viel zu gering. Deshalb setzt sich Sachsen gemeinsam mit allen anderen Bundesländern für die bundesweite Einführung einer Pflichtversicherung Elementarschäden ein.
Starkregenrisikomanagement und Starkregenvorsorge sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die durch alle Akteure konsequent umgesetzt werden müssen.
Auch das Hochwasserrisikomanagement muss mit allen Beteiligten konsequent optimiert werden. Das betrifft insbesondere
- die private Eigenvorsorge und die kommunale Gefahrenabwehr durch weitere Verbesserung der Informations- und Warnsysteme und die Hochwasserkompetenz der Beteiligten
- die Flächen- und Bauvorsorge: Überschwemmungsgefährdete Flächen müssen freigehalten, der vorhandene Bestand muss durch Hochwasseranpassung geschützt werden
- Retentionsräume vor allem in den Flussauen und die allgemeine Anpassung von genutzten Flächen zur Verbesserung der Wasseraufnahmefähigkeit
- die Umsetzung von erforderlichen Hochwasserschutzmaßnahmen, vorzugweise naturnah, erforderlichenfalls auch technisch zum Schutz von Menschenleben und vorhandenen historisch gewachsenen Siedlungsgebieten
Insbesondere Städte bemühen sich vielfach um Klimaresilienz - wie unterstützt Ihr Haus die Kommunen dabei?
Wir sehen es als wichtige Aufgabe an, die Städte und Gemeinden im Freistaat Sachsen fachlich, organisatorisch und auch finanziell zu unterstützen. Hierfür vermitteln wir die aktuellen fachlichen Anforderungen in Broschüren, Informationsveranstaltungen, direkten Gesprächen mit den Verantwortlichen, über den Sächsischen Städte- und Gemeindetag oder auch die Gewässernachbarschaften der DWA.
Als wichtige finanzielle Säule wurde 2024 die Förderrichtlinie Gewässer/Hochwasserschutz novelliert. Neben konkreten Maßnahmen der Gewässerrenaturierung, die in vielerlei Hinsicht die Klimaresilienz stärken, fördern wir nun auch Konzepte, die Hochwasserschutz und Gewässerökologie gemeinsam und ausgewogen betrachten, Initialprojekte zur Auenentwicklung und separate Konzepte zum kommunalen Sturzflut-Risikomanagement. Für den Hochwasserschutz und die Starkregenvorsorge sind für 2025/2026 Mittel i. H. v. 6 Millionen Euro eingeplant.
Mit der Förderrichtlinie Siedlungswasserwirtschaft/2016 (FRL SWW/2016, Teil B) wollen wir das Wassermanagement zukunftsfähig und resilient gestalten. Zu diesem Zweck fördern wir speziell die Anpassung der öffentlichen Wasserversorgungsinfrastruktur sowie die Erhöhung der Versorgungssicherheit in Notfall- und Krisensituationen durch Kommunen. Für 2025/2026 sind derzeit Mittel i. H. v. insgesamt 27 Millionen Euro zur Umsetzung eingeplant, abhängig von der noch ausstehenden Verabschiedung des Doppelhaushalts 2025/2026.
Im Sonderprogramm öffentliche Trinkwasserinfrastruktur (RL öTiS/2019) wurden Sofortmaßnahmen zum Anschluss von Grundstücken an das öffentliche Trinkwassernetz umgesetzt. Basierend auf der Grundsatzkonzeption öffentliche Wasserversorgung 2030 prüfen die Aufgabenträger der öffentlichen Wasserversorgung aktuell auch Varianten für eine mögliche Versorgung weiterer sogenannter Brunnendörfer, die bisher über keinen Anschluss an das öffentliche Trinkwassernetz verfügen.
Welche Rolle können digitale Tools und KI künftig für ein effizientes Wassermanagement spielen?
Digitale Tools und KI spielen bereits heute eine zentrale Rolle im modernen Wassermanagement – ihr Einfluss wird in Zukunft noch weiter zunehmen. In vielen Wasserbereichen sind digitale Prozesse längst etabliert: Von der automatisierten Datenerfassung mittels Sensoren, der drahtlosen Übertragung dieser Daten bis hin zur computergestützten Modellierung, Simulation und Prognose. Ohne diese Prozesse und Werkzeuge ist eine effiziente, nachhaltige und vorausschauende Bewirtschaftung unserer Wasserressourcen von der Wasserversorgung über die Grundwasserbewirtschaftung bis hin zum Hochwasserrisikomanagement nicht denkbar.
KI kann helfen, stetig wachsende Datenmengen aus unterschiedlichsten Quellen (z.B. Wetterstationen, Satelliten, Fließgewässerpegel, Grundwasser- oder Bodenwassermessstellen) schneller, präziser und intelligenter auszuwerten. Damit lassen sich Entwicklungen besser verstehen, Muster erkennen und Entscheidungen datenbasiert treffen.
Trotz der großen Chancen birgt die zunehmende Digitalisierung auch Risiken – vor allem im Bereich der IT-Sicherheit. Systeme zum Wassermanagement sind zunehmend auf vernetzte Steuerung und Datenverarbeitung angewiesen. Damit steigt die Anfälligkeit gegenüber
Cyberangriffen, Manipulation oder Systemausfällen – mit potenziell gravierenden Folgen für die öffentliche Sicherheit und Versorgung. Hier braucht es ein hohes Maß an Sicherheitsbewusstsein und das „Leben“ umfassender IT-Sicherheitsmaßnahmen.
Die EU-Kommission hat am 04.06.2025 eine Wasserresilienzstrategie veröffentlicht. Darin will sie für die Beschleunigung der Digitalisierung und KI einen EU-weiten Aktionsplan zur Digitalisierung im Wasserbereich aufstellen, um damit alle Vorteile der Digitalisierung, einschließlich künstlicher Intelligenz, für die Wasserbewirtschaftung und die nachhaltige Wassernutzung zu erschließen.


