Klimawandel zeigt sich vereinfacht gesprochen darin, dass Wetterphasen stabiler bleiben. Es ist über längere Phasen trocken, heiß oder nass. Gerade die Kombination aus heiß und trocken wird regional zukünftig regelmäßiger auftreten. Vor diesem Hintergrund machen sich Bundesländer, aber auch einzelne Regionen Gedanken, wie sie dem begegnen können.
Grundsätzlich stehen wir in der Folge zwei Herausforderungen gegenüber, die unterschiedliche Antworten erfordern. Zum einen haben wir regionale, temporäre Wasserverfügbarkeitsprobleme, zum anderen kann es sein, dass in Hitzephasen auftretende Nachfragespitzen die vorgehaltenen Infrastrukturkapazitäten des Wasserversorgers an seine Grenzen bringen. Diese beiden Fälle sollen im Weiteren nacheinander behandelt werden.
Regionale Wasserverfügbarkeitsprobleme
Wasserverfügbarkeitsprobleme lassen sich angebots- sowie nachfrageseitig abmildern. Angebotsseitig lässt sich etwa über einen weiteren Bau von Talsperren oder dezentrale Formen der Niederschlagsentwässerung (Bsp.: Mulden- oder Rigolenversickerung)* Wasser länger in der Region halten. Es lassen sich die genutzten Wasserarten ausweiten. Neben Trinkwasser für die Nutzung in Haushalten/Gewerbebetrieben lässt sich Niederschlagswasser etwa für die Parkbewässerung oder auch aufbereitetes Abwasser angepasst für die Bewässerung der unterschiedlichen Arten von Feldfrüchten oder der Belieferung von Industrie einsetzen.* Grundwasserkörper lassen sich künstlich anreichern. Last but not least lässt sich Wasser zwischen Regionen transportieren – ein Wasserversorger mit größeren Wasserkapazitäten wird damit etwa zu einem Notfallversorger für einen anderen oder ein sog. Fernwasserversorger baut eigene Kapazitäten aus, um bestehenden Kunden mehr oder neuen Kunden erstmalig Wasser zu liefern.
Nachfrageseitig lässt sich ebenfalls entgegensteuern. Hier sind wir in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern zumeist noch „unterbelichtet“. Die Region Kapstadt etwa zeigte eindrücklich, wie dort in der großen Wasserkrise 2015 bis 2018 das nachfrageseitige Eingreifen die nachgefragte Menge um 55% vermindern half. Nur so kam es nicht zu dem bereits ausgerufenen „Day Zero“. Vereinfacht gesprochen geht es hier stets um eine Kombination aus Ge- und Verboten, technischen Lösungen, Informationsbereitstellung für die Bevölkerung und preislichen Anreizen.* In Deutschland zunehmende Verbreitung finden sog. Wasserampeln. Deutet sich eine längere, regionale Wasserkrise an, zeigt eine gelbe oder rote Ampel, dass bspw. auf Gartensprengen oder Poolbefüllung verzichtet werden sollte. Preisliche Anreize würden in Wasserknappheitssituationen durch höhere variable Preise Investitionen in Wassersparmaßnahmen – z.B. Regenwasernutzungsanlagen – fördern.
Aber Vorsicht: Die Nachfrage vermindert sich damit auch in Phasen des Jahres, in denen wir keinerlei Wasserdargebotsprobleme haben. Wasserversorger geraten dann erlösseitig in signifikante Probleme, wenn sie im Ausgangszustand nicht adäquate Wasserpreismodelle haben.*
Wieso? Nun, in der Regel erlösen Wasserversorger den Großteil ihrer fixen Kosten nicht über einen ausreichend hohen fixen Preisanteil, sondern ganz wesentlich über variable Entgeltkomponenten. Wenn dann größere Kunden oder auch etwa Einfamilienhausbewohner ihre Nachfrage aufgrund gestiegener variabler Preise vermindern, merken dies auch die Wasserversorger in ihren Umsätzen. In der Folge müssen sie aufgrund der gesunkenen Mengen ihre Entgelte erhöhen, was bspw. die Mehrfamilienhausbewohner, weil sie relativ weniger sparen (können), zu tragen haben. Das ist vor dem Hintergrund von Verteilungswirkungen problematisch. Daher: Zunächst sicherstellen, dass die fixen Kosten durch fixe Erlöse gedeckt sind und dann gezielt Anreize denjenigen Kunden setzen, Wassernachfrage zu vermindern, die dies relativ einfacher können. In diesem Zusammenhang ist mit einem wichtigen Missverständnis aufzuräumen: Die Leistung eines Wasserversorgers ist nicht die Lieferung eines konkreten m³ Wasser, sondern die Vorhaltung eines Systems, das dem Kunden eine jederzeitige Entnahme (nahezu) jedweder Menge in stets Trinkwasserqualität ermöglicht. Aus diesem Grunde hat unser langjähriger MOcons-Partner, Siegfried Gendries, den Begriff „Systempreis“ geprägt. Dieser stellt sehr viel plastischer dar, wozu die Einnahmen über die fixe Entgeltkomponente dienen.
