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Interview24.07.2025

Leitlinie zur Priorisierung von Wassernutzungen in Arbeit

Wie MV eine nachhaltige und gerechte Verteilung von Wasser regelt

Dr. Till Backhaus - Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt in Mecklenburg-Vorpommern Quelle: lm.mv/ Susie Knoll Dr. Till Backhaus Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Natürliche Maßnahmen zum Wasserrückhalt können zur Stabilisierung des Landschaftswasserhaushaltes und der Grundwasser-Neubildung beitragen, um möglichen Nutzungskonflikten vorzubeugen und diese erst gar nicht entstehen zu lassen", betont Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Dr. Till Backhaus (SPD). Beim Wassermanagement geht es ihm um eine nachhaltige und gerechte Verteilung von Wasser.





Regional gibt es ein dauerhaftes Wasserbilanz-Risiko. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Maßnahmen, um eine nachhaltige Versorgung und gerechte Verteilung von Wasser sicherzustellen?
Natürliche Maßnahmen zum Wasserrückhalt können zur Stabilisierung des Landschaftswasserhaushaltes und der Grundwasser-Neubildung beitragen, um möglichen Nutzungskonflikten vorzubeugen und diese erst gar nicht entstehen zu lassen. Insbesondere in Wasser-Bilanz-Risiko-Gebieten – also in Gebieten, in denen eine Übernutzung von Wasserressourcen auftritt – ist dies besonders wichtig. Sie sollten mit Fördermaßnahmen der Länder und des Bundes unterstützt werden. Maßnahmen zum Wasserrückhalt können z.B. sein:
- Wiederherstellung von Binneneinzugsgebieten (z.B. Sölle)

- Reaktivierung oder Schaffung von natürlichen Wasserspeichern in der Landschaft

- Wiedervernässung von Mooren

- Vorhaben zur Optimierung des Wassermanagements

Eine nachhaltige und gerechte Verteilung von Wasser wird durch die unteren Wasserbehörden gewährleistet, in dem bei der Vergabe von wasserrechtlichen Genehmigungen (z.B. zur landwirtschaftlichen Bewässerung) darauf geachtet wird, dass die vorhandenen Wasserressourcen nicht übernutzt werden. Hierbei ist es besonders wichtig, dass den unteren Wasserbehörden digitale Tools zur Verfügung stehen, die alle genehmigten und tatsächlichen Wasserentnahmen systematisch erfassen („Digitales Wasserbuch“) und somit eine valide Datengrundlage besteht, um Entscheidungen zu treffen.

Wenn die Nachfrage nach Wasser größer ist als das Wasserdargebot, kann eine Priorisierung von Gewässernutzungen und evtl. ein Ausgleich zwischen konkurrierenden Gewässernutzungen erfolgen, wenn es das Wohl der Allgemeinheit erfordert. Hierfür erstellt zurzeit eine Kleingruppe des Rechtsausschusses der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) eine Leitlinie zur Priorisierung von Wassernutzungen in Wassermangelzeiten und zum Umgang mit Nutzungskonkurrenzen, um die unteren Wasserbehörden zu unterstützen.

Zudem gibt es die Trinkwasserversorgungskonzeption MV, in der Maßnahmen zum Schutz und zur Sicherung der Trinkwasserressourcen enthalten sind.*

Zugleich warnen Experten vor Extremregen-Ereignissen. Wie lässt sich den Auswirkungen dieser Ereignisse begegnen?
- durch Maßnahmen auf mehreren Ebenen – durch Information, Vorsorge, Anpassung, technische Lösungen und das richtige Verhalten im Ernstfall

- die Umsetzung solcher Maßnahmen ist essenziell, um Schäden durch extreme Niederschlagsereignisse zu vermeiden oder zu minimieren

- das Land MV hat zusammen mit dem BKG im Dez. 2024 eine Hinweiskarte Starkregengefahren veröffentlicht, die eine mögliche Gefährdung durch Starkregen zeigt

- mithilfe dieser Hinweiskarte kann sich jede/r Bürger/in über die Gefährdungslage vor Ort informieren**

- Kommunen und Privatpersonen können, auch mithilfe der Informationen der Hinweiskarte, durch geeignete Maßnahmen dazu beitragen, mögliche Schäden durch Starkregenereignisse zu vermeiden bzw. zu minimieren

- durch Starkregen betroffene Kommunen können sind aufgefordert, Starkregenvorsorgekonzepte erstellen, um ganzheitliche und lokal zugeschnittene Lösungen zum Schutz vor Schäden aus Starkregenereignissen zu erarbeiten

