Einige privaten Radiosender in Österreich wollen künftig 5G für den Hörfunk nutzen. Taugt 5G überhaupt als Radiostandard?
Der 5G-Standard könnte im Endgerätebereich ab 2025 ein neu zu entwickelnder Markt sein. Allerdings dürften viele andere Anwendungen dringend auf die Bandbreite von 5G angewiesen sein, weshalb es fraglich ist, ob 5G als wichtiger digitaler Übertragungsweg für Radio überhaupt reüssieren könne. Die analog-terrestrischen Möglichkeiten im Radiobereich (UKW) sind qualitativ und quantitativ durch den regulierten Markt und den kostenlosen Zugang für die Hörerinnen und Hörer limitiert. Daher ist die digitale Terrestrik jener Weg, den Hörfunk in die digitale Zukunft zu führen, ergänzt durch die Möglichkeiten des 5G-Standards, also eines nicht regulierten Marktes mit Zugangsbeschränkung für die Hörerinnen und Hörer.
Welche Zukunftstechnologien sehen Sie für den Rundfunk in Österreich und welchen Stellenwert sollte DAB+ dabei spielen?
Wichtig ist, dass die Geräteindustrie zukünftig – wie beim Umstieg von der Mittelwelle auf UKW – nur noch Hybridgeräte für DAB+ und UKW-Empfang anbieten soll und das zu einem für die Verbraucher attraktiven Preis. Die 191 Radiominuten, die die Österreicher täglich hören, entsprächen mehr als 300.000 Terabyte Netto-Daten pro Jahr, also etwa dem dreifachen mobilen Datenvolumen in ganz Österreich. Webradio stoße hier an seine technologischen Grenzen. Zudem gebe es Kosten für den Kunden, der sein Internet bezahlen muss, und auch für den Programmanbieter gehe Streaming ins Geld: Die Übertragungskosten „one-to-one“ würden mit wachsender Userzahl steigen. „Studien zufolge ist die Radioübertragung via Internet um den Faktor 40 teurer als UKW, um den Faktor 400 teurer als DAB+“, rechnet Struber. Die Kosten für eine gute Österreichweite (85 Prozent der Bevölkerung) Ballungsraum-Versorgung mit DAB+ würden sich für ein Radioprogramm auf rund 130.000 Euro pro Jahr belaufen.
Der öffentliche ORF und der führende Privatsender Kronehit sind gegen die Einführung von DAB+. Sind da schon die letzten Worte gesprochen? Welche Überzeugungsarbeit kann Ihr Verband spielen, um ein Umdenken in Gang zu setzen?
Während in allen anderen europäischen Staaten der öffentlich rechtliche Rundfunk der Treiber von Innovationen und Digitalisierung beim Hörfunk ist, lehnt der ORF die Einführung von Digitalradio konsequent und in aller Deutlichkeit ab. Nach etwa 20 Jahren dualem Rundfunk steht Österreich bei einer Radiomarktsituation von rund 70 Prozent für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und etwa 30 Prozent für den privaten Hörfunk. So sind die kommunizierten Argumente gegen eine Digitalisierung des Hörfunks auch zu interpretieren. Es soll der Umstieg von analogem auf digitales Radio möglichst lange hinausgezögert werden, um Marktanteile nicht zu gefährden. Als einziger österreichischer Privatsender der über UKW heute das ganze Land abdeckt, geht es Kronehit auch um die Verteidigung ihrer Marktanteile. Wir sind überzeugt, dass es sowohl beim ORF als auch bei Kronehit in den nächsten Monaten ein Umdenken geben wird. Spätestens in etwa 3 Jahren werden alle maßgeblichen Radioveranstalter bei DAB+ in Österreich aus wirtschaftlichen Gründen mitmachen.
Welchen aktuellen Maßnahmen plant Digitalradio Österreich, damit DAB+ eine Zukunft als digitaler Radiostandard hat?
Um das Ökosystem „Radio“ weiter entwickeln zu können, bedarf es gesetzlicher Änderungen im ORF-Gesetz, Privatradiogesetz und im Audiovisuellen Mediendienste- Gesetz – und zwar dahingehend, mehr als zwei Programme von einem Veranstalter möglich zu machen. Das bedeutet einerseits neue Programm-Möglichkeiten für private Hörfunkbetreiber - die Anzahl soll der Markt regulieren. Andererseits müssten „klare medienpolitische Weichenstellungen für die Digitalisierung der Hörfunkangebote des ORF gestellt werden“. Aktuell warten wir auf den Zulassungsbescheid für den Betrieb der sogenannten Multiplex-Plattform für den bundesweiten Betrieb von DAB+, die im zweiten Quartal 2018 kommen soll. Auch die Aufbauarbeiten des regionalen Multiplex für die Ostregion Österreichs sind in vollem Gange. Hier gehen rund 15 neue und bestehende Radioprogramme bereits nächste Woche on-air. Positiv hoffnungsvoll blicken wir auch auf die Verwertungsgesellschaften und hoffen, dass mit AKM eine ebenso wirtschaftlich tragbare Situation hergestellt werden kann, wie bereits mit LSG.