Ein weiterer Punkt erscheint mir wichtig. Das Projekt WADKlim im Auftrag des Umweltbundesamtes* zeigte jüngst wieder, dass die landwirtschaftliche Bewässerungsnotwendigkeit über die nächsten Dekaden stark steigen wird. Dem müssen wir in zweierlei Hinsicht „vorbauen“. Zum einen ist eine Transparenz in Echtzeit über landwirtschaftliche Wasserentnahmen notwendig. Hiervon sind wir, auch wenn dies technisch möglich ist, noch meilenweit entfernt. Zum zweiten dürfen Landwirte aber auch nicht alleine gelassen werden. Wird sich an der derzeitigen Wasserrechtevergabe nichts ändern, wird es für Landwirte auch aufgrund der häufig garantierten Vorrangstellung der öffentlichen Wasserversorgung nicht selten heißen „Kein Wasser mehr da.“
Dies ist nicht sinnvoll. Alle Wassernutzergruppen sollten Anreize haben, sich über eine möglichst effiziente Wassernutzung Gedanken machen zu müssen. Für Landwirte könnte dies bedeuten, dass einer regionalen Gruppe von Landwirten nicht etwa eine maximale Menge an Wasser pro Jahr garantiert wird, sondern lediglich ein prozentualer Anteil an einer solchen definierten Menge. Ist die Wasserverfügbarkeitssituation in einer Phase angespannt, so würde sich auch der prozentuale Anteil und damit die konkrete Menge, den diese Gruppe erhielte, vermindern. Dank der technischen Entwicklung sowohl bei intelligenten Zählern, der automatisierten Übermittlung von Daten, der Abrechnung sowie der Prognose von Wetter mittels KI und der dann möglichen Beurteilung der jeweiligen Belastungssituation, kann die auch seitens der Landwirte bezogene Menge „mitatmen“. Eine Übernutzung wird so vermieden.
Wie ein einzelner Landwirt dann auf eine Wasserknappheitssituation reagiert, sollte ihm überlassen bleiben. Innerhalb von landwirtschaftlichen Gruppen werden sich best practices ausbilden. Zentral aber ist – wie gesagt – das lückenlose Monitoring und Aufzeichnen jedweder Wasserentnahme. Das ist ein „dickes Brett“.*
Kapaztätsprobleme
In Dürrephasen steigt die Nachfrage. Dies ist insbesondere an heißen Tagen in längeren Trockenheitsphasen der Fall, wenn abends zwischen 18 und 21 Uhr die Gärten bewässert oder Pools befüllt werden. Nimmt man dies als gegeben an, ergeben sich für den Wasserversorger unschöne Lastspitzen. Die Gefahr stellt sich ein, dass die Kapazitäten des Wasserversorgers in Wasserförderung und/oder -aufbereitung und/oder Netzen an ihre Grenzen kommen. Hier besteht der wasserwirtschaftliche Reflex, eine entsprechende Knappheitssituation, die vielleicht auch nur alle fünf Jahre auftreten mag, durch Erweiterungsinvestitionen zu lösen.
Hier greift wieder die Möglichkeit, auf das Nachfrageverhalten von Kunden Einfluss zu nehmen. Im Gegensatz zu oben soll aber nun nicht grundsätzlich wassersparendes Verhalten angereizt werden, sondern sehr bewusst Wassernachfrage im Zeitverlauf verlagert werden. Kann ein Industriekunde, wenn er durch den Einsatz von KI-Modellen ausreichend vorher benachrichtigt wird, nicht in den wenigen, absoluten Spitzenlastzeiten dazu bewegt werden, in einer gewissen Periode gar nicht oder zumindest weniger abzunehmen? Schnell kommt man hier zu Win-Win-Situationen. Der Wasserversorger spart sich Ausbauten, der industrielle Abnehmer zu zahlende Entgelte an den Wasserversorger. Auch erscheint es überlegenswert, die konkrete Abnahme von Wasser aus Außenzapfanlagen für Gartenbewässerung oder Poolbefüllung sehr viel anders zu bepreisen. Dazu müssten gar nicht zusätzliche Zähler eingebaut werden. Die spezifische Abnahme lässt sich auch durch einen intelligenten Hauptwasserzähler des Ein- oder Zweifamilienhaus ablesen. Gerade die Menge, die ursächlich für die herausfordernden Lastspitzen ist, wird so besonders fokussiert.
RISA
Aqua³
Artikel energie wasser praxis 8/2024
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