- einige Kommunen in MV haben ein solches Starkregenvorsorgekonzept bereits erarbeitet oder arbeiten aktuell daran: Rostock, Schwerin, Greifswald, Wismar, Boizenburg/Elbe, Stralsund

- Bsp. für Vorsorgemaßnahmen sind:

-> Einbau von Rückstausicherungen in der Gebäudeentwässerung

-> Nutzung von Grünflächen und Parks als Retentionsflächen

-> Entsiegelung von Flächen zur besseren Versickerung

-> Bau von Regenwasserrückhaltebecken

-> Aufstellung von Notfallplänen für Starkregenereignisse

- >Regelmäßige Übungen mit Feuerwehr und Katastrophenschutz

-> Nutzung von Frühwarnsystemen für Starkregenereignisse (bspw. DWD-WarnWetter-App, KATWARN, NINA)

Insbesondere Städte bemühen sich vielfach um Klimaresilienz - wie unterstützt Ihr Haus die Kommunen dabei?
Das Land MV hat vor kurzem eine eigene Fachstelle für Klimawandel und Klimaanpassung am LUNG eingerichtet, um Städte und Kommunen bzgl. Klimaanpassung (und somit auch Klimaresilienz) zu beraten.***

Klimatische Auswertung von MV stehen im Klimareport (2024) kostenfrei zur Verfügung. In Kürze sollen noch weiter regionalisierte Klimadaten online verfügbar gemacht werden

Die Fachstelle berät auch zu Fördermöglichkeiten.****

Weitere Maßnahmen:

- durch die Bereitstellung von Fachdaten und Fachinformationen, bspw. die Hinweiskarte Starkregengefahren für MV (siehe Frage 2)

- derzeit führen wir (LUNG, LM) in allen Landkreisen Dialogforen durch, um mit den kommunalen Akteuren vor Ort auch über das Thema Klimaresilienz ins Gespräch zu kommen und zu informieren (bspw. auch über Fördermöglichkeiten)

Welche Rolle können digitale Tools und KI künftig für ein effizientes Wassermanagement spielen?
Digitale Tools spielen schon jetzt eine feste Rolle in der Digitalisierung der Wasserwirtschaft. Sie ermöglichen es, Umweltdaten besser zu erschließen und auszuwerten, neue Informationen daraus abzuleiten und zu veröffentlichen. An dieser Stelle seien nur 3 mögliche Anwendungsgebiete aufgeführt:

- Digitales Wasserbuch und Wasserdargebotmanagement (siehe Frage 1.)

- Aufbau von Modellsystemen komplexer wasserwirtschaftlicher Oberflächengewässer-Systeme zur Prognose von Wasserständen und Abflüssen und Erstellung von Szenarien zur Überprüfung der Auswirkung von Maßnahmen: Die Anwender können im Modell überprüfen, welche Auswirkung z.B. die Beschränkung von Wasserentnahmen auf den Abfluss im Gewässer hat. Implementierung KI-gestützter Systeme, die auf der Basis meteorologischer und hydrologischer Daten sowie der bisherigen Entscheidungen der Steuerung der wasserwirtschaftlichen Anlagen, Vorschläge für die optimale Steuerung gibt. 

- Aufbau von gekoppelten Wasserhaushalts-Grundwasser-Modellen im Anwendungsbereich der Moorrenaturierung zur Erfassung des nutzbaren Wasserdargebots und zur Ermittlung verschiedener Szenarien der Wasser- und Landnutzung. Transparente Grundlage für mögliche Handlungsfelder der Realisierung der Moorrenaturierung unter der Berücksichtigung bestehender Nutzungen und Interessen. 

 



* https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/lm/Umwelt/Wasser/Trinkwasserversorgung/?id=18199&processor=veroeff

** siehe PM des LM vom 12.12.2024, https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/lm/Aktuell/?id=207109&processor=processor.sa.pressemitteilung

***Kontakt: klima@lung.mv-regierung.de

**** Aktuelles Förderfenster der DAS-Förderung des Bundes: 15.05.-15.08.2025 für Städte, Gemeinden und Landkreise: 
i. Einstieg in das kommunale Anpassungsmanagement
ii. Förderung für befristete Personalstelle, Sach- und Personalausgaben für externe Experten, Sachausgaben für Beteiligung, Konzepterstellung, Dienstreise, Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit

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