Regional gibt es ein dauerhaftes Wasserbilanz-Risiko. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Maßnahmen, um eine nachhaltige Versorgung und gerechte Verteilung von Wasser sicherzustellen?
Zunächst einmal möchte ich klarstellen: In Schleswig-Holstein besteht derzeit kein Mangel an Grundwasser und es gibt keine grundsätzlichen Defizite bei den Wasserbilanzen. Da wir uns in Zeiten des Klimawandels jedoch stärker auf Dürre- und Starkregenphasen einstellen müssen, die den Wasserhaushalt stark beeinflussen, arbeitet das Land Schleswig-Holstein an einer Analyse zu Wasserbedarfen für das Grund- und Oberflächenwasser. Diese sind die fachliche Grundlage für die konkreten regionalen Konzepte, nach denen die Wasserressourcen in Zeiten des Klimawandels nachhaltig bewirtschaftet werden.
Diese landesweite Analyse zu den Wasserbedarfen wird unter anderem Lösungen für den sogenannten Bewirtschaftungskonflikt aufzeigen - zwischen schneller Wasserableitung in Zeiten von Hochwasser einerseits und dem Halten von Wasser in der Landschaft andererseits, um möglichen Dürrephasen vorzubeugen.
Außerdem soll dies eine Art Früherkennungssystem sein für Regionen, in denen in Zukunft Wasser knapp werden kann, damit die Gemeinden rechtzeitig Wasserkonzepte erstellen und Maßnahmen planen können.
Zugleich warnen Experten vor Extremregen-Ereignissen. Wie lässt sich den Auswirkungen dieser Ereignisse begegnen?
Um die Folgen extremer Niederschläge zu mindern, muss man die Überflutungsgefährdung und das Risiko kennen. Hierfür gibt es seit letztem Jahr die "Hinweiskarten Starkregengefahren" und Hochwassergefahrenkarten.
Was baulich getan werden sollte: Da es zukünftig wahrscheinlich nicht nur häufiger zu Starkregenereignisse kommt, sondern auch zu Hitze- und Trockenperioden, ist die sogenannte grün-blaue Infrastruktur auch in Siedlungsgebieten sinnvoll. Solche Vegetations- und Wasserflächen können Wasser stärker aufnehmen, dezentral versickern, verdunsten und weiter nutzen.
Auch eine gezielte Mehrfachnutzung von Flächen kann die Auswirkungen reduzieren, beispielsweise können Verkehrsflächen im Extremfall als temporäre Fließwege oder Freiflächen wie z.B. öffentliche Parkplätze, Sportanlagen oder Grünflächen temporär überflutet werden, um Schäden an anderer Stelle zu vermeiden. Eine weitere Möglichkeit sind Gründächer oder Fassadenbegrünung, womit Wasser aufgenommen und langsam abgegeben werden kann. Neben baulichen Maßnahmen sind auch organisatorische Maßnahmen ein wichtiger Baustein der Überflutungsvorsorge. Hierzu zählt z. B. die Erstellung von Notfallplänen, aber auch die Sensibilisierung der Bevölkerung.
Insbesondere Städte bemühen sich vielfach um Klimaresilienz - wie unterstützt Ihr Haus die Kommunen dabei?
Zur besseren Starkregenvorsorge für den urbanen Raum hat das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie in Zusammenarbeit mit Schleswig-Holstein und neun anderen Bundesländern einheitliche Hinweiskarten zur Starkregengefahr veröffentlicht. Mit diesen Karten können besonders überflutungsgefährdete Gebiete identifiziert werden. Außerdem hat das Land einen Leitfaden Starkregenrisikomanagement mit Hinweisen zur kommunalen Starkregenvorsorge veröffentlicht. Der Leitfaden soll den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern in Kommunen Hinweise und Empfehlungen zur Umsetzung eines kommunalen Starkregenrisikomanagements geben. Zur weiteren Unterstützung der Kommunen befindet sich eine Beratungsstelle Wassergefahren im Aufbau. Um die Bevölkerung über Wassergefahren zu informieren, darunter auch über die Vorsorge gegen Starkregen, führt das Umweltministerium seit mehr als zwei Jahren eine Kampagne unter dem Slogan wasserstark.sh durch.
Zum Thema Klimawandelanpassung unterstützt das Land die Kommunen, indem es das Beratungsangebot der Energie- und Klimaschutzinitative (EKI) um dieses Thema erweitert hat. Neben Beratung und Unterstützung bei der Umsetzung von kommunalen Anpassungsmaßnahmen veranstaltet EKI Fachforen, Runde Tische und weitere Formate, um die Vernetzung der Kommunen zum Thema Klimaanpassung zu fördern.
Darüber hinaus ist das Thema Flächenentsiegelung wichtig. Damit mehr Wasser auch im städtischen Raum versickern kann, müssen weniger Flächen neu versiegelt und mehr Flächen entsiegelt werden. Dafür stehen Landes- und EU-Mittel aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bereit. Damit unterstützt das Land die Kommunen, vorgenutzte Flächen wieder nutzbar zu machen (Flächenrecycling / Flächenrevitalisierung) und diese somit für wohnliche, gewerbliche oder auch ökologische Nachnutzungen (u.a. Grüne Infrastruktur, Park-/Freizeitanlagen, Blühwiesen) vorzubereiten.
Welche Rolle können digitale Tools und KI künftig für ein effizientes Wassermanagement spielen?
Digitale Tools – wie digitale Zwillinge – und KI-Methoden werden auch in der Wasserwirtschaft und speziell im Wassermanagement eine zunehmende Rolle spielen. Mit diesen Methoden werden neue digitale Datengrundlagen geschaffen, die wasserwirtschaftlicher Prozesse datengetrieben abbilden. So können die Auswirkungen des Klimawandels auch in diesem Bereich zielgerichteter analysiert und in Maßnahmenpläne integriert werden.
Um bei Extremereignissen wie Hochwasser bessere Warnungen durch Prognosen aussprechen zu können, wird aktuell am Landesamt für Umwelt in Zusammenarbeit mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) im Projekt KIWaVo* daran gearbeitet, mit Hilfe von KI-Methoden Wasserstände in Gewässern vorherzusagen. Dieses Forschungsprojekt wird durch das Land Schleswig-Holstein gefördert.
* https://www.uni-kiel.de/de/detailansicht/news/191-kiwavo-foerderung